Mondstahl - Die Schlucht (German Edition)
vermutlich das Leben gerettet.
Der Ironat hatte, kurz nach dem Geplänkel mit den Dämonen, ihre leblosen Körper in eine Reihe gelegt und einen alten Segen über sie gesprochen. Obwohl ihn das Ableben seiner Feinde nicht traurig stimmte, verlangte es sein Ehrgefühl von ihm, sie nicht in Schmach und Dreck verrotten zu lassen. Er hatte erfolglos versucht, ein reinigendes Feuer zu entfachen, aber die Luftfeuchtigkeit war zu hoch. Also überließ er die Kadaver ihrem Rudel.
Galenis war nachdenklich gestimmt. Er hoffte, der Rest des Rudels würde sie nicht weiter verfolgen. Wie er die Biester einschätzte, war ihnen das Risiko zu hoch. Sie waren die Jagd auf wehrlose Ziele gewohnt, keinen offenen Kampf. Bis sie den Tod ihrer Artgenossen begriffen hatten, wollten sie schon weit weg sein.
Drei weitere lange Stunden des Marsches vergingen, die Knochenansammlungen zogen an ihnen vorüber und verschwanden schließlich. Anscheinend hatte die Gruppe die okkulten Stätten der Dämonen schon hinter sich gelassen. Was jedoch nicht verschwand, war der weiße Schleier, der auch weiterhin allgegenwärtig war. Die Fee hatte in dieser kurzen Zeit schon diverse Stimmungswandlungen hinter sich gebracht. Mal war sie zuversichtlich, hauchte Parus hoffnungsvolle Worte ins Ohr, dann war sie niedergeschlagen und schluchzte still vor sich hin. Ihre kleinen Flügelchen waren schwer und nass vom Nebel, ihr Gemüt schien ähnlich befleckt zu sein. Nach einer kurzen Phase der Traurigkeit fiebste sie Galenis zu:
„Er wird doch wieder gesund, Zaubermann, oder?“
Ihre dünne Stimme war bemerkenswert fordernd. Der Zauberer reagierte wie aus einem langen Schlaf gerissen.
„Ja, das hoffe ich sehr, Ewin. Aber wir müssen aus dieser feuchten Umgebung verschwinden, sonst kann sich seine Wunde nicht schließen und wird sich entzünden.“
Die Fee verzog die Mundwinkel.
„Was tun wir hier überhaupt? Warum sind wir an so einem so schrecklichen Ort?“, beklagte sich das junge Geschöpf.
„Wir suchen jemanden. Jemanden der sehr wichtig ist für mich, für Parus und vielleicht auch für dich“, erklärte der Zauberkundige verständnisvoll. Die Fee sah zu Samoht herüber, fragte sich heimlich, warum der Ironat das alles auf sich nahm. Er war ihr unheimlich, wegen seines langen Bartes, den Hörnen und seines Teufelsschwanzes. Außerdem hatte sie ihn kämpfen gesehen – wie einen verwundeten Wolf. Auf Ewins fragenden Blick schüttelte der Zauberer nur den Kopf. Er wusste selbst nicht so genau, was Samohts Gründe waren, doch glaubte er nicht daran, dass es wirklich um den Säbel und das Geld ging. Aber es bestand kein Anlass zu Misstrauen. Ohne seine Führung wären sie schon lange tot.
Die Stunden vergingen, oder ob es Tage waren, Wochen, Jahre? Galenis wusste es nicht. Der wässrige Vorhang, der noch immer allgegenwärtig war, schluckte die Zeit wie ein hungriges Tier. Nicht einmal der Wechsel von Tag und Nacht hatte hier seine Wirkung.
„Wenn ich nur ein Omen sehen könnte. Irgendetwas, das mich hoffen ließe“, seufzte der alte Mann schwerfällig. In Wirklichkeit sprach er nur, um die nagende Stille zu beseitigen. Nur das monotone Atmen, das Parus ausstieß, durchdrang sie. Er war vor einiger Zeit aus der Bewusstlosigkeit ins unruhige Schlafen gerutscht und keiner wollte ihn aufwecken. Warum sollte man ihn seinen Schmerzen ausliefern?
Ewin schlief auf der linken Brust des Verwundeten, ihr leises Schnarchen war kaum zu hören. Sie kümmerte sich rührend um ihn, wenn sie gerade wach war. Doch Parus Kräfte schwanden. Wie lange noch konnte er durchhalten?
Wäre nicht endlich der denkwürdige Moment gekommen, der nun folgte, hätte die Gruppe mit Sicherheit der Mut verlassen. Doch es kam anders.
Samoht entdeckte etwas, das ungefähr dreißig Meter vor ihnen im Nebel lag. Ein altes, heruntergekommenes Holzhaus, auf einem flachen Hügel errichtet und von etlichen hüfthohen Zäunen umgeben. Sie schienen Gärten abzusperren, in denen merkwürdige Gewächse wucherten. Das Bild wirkte surreal und falsch in dieser Gegend.
Die Gruppe näherte sich vorsichtig, mit gezogenen Waffen.
„Das muss die Hütte der Weisen sein“, sprach Galenis ehrfurchtsvoll.
„Wollen wir es hoffen. Parus wird immer schwächer. Und meine Vorräte reichen nicht
aus, um ihn anständig zu verbinden“, murmelte Samoht. Er hatte seine Axt und Parus Schwert in seinem Gürtel stecken. Wie
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