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Mondtaenzerin

Mondtaenzerin

Titel: Mondtaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederica de Cesco
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Verbannung« – wie er sagte. In Mosta befand sich das Malta College of Arts, Science und Technology, wo er seit Herbstbeginn Kurse belegte. Das Institut arbeitete eng mit dem Institut für landwirtschaftliche Flächennutzung zusammen. Tierverhalten, Tiergesundheit und angewandte Tierkrankenpflege standen ebenso wie Klimamanagement und Agrarwissenschaft auf dem Programm. Peter hatte sich zum Ziel gesetzt, nach drei Jahren ein nationales Diplom zu erhalten.
    »Du siehst müde aus«, stellte ich fest.
    Er hatte etwas Fiebriges und Trauriges im Gesicht.
    »Es war ziemlich schrecklich, weißt du«, erzählte er. »Wenn mein Vater mich anschnauzte, hatte ich regelrecht Angst vor ihm. Er gestikulierte wie ein Irrer. Aber ich hielt durch. Meine Schwester Isabella unterstützte mich. Ich konnte bei ihr wohnen, bei ihr schlafen. Isabella hat einen Italiener geheiratet. Enzo nannte seinen Schwiegervater nur ›Il buffone‹ – der Clown –, was die Angst, die ich vor ihm hatte, wohltuend relativierte. Ich hatte kein Geld – der Clown hatte mir die Kreditkarte gesperrt –, aber Isabella half mir über die Runden. Nachts lag ich wach in der ›Besenkammer‹ in meinem engen Bett. Von meiner ›Besenkammer‹ aus sah ich den Glockenturm mit seinen zwei Kalenderuhren. Wenn die Glocken läuteten, war mir, als dröhnten sie in meinem Kopf. Isabella lachte mich aus. ›Du bist einfach zu sensibel!‹ Ihr macht der Lärm nichts aus. Es ist sehr heiß im August, im Zimmer war es eng und stickig. Ich entsann mich an unser Haus, an den Garten mit seinem Duft nach Orangenblüten und Jasmin. Nachts waren die Fenster immer offen, ich hörte nur die Tauben gurren, die Katzen miauen und ganz in der Ferne die Schiffssirenen. Und jetzt – kaum war ich eingeschlafen, donnerten die Glocken wieder los und riefen zur Frühmesse. Am Ende war ich so müde, dass ich im Stehen schlief. Aber jetzt geht es mir besser. Es war einfach so« – er lachte ein wenig – »dass ich vor
mir selbst keine Entschuldigung mehr hatte, um meinen Vater zu ertragen.«
    »Du hast die gute Entscheidung getroffen«, sagte ich.
    »Ich brauche meine Freiheit.« Peter machte ein stures Gesicht. »Bei uns war das Jasagen immer eine Notwendigkeit, das Neinsagen ein Ding der Unmöglichkeit. Als ich meinen Rucksack packte, hat ihn mein Vater in die Ecke geschleudert und mir eine Ohrfeige verpasst.«
    »Hast du zurückgeschlagen?«
    »Ich habe nur gedacht: Nimm dich zusammen, bevor du diesem Mann eine klebst! Das durfte ich doch wohl denken, oder?«
    »Allerdings.«
    »Er muss es irgendwie gespürt haben, denn er wurde weiß wie Stein, bevor er sagte: ›So. Das war jetzt das letzte Mal! Und jetzt hau ab und komm nicht wieder!‹ Da habe ich meinen Rucksack fertig gepackt und bin zu Mutter gegangen, die im verdunkelten Zimmer vor dem Fernseher saß und so tat, als hätte sie nichts gehört, nichts gesehen und auch nichts zu sagen.
    ›Ich gehe weg‹, habe ich verkündet.
    ›Du meinst, heute?‹
    Mutter saß kerzengerade da, starrte auf drei italienische Schönheiten im Bikini, ein Federbüschel vorn und ein Federbüschel hinten, die wie Hühner flatterten, wobei sie immerzu ›amore, amore!‹ kreischten.
    Als Auftakt sozusagen. Zu meinem zukünftigen Beruf.
    ›Es tut mir leid‹, habe ich gesagt.
    Da hat sie endlich aufgeschaut.
    ›Wohin gehst du?‹
    ›Irgendwohin – weg.‹
    Sie sagte mit leiser Stimme:
    ›Du wirst sehen, in acht Tagen beginnst du dir zu sagen, dass dein Vater vielleicht doch recht hatte.‹

    ›Das würde mich sehr wundern‹, sagte ich.
    Daraufhin ist sie in Tränen ausgebrochen.
    ›Du machst die Familie kaputt!‹
    ›Ich bin widerspenstig.‹
    ›Du bist sehr jung‹, hat sie geschluchzt.
    ›Ich hole schnell auf. Von Minute zu Minute, sozusagen.‹
    ›Du hast Vaters Lebenswerk zerstört. Schämst du dich nicht?‹
    Ich sagte, dass ich mich sehr schämte.
    Ich zog also zu Isabella. Die war immer ruhig gewesen, brav und zuverlässig, und hatte mit Puppen gespielt. Solange ich denken konnte, war Vater nett zu ihr gewesen. Aber ich war ein Junge. Ein Junge muss ein Mann werden, Gefühle sind dabei nicht angebracht. Vater hatte nicht gern gesehen, dass Isabella zur Frau wurde. Frauen sind eigenwillige Wesen. Es gefiel ihm auch nicht, dass sie sich nicht standesgemäß verliebte – in einen italienischen Möbelverkäufer. Aber Isabella ließ sich von nichts abbringen, was sie sich in den Kopf gesetzt hatte, genau wie ich. Und jetzt war sie mit

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