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Monica Cantieni

Monica Cantieni

Titel: Monica Cantieni Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grünschnabel
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gut aufgehoben.
    Er nickte in den Rückspiegel, der Wackeldackel auf der Hutablage nickte zurück, und meine Mutter rauchte eine Zigarette, durchs Fenster sprühte Regen herein. Ich schloss die Augen, mit dem Kopf war es nicht wei t – nur: wohin?
    – Sie ist ja kreidebleich. Halt an.
    Meine Mutter hatte sich zu mir gedreht. Er hielt in der Kurve mit den Kiefern an, wo ich fast aus der Tür fiel, mit den Füßen im Schnee herummatschte, bis sich der Magen nicht mehr drehte, die Straße nicht mehr schwankte, die Tür still hielt und die kalte Luft nicht mehr stach, mein Vater fand sie großartig, er legte mir etwas Schnee ins Genick, schüttelte jungen Bäumen Reif von den Nadeln und stieg glitzernd wieder ins Auto, er fuhr langsamer. Er schlich. Es hatte begonnen zu schneien.
    Tat wackelte in eine Wolldecke gewickelt vor dem Haus auf und ab.
    – Der blöde Hund, sagte er, ich bin sicher, er hat den Jäger noch gebissen, aus seinen Ohren lief schon Blut.
    Aus Tats Augen liefen Tränen. Er hielt mir den Daumen hin, blauschwarz geschlagen vom Hammer, als er Sepp in der Kiste vernagelt hatte.
    – Er ist in einer Kiste? Dann können wir ihn gleich dort lassen.
    – Auf keinen Fall! Ich will ihn noch mal sehen.
    Tat wischte sich die Augen. Die Hände in den Taschen, trampelte mein Vater den Schnee fest.
    – Eine Saukälte. Wo ist er?
    – Hinten.
    – So ein Hundewetter.
    – Jetzt wird’s richtig Schnee geben.
    Tat hielt die Nase in die Luft und schien zufrieden. Der Himmel, in den er schaute, streifte den Giebel, dahinter verschluckte er die Bäume. Ich fing Flocken, das Dach würde Schneezuckerwatte tragen und Eiszapfenstangen; wir könnten einen Schneesepp bauen, und meine Mutter sagte:
    – Na toll, eine Beerdigung in Weiß. Hol deine Jacke.
    Mein Vater musste die Kiste mit dem Brecheisen öffnen und hob Sepp heraus. Als Tat ihn strafend ansah, klopfte er mit der Spitzhacke auf den Boden.
    – Ist ja schon beinhart. Gräbst du oder ich?
    Sepp lag im Schnee, das Fell gesprenkelt mit kleinen Löchern, und mitten auf der Stirn ein großes. Er schien zu schlafen, jagte im Himmel bestimmt Rehe, ließ auf den Wolken seine Flöhe, wie er sie im Teppich ließ, Flöhe, so bissig wie er selbst. Es würde Flöhe regnen, Haare schneien, sein Fell würde vom Himmel fallen, das Braun, das Beige, das Schwarz, das weiche, das zarte Haar, das harte, das borstige, und Elis Kumpel würden auf dem Rohbau fluchen: So ein Hundewetter!
    Der Schnee machte den Bäumen Mützen, den Büschen, machte meinem Vater Perlen ins Haar, dann eine Mütze, machte eine Mütze auf Tats Mütze, dem Gemüsebeet eine Decke, während sie bei Sepp standen und Tat auf meinen Vater einredete, Dampfschwaden vor dem Mund, bis mein Vater wegging, den Pickel holte und auf den Boden einhackte, als könnte der etwas dafür.
    Tat hatte uns gebeten, über Nacht zu bleiben. Er war unruhig. Die Tatta drängle, stünde im Garten und mache ihm die Hölle heiß, er solle sich endlich herüberbequemen; der Jordan, wie der Fluss hieß, sei nicht so tief und nicht so kalt, wie man sich ihn vorstelle, er aber, Tat, sei wasserscheu und ein Hasenfuß dazu. Tat wollte nicht. Viel besser wäre, die Tatta würde sich um die Einbrecher kümmer n – ja, Einbreche r –, die im Garten ihr Unwesen trieben, vor dem Haus herumlungerten und nur auf eine Gelegenheit warten würden, ihn auszunehmen wie eine Weihnachtsgans, wie auch schon.
    – Wann war das?
    Mein Vater sah ihn fragend an.
    – Hier? Bei dir? Und was wurde gestohlen?
    Als mein Vater fragte, ob er es der Versicherung gemeldet habe, sagte meine Mutter na bravo, und Tat jammerte eine halbe Stunde über die Versicherung und seine Beine und bekam einen roten Kopf, aber was gestohlen worden war, konnte er auch danach nicht sagen, er hatte es vergessen. Mein Vater ging die wichtigen Sachen durch: die Dokumente, das Kästchen mit dem Schmuck der Tatta, die Zuckerdose mit dem Geld in der Küche, das Motorrad in der Garage, das Werkzeug, es rostete, war mit Spinnweben überzogen, und mein Vater zuckte mit den Schultern, aber Tat blieb eisern und sagte:
    – Wirst schon sehen, sie kommen wieder.
    Meine Eltern sahen einander an. Wir brachten Tat ins Bett. Knurrend legte er sich hin. Er wollte ein Papierschiffchen falten.
    – Bring mir Papier.
    Er nickte und schmatzte und griff nach meiner Hand.
    – Und jetzt Milch mit Honig. Bring mir Milch mit Honig.
    In der Küche zeigte meine Mutter kopfschüttelnd auf eine Pfanne, in der Tiere

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