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Monica Cantieni

Monica Cantieni

Titel: Monica Cantieni Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grünschnabel
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Reise plante, und falls ja, sagte er, lass es mich wissen, ich komm mit, egal wohin, der Tag war die Hölle.
    – Was sitzt du denn im Dunkeln?
    Er machte das Licht an.
    – Hast du Eli gesehen?
    Ich schüttelte den Kopf.
    – Wir essen gleich . – Und? Wie war dein Tag?
    Seit dem Gespräch mit Ruth und Walter wollte er Erfolge sehen. Tatsache war: WENDUNGEN war definitiv kein Erfolg gewesen, jedenfalls bei meiner Mutter nicht, WENDUNGEN half auch nicht gegen INSPIRATION, die aus war. Wenn er hiervon erfuhr, konnte ich mich mit meinem Koffer zu Eli setzen. Und warten. Wie Eli. Warten, dass nichts geschah, was es noch schlimmer machte.
    – Nein, Eli hab ich nicht gesehen.
    – In Ordnung. Komm jetzt essen. Hast du nicht gehört?
    Das Ohr fest aufs Kissen gedrückt, liege ich im Bett.
    Kein Licht, das blinzelt, keins, das flackert, später eins, das wandert. Der Bäcker fährt los, sein Auto schnarrt. Er hat nicht weit, das Auto ist neu, ein schönes Rot, er fährt es gern spazieren. Regen, der rauscht, er klopft auf die Dosen der winterharten Wörter, die vor dem Fenster stehen. Das Zimmer ist grün vom Nachtlicht in der Steckdose. Der Schlaf will nicht kommen.
    Eli kennt das auch. Doch er ist voll von Bildern. Ich bin voll von nichts. Das Grün hilft nicht gegen das Schwarz, das nachts am schlimmsten ist.
    Er kommt bestimmt, der Schlaf, el sueño. Ich warte.

Die Wörterschachteln gingen …
    D IE WÖRTERSCHACHTELN GINGEN MEINER Mutter auf die Nerven, weil sie immer größer wurden, aus allen Nähten platzten oder umkippten, auf dem Bett standen, wenn sie es neu beziehen wollte, mir den Schreibtisch verstellten, an dem ich Hausaufgaben machen sollte, den Blick aus dem Fenster, auch auf dem Fensterbrett stapelten sie sich.
    Ich ging meiner Mutter auf die Nerven, weil ich die Schachteln überall dabeihaben wollte, ich sie zu Tat mitschleppen wollte und an den Walensee zu Tante Joujou und mich immer nicht entscheiden konnte, welche, um dort allen die Stimmung zu verderben, weil das Essen schon kalt war, weil wir zu spät kame n – meinetwege n – und ich dann den ganzen Tag angefressen war, wie meine Mutter es nannte, weil ich die falschen dabeihatte, weil ich mich beeilt hatt e – ihretwegen.
    Den letzten Nerv allerdings riss ich ihr damit aus, dass ich Wörterschachteln in den Keller trug, wo Tüten und Schatullen mit Schrauben und Nägeln herumstanden, von denen mein Vater welche in die Küche trug, weil er im Keller wegen der Wörterschachteln keinen Platz hatte, und fluchte, und meine Mutter fluchte, weil sie in der Besteckschublade Schrauben fand, Zettel mit Fremdwörtern drauf oder Eigenwörtern oder einem Gefühl. In die Besteckschublade gehören keine Gefühle, auch keine Schrauben oder Nägel. Gefühlvolle Besteckschubladen sind ein Unding , und wenn mein Vater nicht wieder auf dem Sofa schlafen wollte, sagte er nicht vor ihr, dass das eher eine Herausforderung ist für den Kopf oder eine Interessante Annahme, Denksport .
    BESTECKSCHUBLADE schrieb meine Mutter auf einen Zettel und klebte ihn auf die Lade. GESCHIRRSCHRANK an eine Tür, weil sie dort Reißzwecken, Muttern und Dübel fand und die Schachtel GANGGARTEN, auf der sie grade mit dickem Filzstift ein G wegstrich, als die Blondierte ihre rosafarbenen Lieblingstörtchen mit turmhoch Sahne drauf auf den Küchentisch stellte und fragte, ob meine Mutter den Verstand verloren hätte, ihr das Gedächtnis ausgefallen wäre, dass sie Buch führen müsste über die Küche, um sich an sie zu erinnern.
    Meine Mutter riss eine Schublade auf und nahm eine Handvoll Gabelwörtermuttern heraus, zupfte ein paar Zettel hervor und las vor:
    – LEID. WEH. JAMMER. TRÜBSAL. Liegt bei den Gabeln. TRÜBSAL BLASEN auch. Und bei den Löffeln? Was haben wir denn hier außer den Schrauben? KURZWEIL, LANGEWEIL E –
    Sie drehte sich zur Blondierten und legte alles auf den Tisch.
    – Und dabei soll man den Verstand nicht verlieren? Sieh dir das an. Sonst glaubt das keiner. Ach, was red ich. Es hat ja keinen Zweck.
    Zum Schrank sagte sie:
    – Wo lebe ich eigentlich hier? Ich kann genauso gut in den Zirkus gehen, ich schwöre, ich gehe in den Zirkus. Eine Horde Affen in den Griff zu bekommen ist einfacher, drei Löwen ein Klacks; eine Elefantenherde krieg ich dazu, im Garten keine Primel zu zertreten, nach drei Wochen tanzen sie mir in Paaren Tango in der Küche, ohne auch nur einen Eierbecher zu zerschlagen.
    Sie regte sich so sehr auf, dass die Blondierte bloß noch nickte,

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