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Monkeewrench 05 - Sieh mir beim Sterben zu

Monkeewrench 05 - Sieh mir beim Sterben zu

Titel: Monkeewrench 05 - Sieh mir beim Sterben zu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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reichlich beschissen aus. Als hättest du einen Kater.»
    «Ich habe schlecht geschlafen, und das auch noch viel zu kurz.»
    «Versteh ich. Ich hatte ständig Albträume, dass ich die ganze Welt mit meiner Computertastatur daheim in die Luft jage.» Sein Blick fiel auf den riesigen, in Geschenkfolie verpackten Weidenkorb, der einen Großteil von Magozzis Schreibtisch einnahm. «Ist das etwa ein Früchtekorb?»
    «Ja.»
    «Und wo kommt der her?»
    «Hat mir Richter Jim geschickt.»
    Gino legte die Stirn in Falten. «Erst machst du den Mann zur Sau, und dann schickt er dir einen Früchtekorb? Das ist mir zu hoch.»
    «Vielleicht kriegt er ja nicht so oft Besuch.»
    «Scheiße aber auch. Gib mir mal ’ne Banane. Wie war denn dein Treffen mit diesem Profiler gestern?»
    «Interessant. Frustrierend. Beängstigend.» Magozzi riss die Geschenkfolie auf, warf Gino eine Banane zu und nahm sich selbst einen Apfel.
    «Ah ja? Hat er irgendwas erzählt, was du noch nicht wusstest?»
    «Kann man so sagen. Und außerdem ist er eine Sie.»
    Gino schälte seine Banane und wartete geduldig auf weitere Erläuterungen. Als die ausblieben, stützte er die verschränkten Arme auf den Tisch und beugte sich vor. «Du bist ja heute ganz woanders, Leo. Also, was ist das für eine ‹Sie›? Und würdest du mir netterweise mitteilen, was sie dir erzählt hat, dass es dich so dermaßen wegbeamt? Oder ist das nicht jugendfrei?»
    «Jugendfrei schon. Sie hat ein paar ganz erhellende Ideen.»
    «Zum Beispiel?»
    «Zum Beispiel, dass das Internet devianten Verhaltensweisen Vorschub leistet.»
    «Sprechen Leute mit Doktortitel eigentlich auch Englisch?»
    «Sie schon. Und alles, was sie sagt, klingt so einleuchtend, dass man Angst kriegen kann.»
    «Ach du dickes Ei. Wenn sogar du schon auf Psycho-Gebrabbel reinfällst, muss sie entweder eine richtig gute Therapeutin sein oder nebenher als Supermodel jobben.»
    Magozzi warf ihm einen warnenden Blick zu. «Willst du’s jetzt hören oder nicht?»
    «Entschuldige. Schieß los.»
    «Es gab immer schon Leute, die zum Mörder geboren sind, und die wird es auch immer geben, und natürlich nutzen auch die das Internet, wie die übrige Welt auch.»
    «Na ja, so weit waren wir irgendwie auch schon.»
    «Aber es gibt auch eine ganze Menge Leute, die gewissermaßen auf der Kippe stehen. Die sind zornig, gestört, richtig deviant oder weiß der Himmel was sonst noch alles, würden ihre Triebe im richtigen Leben aber niemals ausleben, weil es keinen Katalysator gibt, der sie auf die nächste Stufe bringt. Manche dieser Typen erkennen sogar, dass das, was sie da empfinden, asozial und falsch ist. Und da tritt das Internet auf den Plan: ein geschütztes Phantasie-Forum, in dem man mit Gleichgesinnten kommunizieren kann. ‹Hey, Joe, du hast Phantasien, in denen du Frauen vergewaltigst und umbringst? Ich auch!› Denk dir ein Chat-Forum, in dem sich fünfzig oder hundert oder tausend solcher Typen wie Joe austauschen, und schon hast du eine ganz eigene neue Kultur mit eigenen Werten und Verhaltensregeln.»
    Gino machte ein Gesicht, als hätte er gerade einen Käfer verschluckt. «Ach du Schande.»
    «Das gibt diesen Leuten Halt. Und die Profilerin vermutet, dass es von dort auch in die Realität überschwappen kann. Wie viele Amokläufe an Schulen hätte es in den letzten Jahren wohl gegeben, wenn Columbine nicht gewesen wäre?»
    «Dann haben wir es hier also unter Umständen mit einem Haufen asozialer Knallköpfe zu tun, die anderen asozialen Knallköpfen erzählen, dass es voll in Ordnung ist, Menschen um die Ecke zu bringen, und die glauben das dann irgendwann?»
    «Ja. So ungefähr.»
    «Hört sich an wie eine Mischung aus Herr der Fliegen und einem Zwölf-Stufen-Programm zum perfekten Mord.»
    «Und genau das ist ihre Befürchtung. Dass das Internet diesen Ungeheuern Kraft gibt und die Gemeinschaft sich immer mehr vergrößert.»
    Gino ließ die halb gegessene Banane sinken und starrte auf die Frucht. Er war schon vor langer Zeit an den Punkt gelangt, an dem er glaubte, alles im Leben gesehen und gehört zu haben, selbst das Schlimmste des Schlimmen, zu dem die Menschheit fähig war. Wenn das jetzt allerdings stimmte, hatte er sich damals ganz massiv getäuscht. «Wie kann sie nachts überhaupt noch schlafen, wenn sie die ganze Zeit solchen Mist im Kopf hat? Ich meine, ich habe mir über die Jahre ja auch schon viele abgefahrene Szenarien ausgedacht, aber so was würde nicht mal mir einfallen. Wie zum Geier

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