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Mondtaenzerin

Mondtaenzerin

Titel: Mondtaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederica de Cesco
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geschenkt, mir eine Geschichte erzählt, die mir zu Herzen ging. Aber mit Malta verhielt es sich doch anders. Hier war eine Sprache, die aus den Tiefen der Geschichte kam, aus der Legende und dem Mythos. Hier hatte sich mein Leben aus den reifen Momenten vieler Menschen und Ereignisse entwickelt. Mir kam in den Sinn, dass Malta ein Land mit mehreren Schichten war, wie eine Cremeschnitte. Neben Kirchen, Palästen und alten Festungen standen die bleichen Steine der Antike. Jeder Wechsel der Geschichte bringt notwendigerweise einen Wechsel der Bilder mit sich. Und die Natur zeigte sich stets als geistige Komponente. Götter und Geister hatten ihre Gestalt verloren, verharrten auf einer Stufe des Elementarischen. Ich spürte das sehr deutlich. Religionen werden von den Menschen gemacht,
alle erzählen die gleiche Fabel, und eine Religion kann nie mehr sein als eine Utopie, um den Weg durch das Leben leichter zu machen.
    Einige Male kam ich in Versuchung, Adriana von Giovanni zu erzählen. Ich ließ es bleiben. Es hätte unnötig Wunden aufgerissen, und es war längst vorbei.

34. Kapitel
    W ährend ich in London war, hatten meine Eltern ein Haus im alten Stadtteil Birgu geerbt und instand setzen lassen.
    Birgu – ursprünglich »Vittoriosa« genannt –, hatte einst in Maltas Geschichte eine glorreiche Rolle gespielt. Dann verkam das Viertel, die »besseren Leute« wollten dort nicht wohnen. Die Straßen waren eng, ohne Sonnenlicht, die Fenster mit rostigen Gittern versehen. Die Tante meines Vaters, der das Haus zuletzt gehört hatte, hatte es an Dockarbeiter vermietet. Nach ihrem Tod stapften meine Eltern die Steintreppen empor, traten in Zimmer, wo es nach alten Lumpen und Mäusekot roch. Die Latrinen hatten Holzdeckel und auf jeder Etage gab es nur eine Waschgelegenheit. Immerhin – das Haus verfügte über Strom- und Wasserversorgung. Und als meine Mutter im dritten Stockwerk auf den brüchigen Holzbalkon trat, schien der Hafen von Valletta mit seinen Kreuzern, Fischerbooten und Luxusyachten unter ihren Füßen zu liegen. Ungeachtet ihrer sonstigen Zurückhaltung zeigte Mutter plötzliche Anflüge wahrer Begeisterung für Dinge, die meinem Vater der Aufmerksamkeit wenig wert erschienen. Jedenfalls verliebte sie sich in das Haus. Ein Architekt wurde zu Rate gezogen. Dieser meinte, die Lage sei schon famos, allerdings müsste die Bruchbude von Grund auf saniert werden. Kurze Zeit später brachte mein Vater die Nachricht, dass im Rahmen der Restaurierung Vallettas das alte Viertel Birgu zu seiner kulturhistorischen Bedeutung zurückfinden sollte. Die Regierung erteilte Subventionen.
Plötzlich kauften die Leute Häuser, die seit Jahrzehnten vermoderten, und in kurzer Zeit schnellten die Preise in die Höhe. Das änderte natürlich die Lage. Meine Eltern stellten den Antrag für eine Subvention, steckten auch eigenes Geld in die Sache. Es stellte sich heraus, dass die Grundsubstanz solide war, und unter dem schmutzig braunen Linoleum kamen Marmor und gut erhaltene Kacheln in den Farben Ockergelb und Grün zum Vorschein. Mosaikfresken schimmerten hinter den verschimmelten Tapeten, und die Balken und Stuckarbeiten an der Decke waren nahezu intakt. Neue Rohre wurden verlegt und ein Badezimmer und eine große Küche eingerichtet. Inzwischen wurden auch die Straßen neu gepflastert und die Mülltonnen fortgeschafft. Künstler öffneten Ateliers, kleine Cafés und Restaurants zogen nach Birgu. Jetzt stank es nicht mehr nach Abfall, sondern duftete nach Orangen und Jasminblüten und liebevoll zubereiteter »Pasta«. Da unser altes Wohnvierel Hal Saflieni inzwischen im Verkehr erstickte, waren meine Eltern froh, dass sie umziehen konnten. Mutter war ganz enthusiastisch, und auch mein Vater meinte, er habe sein Geld wohl gut angelegt. Er vermisste zwar eine Garage, konnte aber eine in der Nähe mieten.
    Wieder zurück aus London, wohnte ich eine Zeit lang bei meinen Eltern. Ich hatte nicht nur ein großes Zimmer mit Bad und Kochnische zur Verfügung, sondern nahezu ein ganzes Stockwerk. Aber lange hielt ich es in Birgu nicht aus. Jahrelang hatte ich völlig unabhängig gelebt, jetzt sah ich meine Eltern täglich, und auf die Dauer war das zu viel für mich. Ich wollte kommen und gehen, wie es mir passte, nicht immer mit dem Gedanken, dass die Eltern hören konnten, wann ich nach Hause kam. Darüber hinaus zog es mich wieder nach Hal Saflieni. Es war eine fixe Idee, die ich hatte, eine kaum wahrgenommene Sehnsucht nach dem Ort

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