Monk - 03
nichts aus, weil er bei der Gelegenheit gleich sämtliches benutztes Geschirr spülte – also auch das der anderen Gäste – und dazu noch die Armaturen auf Hochglanz polierte. Mario & Maria's war eines der wenigen Lokale in San Francisco, in denen Monk noch willkommen war – vorausgesetzt in meiner Begleitung.
»Das ist ein erstklassiges Lokal«, sagte Monk, als wir uns auf dem Heimweg befanden. »Man findet nicht viele Restaurants, in denen einem perfekt quadratische Ravioli serviert werden.«
»Es gibt auch nicht viele Leute, die ihre Ravioli nachmessen«, erwiderte ich.
»Das machen nur wahre Gourmets«, erklärte Monk.
»Sie sind ein Gourmet?«, fragte Julie.
»Ich habe das Maßband und den Zirkel dabei, oder etwa nicht?«, gab er zurück. »Es war sehr angenehm, bei einem guten Essen zu entspannen. Das hatte ich dringend nötig.«
Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass es einen zweiten Menschen auf der Welt gab, der es als Entspannung ansah, in einem Restaurant zu Abend zu essen und anschließend zu spülen und die ganze Küche aufzuräumen. Die meisten Menschen wollen in einem Lokal nur essen und trinken, aber keine Teller und Töpfe spülen. Doch darüber wollte ich mit ihm nicht diskutieren.
»Danke für die Einladung«, sagte Monk.
»War uns ein Vergnügen«, entgegnete ich.
»Die letzten Tage waren sehr anstrengend, aber ich denke, sie könnten für mich ein Wendepunkt gewesen sein.«
»Das hoffe ich doch, Mr Monk.«
»Ohne Sie hätte ich das nicht schaffen können«, sagte er zu mir.
»Sie brauchen mich nicht, um einen Mord aufzuklären.«
»Ich brauche Sie für alles andere. Ohne Sie wäre ich verloren.«
»Wenn Sie Moms Hilfe nicht mehr brauchen«, fragte Julie, »kommen Sie uns dann trotzdem noch besuchen?«
»Ich werde immer Hilfe brauchen«, sagte Monk.
»Aber Sie sind doch jetzt wieder ein Detective und haben die vielen Cops, die Ihnen den ganzen Tag helfen können«, wandte sie ein. »Wofür brauchen Sie dann noch Mom?«
Da hatte sie recht. In den letzten Tagen war ich so von Monks hektischem neuen Leben vereinnahmt gewesen, dass ich mir keine Gedanken über die langfristigen Folgen seiner Wiedereinstellung in den Polizeidienst gemacht hatte. Ich konnte mir kaum vorstellen, dass man ihm gestatten würde, sich den ganzen Tag von einer Zivilperson begleiten zu lassen. Doch im Moment machte ich mir weniger Gedanken über meinen Job als über das, was Julies Frage über ihre Gefühle aussagte.
Seit ihr Vater im Kosovo getötet worden war, verkörperte Monk den einzigen Mann, den sie in ihrem Leben hatte. Und in meinem Leben auch. Auf ihn konnte sie sich verlassen, denn wenn Monk eines war, dann zuverlässig. So sehr, dass man es als Besessenheit bezeichnen konnte. Kinder mögen geregelte Verhältnisse, das gibt ihnen ein Gefühl von Sicherheit, was man für Monk auch – oder besser: erst recht – sagen kann. Er gab Julie ein Gefühl von Sicherheit, und sie wiederum hatte längst eine emotionale Beziehung zu ihm aufgebaut.
Und wenn ich ehrlich war, dann galt das auch für mich.
Vor nicht allzu langer Zeit hatte jeder von uns durch einen Gewaltakt einen geliebten Menschen verloren. Julie und ich waren ohne ein klares Ziel gewesen, bis wir Monk fanden und Monk uns fand. Was uns jetzt verband, war zwar keine Liebe, aber es bewegte sich ganz dicht daran. Es war etwas, an dem man festhalten wollte.
Jetzt war ich sehr daran interessiert, Monks Antwort auf ihre Frage zu hören.
Er bewegte den Kopf hin und her und korrigierte den Sitz seines Kragens, obwohl es da nichts zu korrigieren gab.
»Ich werde dich und deine Mom immer in meinem Leben brauchen, ganz egal, was ich tue«, erwiderte er schließlich. »Ich bin hilflos, aber du nicht.«
»Wie meinen Sie das?«, wollte Julie wissen.
»Ich bin ein sehr anspruchsvolles Individuum, wie ein Supermodel«, sagte er. »Die Leute werden mich nach einer Weile leid. Mein Vater, Sharona und viele andere mehr.«
»Ich werde Sie ganz bestimmt nicht leid, Mr Monk«, erklärte sie und legte ihren Arm um seinen. »Wenn Sie mir versprechen, dass Sie mich auch nicht leid werden.«
»Abgemacht.«
Ich legte ebenfalls meinen Arm um seinen, sagte »Abgemacht!« und gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange.
Es gefiel ihm nicht, aber zumindest war er so nett, mich nicht um ein Tuch zu bitten.
Ich fuhr Monk noch nach Hause, und als ich wieder heimkam, war Julie fest eingeschlafen. Ich selbst fühlte mich todmüde und ging davon
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