Monika B. Ich bin nicht mehr eure Tochter: Ein Mädchen wird von seiner Familie jahrelang misshandelt (German Edition)
Behandlung im Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim für angezeigt hielt. Dessen Rat folgend, suchte sie dieses erstmals am 7. 1. 1988 auf und wurde in der Folgezeit ambulant betreut. Daran schloss sich eine stationäre Behandlung in der Zeit vom 5. 2. bis zum 19. 2. 1988 an, der im Wechsel ambulante therapeutische Gespräche und weitere stationäre Aufenthalte bis zum 8. 8. 1989 folgten. [...] Einweisungsgrund waren massive Verletzungen, die sich Monika zugefügt hatte: Ihr Körper wies bis zu 80 Brandmale auf, die sie sich – auch innerhalb des Genitalbereichs – mit Zigaretten beigebracht hatte. [...]
Sich vor ihrem Vater sicher wähnend, befiel sie eine panische Angst, als sie am 7. 5. 1988 nach Arbeitsschluss ihrer Mutter begegnete – ging sie doch davon aus, dass ihr Vater in der Nähe sein müsse. Dies bewahrheitete sich jedenfalls am 16. 5. 1988, als sie der Angeklagte abends vor [ihrer Arbeitsstätte] abfing. In beiden Fällen lief sie fluchtartig davon, ohne dass ihre Mutter bzw. ihr Vater sie ausfindig zu machen vermochten. [...]
Um endgültig von ihrem Vater befreit zu werden, erstattete sie gegen ihn unter Einschaltung einer Rechtsanwältin Ende Mai 1988 bei der Mannheimer Polizei Strafanzeige, in der sie den sexuellen Missbrauch durch ihn seit ihrem vierten Lebensjahr niederlegte. [...]
III.Die Zeugin Monika B. [...] hat in für die Kammer zweifelsfrei glaubhafter Weise das Tatgeschehen, soweit es ihr eigenes Erleben betrifft, entsprechend den unter II. niedergelegten Feststellungen bekundet.
Im Hinblick auf das bei ihr diagnostizierte Borderline-Syndrom besteht kein Anlass, ihre Aussagefähigkeit in Zweifel zu ziehen. Insoweit hat der uneidlich zunächst als Zeuge und dann als Sachverständiger vernommene Dr. O. ausgeführt: Eine Borderline-Störung sei dadurch gekennzeichnet, dass sie im Grenzbereich zwischen einer – durch reaktiv bedingte seelische Verstimmungen – Neurose liege und einer Psychose mit manischen Depressionen, die geeignet seien, Wahnvorstellungen zu erzeugen. Solche seien bei Monika jedoch nicht feststellbar gewesen. Sie habe stets einfühlsam zu erklären gewusst, was mit ihr sei. Die von ihr geschilderten sexuellen Erlebnisse seien nachvollziehbar. Die von ihr beschriebenen »Dämmerzustände«, einhergehend mit Befehlen ihres Vaters, seien als Pseudo-Halluzinationen zu bewerten, denen kein psychotischer Krankheitswert zukomme, weil Monika sie als solche erkannt habe. Im Übrigen fehle es auch an typischerweise Psychopathen eigenen Verhaltensweisen. [...]
Auch die Diplom-Psychologin L. hat keinerlei Zweifel an der Wahrheit der Aussagen Monikas. Sie hat hierzu überzeugend ausgeführt: Das gesamte psychische Erscheinungsbild Monikas – insbesondere das Borderline-Syndrom, die Pseudo-Halluzinationen, die Bulimie, die Ambivalenz im Verhalten gegenüber dem Vater und die gravierenden suizidalen Gefährdungen – entspreche geradezu lehrbuchhaft langjährigem sexuellen, insbesondere inzestiösen Missbrauch. [...] Hinzu kämen ihre Selbstverletzungen: Ihre Schmerzunempfindlichkeit sei Folge einer seelischen Abspaltung vom Körper, die typischerweise inzestiös bedingt sei. Die Seele trenne sich vom Körper, um trotz dessen Missbrauchs überleben zu können; zudem würden über ihn die seelischen Qualen abgeleitet. Im Übrigen sei häufig zu beobachten (wie auch in der Fachliteratur beschrieben), dass Autoaggressionen Ausdruck des Bedürfnisses seien, sich einerseits auf der Suche nach einem Schutz vor dem Vater zu entstellen und andererseits für das eigene Verhalten zu bestrafen. [...]
IV.Nach den getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte der im Urteilsausspruch genannten Straftaten schuldig gemacht: nämlich in der Zeit von Ostern 1972 bis zum 6.12.1981 des sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176 Abs. 1 St GB in mindestens achtzig Fällen, weiterhin gemäß § 174 Abs. 1 Nr. 3 St GB des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in der Zeit von Ostern 1972 bis zum 6.12.1985 in mindestens zweihundert Fällen sowie schließlich in jedenfalls einhundertfünfzig Fällen des Beischlafs zwischen Verwandten gemäß § 173 Abs. 1 St GB . [...]V.[...]Straferschwerend mussten sich die lange Dauer des von ihm betriebenen sexuellen Missbrauchs, dessen Vielzahl sowie die Variationsbreite der jeweiligen sexuellen Handlungen auswirken. Zur Befriedigung seiner eigenen sexuellen Bedürfnisse schreckte er nicht vor Monika demütigenden Handlungen
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