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Mondtaenzerin

Mondtaenzerin

Titel: Mondtaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederica de Cesco
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Peter?«
    »Viviane ist jetzt ein Star.«
    Er lächelte ein wenig.
    »Das wollte sie ja schon immer. Wie hat sie das geschafft?«
    »Ihre Stimme haut wirklich jeden um, ich werde dir eine CD geben. Sie hat viel Geld, lebt in einem großen Haus in London. Sie trinkt nicht und sie kifft nicht. Alexis ist gestorben, ihr Grandpa auch, sie kümmert sich um Miranda und hat alles gut im Griff.«

    »Sprechen die Toten immer noch zu ihr?«
    »Viviane sagt, dass sie Stimmen hört, die ihr in den Ohren klingen wie das Träufeln aus dem Kopfhörer. Sie setzt diese Stimmen in Songs um. Keine Ahnung, wie sie das macht. Sie sagt ja immer wieder, dass ihr die Toten nicht schrecklich sind.«
    Er nickte, geistesabwesend.
    »Ja. Den Toten kannst du trauen. Den Menschen nur selten.«
    Es waren bittere Worte, und sie kamen aus einer verbitterten Seele. Doch wie wahr! Er sprach weiter, ganz seinen Erinnerungen hingegeben.
    »Wie ein kleines Gespenst sah sie aus. Weißt du noch? Sie spürte überhaupt keinen Schmerz. Sie stach sich mit Dornen in die Arme, und es blutete nicht.«
    »Solche Dinge, die macht sie heute nicht mehr.«
    »Mir war, als ob sie ein anderes Wesen verkörperte.«
    Ich war betroffen und leicht beunruhigt.
    »Persea? So habe ich das nie empfunden.«
    »Doch. Was sie sagte, hörte sich wie wiedergefundene Erinnerungen an. Als ob die Göttin selbst in ihrer Haut steckte. Ich fand das wunderschön.«
    Mich überlief es.
    »Hast du ihr alles geglaubt?«
    »Du nicht?«, fragte er verwundert.
    Und wieder dachte ich, dass er tiefer blickte als ich. Wie machte er es nur, um dem Rätselgebilde auf den Grund zu kommen? Ich selbst hatte stets nur so getan, als ob ich begriff. Schließlich sagte ich:
    »Wahrscheinlich lag es daran, dass wir Kinder waren.«
    Er zweifelte, still und herzlich.
    »Ach, ich weiß nicht. Vielleicht nicht nur daran. Sag, hast du Kontakt zu ihr?«
    »Als ich in London studierte, oft. Jetzt ist sie wieder auf
Tournee. Aber du hast Glück. Sie hat nämlich vor, nach Valletta zur Notte Bianca zu kommen.«
    »Welche Notte Bianca ?«, fragte er perplex.
    Ich musste lachen.
    »Die ist neu. Das Konzept haben die Italiener erfunden. Das Fremdenverkehrsamt, für das ich jetzt arbeite, hat die Idee übernommen. Eine Nacht lang sind alle Museen, alle Kirchen offen, du kannst dir jedes offizielle Gebäude ansehen, überall treten Straßenkünstler auf. Werbung für Valletta, weil im Oktober schon Flaute ist. Die Rechnung geht auf. Den Touristen gefällt das.«
    »Und Viviane?«
    »Sie sagt, Valletta eigne sich gut als Bühne. Sie tritt gratis auf. Aus Nostalgie. Ich werde ihr mailen, dass du da bist. Das wird sie freuen.«
    Er erwiderte geistesabwesend:
    »Ich kann nicht sagen, ob ich dann noch hier sein werde.«
    »Das ist am Samstag, in vier Tagen. Du machst natürlich, was du willst«, setzte ich bitter hinzu. »Aber Peter würde dich auch gerne sehen.«
    »Ach, Peter …«, sagte er. »Was macht er jetzt?«
    Der Ton war ein wenig geringschätzig, doch nichts, worüber ich hätte böse sein können. Ich erzählte, dass er sein Elternhaus verlassen hatte. Dass er in Mosta studierte, um Tierarzt zu werden.
    »Er ist sehr empfindlich und quälte sich eine Zeit lang mit Selbstvorwürfen. Er hat ganz schrecklich unter der Familie gelitten. Auf Malta, das weißt du ja, verändern sich die Dinge langsamer als anderswo, das gilt auch für den Familienstolz und alles Verschrobene, aber Peter ist längst darüber hinweg.«
    »Siehst du ihn oft?«
    Ich schluckte.
    »Ja, ungefähr an jedem Wochenende. Und er hat mich in
England besucht, und wir sind zusammen zu meinen Großeltern gefahren, nach Rügen.«
    »Hast du mit ihm geschlafen?«
    Zwischen uns hatte es nie eine Lüge gegeben. Niemals.
    »Ja«, sagte ich schlicht.
    Er schwieg. Ich streichelte seinen nackten Arm, verfolgte den Lauf der Spiralen auf der glatten, unversehrten Haut; sogar seine Taille, sein Gesäß waren mit diesen Mustern bedeckt. Mir war, als wollte er sich selbst in ein Symbol verwandeln, den phallischen Steinen ähnlich, zu Ehren der Göttin aufgerichtet. Dieser Gedanke war völlig fremd, fast zu reichhaltig für mein logisches Denken. Es gab eine Verbindung zwischen ihm und Viviane, wenn ich auch nicht genau sah, welche. Und was Peter betraf, gewiss. Giovanni lag da, die Augen halb geschlossen; auch er dachte nach. Ich brach das Schweigen.
    »Bist du eifersüchtig?«
    Er antwortete ebenso schonungslos wie ich.
    »Ich bin eifersüchtig. Aber weil es

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