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Monica Cantieni

Monica Cantieni

Titel: Monica Cantieni Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grünschnabel
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Äpfel einzupacken. Mein Vater zerkrümelte ein bisschen dies und ein bisschen das, was so auf dem Tisch herumlag. So klar erkennbar war nicht mehr, was es mal gewesen war, alle Tiere hatten sich vor dem Schnee in Tats Küche gerettet und sie fast leer gegessen und jede Menge Dreck gemacht, meine Mutter hatte schon das Himmelelend gepackt, als sie die Küche roch.
    – Bald ist Weihnachten.
    – In einer Woche.
    – Hilf packen.
    – Bin schon unterwegs.
    Ich tänzelte durch die Küche wie Muhammad Ali, duckte mich um ihn herum und teilte meine beste Rechte aus, die er mit einem Grinsen abfing.
    – Mach schon.
    Ich sammelte Tats Beine ein und die ungelesenen Briefe, die Wolljacken mit den größten Löchern, damit meine Mutter sie stopfen konnte, ich warf den Rest Polenta in den Hof, wo ich das Fauchen der Katzen hören konnte, mein Vater warf die Pfanne hinterher und zwei zerbrochene Teller, eine Tasse voller rostiger Schrauben und Nägel, Glühbirnen, ein bisschen kaputtes Werkzeug, Berge von Apfelbutzen, Kacheln voller Toscanistummel, das Halsband von Sepp, eine Wolldecke, in der die Motten wohnten. Dabei hatte Tat saubere, neue. Mein Vater fand sie noch eingeschweißt, Geschenke meiner Mutter. Dann wedelte er mit der Schaufel und dem Besen.
    Ich kehre den Hof, schaufle Schnee und Wolldecke in die Tonne, Schnee mit Motten, Teller mit Schnee und Motten, Scherben, Toscanikrümel, Tierwolle, Wolltiernägel, Apfelbutzenschrauben und Schraubenschlüsselschnee, Glühbirnenrost und Schneepolenta. Meine Mutter weht aus dem Keller, Kelleräpfel im Arm, Apfelkeller in den Kleidern, sie stellen die Matratze in die Nacht, es ist eine Matratzennacht, ein Bettzeughimmel, die Sterne fallen fast herunter, es glitzert und glänzt im Schnee, und Tat sitzt in seinem Sessel vor dem Ofen, macht die Ofentür auf, stochert in der Glut, spuckt hinein, dass es zischt, und kaut mit richtig schlechter Laune auf seinem Hemdkragen herum.
    – Tat, bald ist Weihnachten.
    – Keine beschissenen acht Tage mehr, Grünschnabel.
    – Du brauchst nicht deinen Kragen aufzuessen. An Weihnachten gibt es Kekse.
    – Ich verrate dir ein Geheimnis: Weißt du, dass wir den Hund essen mussten im Krieg?
    – Einen Sepp?
    – Nein, einen schwarzweiß gefleckten Bastard mit eingerolltem Schwanz und Gift in den Adern; reines Gift und kein bisschen Blut. Otto. Ich schwör’s dir: Mit Otto war nicht zu spaßen.
    Tat grinste und kratzte seinen Stumpf.
    – Die Tatta hat Flicken bereitliegen gehabt für all die Postbotenhosenböden, die er in Fetzen riss.
    Er kicherte.
    – Was trauten die sich auch noch Rechnungen zu bringen im Krieg. Wenn man sonst schon nichts zu fressen hat.
    – Es geht dir ja wieder hervorragend. Was erzählst du ihr für Schauermärchen?
    Mein Vater war so leise hereingekommen, dass wir ihn nicht gehört hatten.
    Er rasselte vor Tats Nase mit einer Schachtel Nägel, die grössten Nägel, die ich je gesehen hatte.
    – Brauchst du die?
    – Wir hatten immerhin Lebensmittelmarken. Und die Weitsicht der Tatta. Drei Tage vor der Rationierung hat sie noch Polenta eingekauft, hast du uns erzählt. Den ganzen Küchenschrank voll.
    – Ja, ihr wart ja auch bloß elf.
    – Stimmt, und die Wurst hast du allein gegessen. Immer.
    – Für zwölf hätte die sowieso nicht gereicht.
    – Dreizehn. Die Tatta mitgerechnet. Was ist: Brauchst du die jetzt noch oder nicht?
    Er deutete auf die Schachtel in seiner Hand. Tat winkte ab und pikste mir seinen Zeigefinger in die Brust.
    – Jedenfalls, Grünschnabel, wir mussten Otto essen.
    – Ihr habt Otto wirklich gegessen?
    – Er wollte, dass wir Otto essen.
    – Basta! Jetzt lass mich erzählen.
    – Sie träumt schlecht von so etwas.
    – Ich will das aber hören.
    – Du willst jede Räubergeschichte hören.
    Tat war fast ein bisschen beleidigt, er streckte sich in seinem Sessel und ordnete seine Beine.
    – Es ist schließlich passiert.
    – Schlimm genug.
    Mein Vater drehte sich um und knallte die Tür zu, dass meine Mutter neugierig hereinkam.
    – Alles in Ordnung?
    – Alles bestens. Bringst du mir einen Kaffee?
    – Was war jetzt mit Otto?
    – Wir haben ihn nicht gegessen.
    – Nein?
    – Nein. Otto hatte viele schlechte Eigenschaften, aber damit war er wirklich zu weit gegangen. Keine Ahnung, was in ihn gefahren war. Er ging auf das Kind des Metzgers los. Schlimm. Der Junge musste ins Krankenhaus, der Arzt wollte den Arm nicht anfassen. Schlimm. Sehr schlimm.
    – Und dann?
    – Dann wollte der

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