Mondtaenzerin
zu Pasta und zum Risotto.«
Sie nickte verstehend. Er lächelte, nahm einige kräftige Schlucke.
Es gibt Menschen, bei denen, sobald man ihnen nahekommt, die Scheinheiligkeit jeden Sinn verliert, weil diese Menschen außerhalb jeder Konvention leben und die anderen sogleich in ihre Unbefangenheit hineinziehen.
»Wohnen Sie hier oben ganz allein?«, fragte ich.
Er setzte sein halb volles Glas behutsam auf den Tisch.
»Eine Zugehfrau kommt allmorgendlich, macht mir den Haushalt und kocht. Und ich bin nicht so hilflos, dass ich mir abends das Essen nicht aufwärmen könnte. Außerdem wurden uns eine moderne Küche und ein modernes Badezimmer bewilligt. Rostige Rohre, Küchenschaben und ein verstopftes WC machen keinem von uns Spaß.«
Seine unkomplizierte Offenheit rief einen Grad der Übereinstimmung herbei, bei dem der Altersunterschied nicht mehr zählte. Er war auf eine besondere Art herzlich und verstand es, eine wahrhafte Gemeinschaft zwischen Kindern und einem Mann zu schaffen, der seit Langem schon aufgehört hatte, Kind zu sein. Auch Peter, der bisher steif wie ein Klotz vor seinem Glas gesessen hatte, taute allmählich auf.
»Gehört Fort St. Angelo Ihnen?«
Fra Beato antwortete sachlich, als ob er zu einem Erwachsenen sprach.
»Das Fort wurde als extraterritoriales Erbe dem Johanniterorden überlassen. Ich bin nur der Hüter dieser Stätte. Ich sage nicht, der Hauswart, mein Ego will geschont sein. Wir haben das Fort für neunzig Jahre, inzwischen sind dreißig vergangen. In sechzig Jahren wird Fort St. Angelo wieder Malta zufallen. Aber natürlich werde ich das nicht mehr erleben.«
»Und was wird dann aus dem Fort?«, hakte Peter nach.
Er schenkte ihm sein helles, unbeschwertes Lächeln.
»Das, junger Mann, kann mir schnurzegal sein.«
Ich fragte neugierig: »Haben Sie viel Besuch?«
Er hob die Schultern, gleichmütig.
»Bisweilen kommen interessante Menschen zum Fort.«
Peter lehnte sich vor: »Auch Könige?«
»Auch Könige und Königinnen«, sagte Fra Beato. »Aber nicht so oft, wie du vielleicht glaubst.«
»Sind sie mit Ihnen befreundet?«
Das Lächeln, das so belustigt, abgeklärt und voller Charme war, kam abermals auf Fra Beatos Lippen.
»Sie sind nur Besucher. Man kann mit ihnen nicht richtig befreundet sein. Und im Allgemeinen ist es nicht so, dass ich auf sie nicht verzichten könnte. Man muss auf ihre Empfindlichkeit Rücksicht nehmen. Denn auch Könige können nur das geben, was sie haben. Mit ihnen unterhalte ich mich
so, wie sie Lust haben und es gewohnt sind. Aber nicht über Dinge, die wirklich wichtig sind.«
Er blickte auf eine kleine, verschlossene Schachtel auf dem Tisch. Ich hatte sie bereits zu Anfang bemerkt, ihr aber keine große Beachtung mehr geschenkt; die Karpfen waren interessanter gewesen. Doch jetzt hob Fra Beato mit liebevoller Geste den Deckel. Katschen. Eingebettet in Seidenpapier lag dort unser Fund, die heilige Puppe. Sofort bekamen wir es wieder mit der Angst zu tun. Tatsächlich hatten wir schon fast vergessen, warum wir denn eigentlich hier waren. Ich sah, wie Giovanni, der immer noch kein Wort gesagt hatte, sich auf seinem Stuhl duckte, dass er fast einen krummen Rücken bekam. Sein Gesicht war verhärtet, nahezu versteinert, und zwischen den Brauen zeigte sich eine tiefe frühreife Falte.
Fra Beato beachtete Giovanni nicht. Er hielt die Augen zärtlich auf die Tonfigur gerichtet, und seine Stimme schien von der gleichen sanften Rührung befallen.
»Bisweilen findet man solche Figuren, aber selten von der Zeit unbeschädigt. Diese ist unversehrt und vollkommen, ein schieres Wunder. Seit Jahrtausenden ruhte sie in tiefer Dunkelheit und wartete. Auf die Kinder vielleicht, die ihr das Tageslicht zurückgeben würden?«
Er stellte die Frage wie beiläufig und als ob er laut dachte, doch bei diesen letzten Worten hob Giovanni jäh die Augen – was er noch kaum getan hatte, seitdem wir Platz um den Tisch genommen hatten – und hielt sie fasziniert auf Fra Beato gerichtet. Ein Gefühl von Erleichterung und Dankbarkeit entspannte seine beweglichen Züge. Für mich war dieser Ausdruck äußerst vielsagend; er zeigte mir, dass er endlich Vertrauen fasste und spürte, dass er in diesem Mann einen Verbündeten hatte, keinen Feind, der ihn richten oder bestrafen würde. Und als ob Fra Beato diesen Ausdruck gesehen und sofort gedeutet hätte, richtete er seine klaren Augen auf den Jungen und fragte: »Bist du es, mein Sohn, der diese Figur gefunden
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