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Monkeewrench 06 - Todesnaehe

Monkeewrench 06 - Todesnaehe

Titel: Monkeewrench 06 - Todesnaehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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nickte und sah Jimmy entgegen, der jetzt näher kam. Er war der ungekrönte König unter den Tatortbeamten des BCA , als Ermittler war man jedes Mal heilfroh, ihn am Tatort anzutreffen.
    «Ihr wart auch schon mal pünktlicher, Jungs», begrüßte er sie.
    «Dafür siehst du aus wie der Marshmallow-Mann», konterte Gino.
    «Das sagst du auch jedes Mal.»
    «Also, ich finde, du siehst klasse aus», meinte Magozzi. «Was verschafft uns denn die Ehre deines hohen Besuchs?»
    «Für euch mag’s eine Ehre sein, aber ich habe die B-Liga abgekriegt. Die Milchgesichter da sind lauter Praktikanten und Berufsanfänger, die seit
Nightmare on Elm Street
keine Leiche mehr gesehen haben.»
    «Und wo ist die A-Liga?»
    «Drüben in Dupont bei einem Familienstreit mit fünf Toten. Ich übrigens auch, bis mir die Identität des Opfers mitgeteilt wurde. Dann bin ich sofort hierher.»
    Gino zog eine Augenbraue hoch. «Du hast sie schon identifiziert?»
    «Ich nicht.» Er zeigte mit dem Daumen über die Schulter auf einen bulligen Indianer in Uniform, der aussah, als hätte er sämtliche Cannoli aus Magozzis Kindheit vertilgt. «Das ist Officer Bad Heart Bull. Er war als Erster am Tatort. Wir kennen uns schon ewig, deshalb hat er mich gleich auf dem Handy angerufen, als er sie erkannt hat.»
    «Wer ist das Opfer denn?», fragte Gino.
    Jimmy sah kurz zu Boden, dann zog er einen Zettel von dem Klemmbrett, das er sich am Gürtel befestigt hatte. «Tut mir leid. Ihr seid ja wahrscheinlich noch gar nicht informiert. Chief Malcherson hat sofort die Bremse reingehauen, als die Meldung kam, sonst würden euch hier längst die Reporter in den Hintern kriechen. Klar, eine Familientragödie mit fünf Toten ist ein schöner, saftiger Nachrichtenbrocken – jede Menge Leichensäcke, jede Menge Tränen –, aber das hier ist noch um einiges größer.» Er malte einen Kreis auf das Blatt und reichte es Gino. «Das ist sie. Aimee Sergeant. Man hat ihr die Kehle durchgeschnitten, zumindest sieht es auf den ersten Blick danach aus. Wahrscheinlich ist sie am eigenen Blut erstickt.»
    Gino betrachtete die Vermisstenmeldung, die jeder Polizist im ganzen Bundesstaat seit einer Woche mit sich herumtrug. Fünf Indianermädchen, die aus dem Reservat Sand Lake im Norden Minnesotas entführt worden waren, blickten mit fröhlichen, unschuldigen Augen von den Fotos zu ihm auf. Die Jüngste war zehn, die Älteste fünfzehn Jahre alt. «Verdammt», brummte Gino und reichte das Blatt an Magozzi weiter. «Irgendein Hinweis auf die anderen vier, Jimmy?»
    Jimmy schüttelte den Kopf. «Bisher nicht. Zum Glück, denn das könnte auch heißen, dass sie noch am Leben sind, vielleicht sogar irgendwo in der Nähe. Aimee war mit fünfzehn die Älteste, da dachte ich mir, vielleicht hat sie irgendwie die Chance zur Flucht gesehen und ist das Risiko eingegangen.»
    Nur gelohnt hat es sich nicht
. Magozzis Magen schwamm förmlich in Säure. Der Sauerstoff schien plötzlich knapp zu werden, und Gino und er nahmen beide ein paar tiefe Züge von der ungewohnt warmen Oktoberluft. Als atmete man Julischwüle auf einem Betonfriedhof. Magozzi sprach aus, was alle dachten: «Dann müssen wir schleunigst das Viertel hier und die ganze Stadt auf den Kopf stellen. Ein Mädchen haben wir bereits verloren, aber was den anderen vier bevorsteht, ist bestimmt mindestens ebenso schlimm. Wenn Mädchen in dem Alter ohne Lösegeldforderungen entführt werden, hat das immer nur einen einzigen Grund: Sie sollen für bares Geld ins Sexgewerbe verkauft werden, entweder auf der Straße oder im Internet.»
    Missmutig kickte Jimmy eine Glasscherbe weg, die neben seinem rechten Fuß in der Oktobersonne glitzerte. Wahrscheinlich, vermutete Magozzi, dachte er gerade an seine eigenen süßen Sprösslinge, die so gern Ski liefen, Skateboard fuhren und Fußball spielten – lauter Dinge, zu denen Aimee Sergeant nie wieder in der Lage sein würde.
    «Es sind diese verdammten Straßenbanden», brummte Jimmy schließlich. «Die verschachern die Mädchen.»
    Gino sah hinauf zur Autobahnbrücke und stieß kurz und scharf die Luft aus. Er wollte nicht an all die Horrorgeschichten denken, die die Kollegen von der Sitte über Menschenhändler erzählten.
    Jetzt näherte sich Officer Bad Heart Bull; er sah so aus, als hätte sich ein kunstvoll bearbeitetes Stück Eichenholz in Bewegung gesetzt. Jimmy schaute über die Schulter zu ihm und einem weiteren Mann im weißen Overall, der sich ein wenig im Hintergrund hielt.

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