Money, Honey
keine Angst haben muss, und in dem man mit seiner Frau und seinen Kindern lebt.«
Bei Liz’ skeptischem Blick musste sie grinsen. »Als Verbrecher war er verdammt gut, und das war seine ganze Identität, damit konnte er sich perfekt identifizieren. Er ahnt nicht mal, dass er ein wirklich guter Mensch ist oder werden könnte. Und er hat Angst, es auch nur zu versuchen. Wenn er dabei nämlich scheitert, beweist es nur, dass er immer recht hatte und wirklich böse ist.«
»So ein Quatsch! « Liz verdrehte die Augen. »Dein Bruder könnte unser nächster Präsident werden, falls er nur wollte! Und dass er nicht vorhat, in die Kleinstadt zu ziehen und zum Familienvater zu mutieren, liegt ganz bestimmt nicht an irgendwelchen heimlichen Ängsten. Der Mann hat vor absolut gar nichts Angst!«
»Doch. Er hat Angst davor, dir seine Gefühle zu zeigen«, sagte Mara sanft. »Er ist nicht unverwundbar. Du bist seine Traumfrau, Liz. Aber nach dem Leben, das er geführt hat, denkt er, du wärst für ihn unerreichbar.«
Abwehrend schüttelte Liz den Kopf. Sie wollte Patrick nicht plötzlich in einem anderen Licht sehen. Der alte Patrick war schon gefährlich genug gewesen!
»Du bist verliebt in ihn, oder?« Mara lächelte.
Nein, noch nicht, dachte Liz, und wenn es nach ihr ging, würde das auch nie passieren. »Das wäre eine richtig dumme Idee.«
»Wer nicht wagt...«
»Das Leben ist keine Pokerpartie, Mara.«
»Aber trotzdem ein Spiel voller Zufälle und Risiken. Und Risiken gehst du bei deinem Job jeden Tag ein, Liz. Wie sieht es also aus? Alles auf eine Karte?«
Bevor Liz antworten konnte, sagte eine männliche Stimme: »Oh Gott, es macht mich so an, wenn sie über Poker redet!« Liz wirbelte erschrocken herum. An der Tür lehnte Jonas, Maras Mann. Er war einen Meter neunzig groß und schien nur aus Muskeln zu bestehen. Jonas hatte hohe Wangenknochen und einen dunklen Teint. Sie fragte sich, ob alle Männer in Maras Leben sich lautlos wie ein Schatten bewegen konnten und auch noch alle wie Hollywoodstars aussahen.
»Sprich weiter, Süße, ich habe deine Stimme vermisst«, meinte er.
Freudeschreiend sprang Mara auf, lief zu Jonas und warf sich in seine Arme. Er lachte glücklich und küsste sie. Liz musste wegsehen.
Dieser Kuss war so voller Gefühl, Sehnsucht und Leidenschaft. Das war einfach zu viel. Nur einen Tag zuvor hatte Patrick sie genauso geküsst...
Liz verdrängte den Gedanken. Sie durfte sich nicht in ihn verlieben. Auf keinen Fall! Der Mann war gefährlich, und nichts auf der Welt konnte daran etwas ändern.
»Ich geh dann«, murmelte sie. »Ich finde allein raus.« Sie machte sich auf den Weg und war ziemlich sicher, dass die beiden sie gar nicht mehr bemerkten. Aber Mara rief ihr noch hinterher: »Liz!«
Sie drehte sich um.
»Denk über das nach, was ich dir gesagt habe, okay?«
»Du ebenfalls. Falls dir noch was einfällt, ruf mich bitte auf jeden Fall an!« Erleichtert verließ sie das Kasino.
Was war nur los mit ihr? Neid? Ja, Neid. Sie wünschte sich eine Liebe wie die von Jonas und Mara.
Auf dem Weg nach Hause öffnete sie im Auto das Fenster. Sie brauchte dringend frische Luft. Der Himmel verfärbte sich violett, während die Sonne langsam unterging. Eine angenehme Brise wehte herein, die schon nach Sommer duftete. Liz parkte in ihrer Auffahrt und würgte vor Entsetzen den Wagen ab - vor ihrer Garage parkte Patricks kleiner blauer Sportwagen.
Sie blieb noch einen Moment sitzen. Das hatte sie einfach nötig. Herrgott noch mal, sie war so fertig und wirklich nicht in der Stimmung für einen erneuten Schlagabtausch mit Patrick. Sie wollte nur noch auf die Couch, sich vom Fernseher berieseln lassen. Und Eiscreme, viel Eiscreme!
Was bekam sie stattdessen? Einen ehemaligen Juwelendieb und Hollywood-Playboy, der vor ihrer Tür mit einem Gesicht wartete, als hätte sie ihn gerade beim Abschlussball versetzt.
Seufzend quälte sie sich aus dem Auto und die Stufen hoch, bis sie schließlich direkt vor Patrick stand. Der machte keinerlei Anstalten, sich zur Seite zu bewegen. Liz schaute in seine blauen Augen. Er sah wütend aus. Gut so! Warum sollte es ihm besser gehen als ihr? Sie hatte schon den ganzen Tag lang abwechselnd ein schlechtes Gewissen, Angst und Sehnsucht nach ihm. Da war ein kleiner Streit genau richtig, um diese Emotionen zu vertreiben.
»Was willst du bei mir, Patrick?«, schimpfte sie und schob sich an ihm vorbei durch die offene Tür in den Flur. Dann drehte sie sich um und gab
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