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Monster

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Titel: Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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ansonsten unversehrt. Der Täter hatte sich nur am Gesicht ausgetobt. Die Augen … die Schnittwunden bildeten ein knallrotes Gittermuster, als hätte jemand eine exzessive Grillparty veranstaltet. Zwischen dem ganzen Blut waren Sommersprossen zu erkennen. Mein Magen begann sich umzudrehen.
    »Meine Güte«, sagte Lichter niedergeschlagen. »Ich hatte sie mir noch gar nicht angesehen.«
    »Sieht das für Sie aus wie ‘ne Schusswunde?«
    Lichter ging eilig zu einem Pult in der Ecke des Raumes, wühlte sich durch einen Stapel Papiere, nahm ein paar zusammengeheftete Seiten zur Hand und blätterte sie durch. »Hier steht’s auch … eine einzelne Verletzung des okzipitalen Craniums, das Projektil wurde noch nicht sichergestellt.«
    Er streifte sich Handschuhe über, ging zurück zur Bahre und drehte vorsichtig den Kopf der Toten ein wenig zur Seite. Dann bückte er sich und kniff die Augen zusammen. »Ah, hier. Sehen Sie.«
    Ein deutlich sichtbares dunkelrotes Loch an der Rückseite des Schädels. Am Rand leicht ausgefranst und schwarz verkrustet. Der Nacken übersäht mit kleinen schwarzen Punkten.
    »Pulverreste«, sagte Lichter. »Ich schiebe die Leichen zwar nur durch die Gegend, aber das deutet doch auf einen Schuss aus nächster Nähe hin, oder?« Mit einem weiteren traurigen Blick ließ er den Kopf vorsichtig los. »Vielleicht ist sie ja zuerst erschossen und danach mit dem Messer bearbeitet worden. Obwohl, so wie es aussieht, war es wohl eher ein Beil oder eine Machete - jedenfalls eine dicke Klinge, oder? Aber ich sollte besser den Mund halten. Für Meinungen sind hier ausschließlich die Leichenbeschauer zuständig.«
    »Wer ist der Leichenbeschauer heute Nacht?«
    »Dr. Patel. Er musste kurz weg, sollte aber demnächst mit erhellenden Erkenntnissen im Gepäck zurück sein.«
    Er wollte das Gesicht schon wieder zudecken, doch Milo griff nach dem Laken. »Erst erschossen und dann mit dem Messer so zugerichtet. Und das alles am Straßenrand vom Freeway.«
    »Berufen Sie sich dabei aber nicht auf mich«, sagte Lichter. »Mir ist es nicht erlaubt, Spekulationen anzustellen.«
    »Klingt aber gar nicht so unwahrscheinlich. Jetzt brauchen wir nur noch herauszufinden, wer sie ist.«
    »Ach, das wissen wir schon«, sagte Lichter. »Sie haben ihr noch am Tatort Fingerabdrücke genommen, die Finger waren ja noch in Ordnung. Detective Whitworth hat gemeint, der Computer hätte nicht mal ‘ne Minute gebraucht, bis er ihren Namen ausgespuckt hatte - einen Moment.«
    Er lief zurück zu dem Schreibpult und zog ein paar weitere Seiten hervor. »Sie war schon in der Kartei … wegen Drogen, wenn ich mich recht erinnere … genau, da haben wir’s. Hedy Lynn Haupt, weiblich, weiß, sechsundzwanzig … vor zwei Jahren verhaftet worden wegen B.K. 11351.5- das ist Besitz von Kokain zum Eigenbedarf oder Weiterverkauf, stimmt’s? Ich weiß es deshalb, weil wir hier jede Menge von denen reinbekommen. Eine Adresse habe ich hier auch.«
    Mit drei Schritten stand Milo neben ihm und nahm ihm die Papiere aus der Hand.
    »Hedy Haupt«, sagte ich und beugte mich vor, um das Gesicht näher zu betrachten.
    Ich ging nahe heran, bis ich nur noch Zentimeter von dem geschundenen Fleisch entfernt war. Ich nahm den süßlichen Kupfergeruch des Blutes wahr, den Schwefelgeruch der entströmenden Gase und noch etwas anderes. Etwas Leichtes, Blumiges - ein Parfüm.
    Die Haut hatte diese einzigartige graugrüne Färbung. Jedenfalls an den Stellen, wo sie nicht vom Blut rostrot war.
    Der Großteil des Kopfes hatte sich in etwas jenseits aller Vorstellungskraft verwandelt: der Mund rot verschmiert wie nach einem Kuss mit Lippenstift aus Blut, die Oberlippe diagonal gespalten. Dennoch ließ die Gesamtheit des Kopfes noch eine Form erkennen. Eine Form, die mir bekannt erschien … Sommersprossen auf Stirn und Nase.
    Vorsichtig zog ich das Laken zurück. Eine karierte Bluse. Blue Jeans. Selbst im Tode wirkte der Körper straff und sportlich. Aus der Brusttasche der Bluse ragte etwas heraus. Eine Schleife aus weißem Gummiband. Ein Haarband.
    »Ich glaube, ich weiß, wer das ist«, sagte ich.
    Milo wirbelte zu mir herum.
    Ich sagte »Hedy Haupt, Heidi Ott. Das Alter passt, die Haarfarbe, die Körpergröße - sieh dir mal das Kinn an. Diese energische Linie. Ich bin ganz sicher. Sie ist es.«
    Milo stand Wange an Wange neben mir. Der Geruch von Schweiß und Zigarren wehte zu mir herüber.
    »O Mann«, sagte er. »Ist das noch eine aus der

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