Monster
unvermittelt rechts ranfuhr - nicht die gelbe Corvette, sondern ein größerer Wagen, in dem drei Leute Platz hatten.
Crimmins und Peake. Und Heidi.
Hatten sie sie entführt? Oder war sie freiwillig mitgekommen?
Das Drogenvergehen.
Ich dachte an das Treffen mit ihr im Plummer Park.
Mein Mitbewohner schläft gerade, sonst könnten wir zu mir gehen.
Wem würden wir wohl in dem Haus am Orange Grove begegnen? Jemandem, der noch am Leben war? Oder …
Wieder musste ich an den Mord auf dem Freeway denken. Heidi, wie sie aus dem Wagen steigt, vollkommen überrascht ist und Crimmins fragt, was denn los ist. Oder konnte sie sich vielleicht gar nicht bewegen? Weil sie gefesselt und geknebelt war: Und starr vor Angst und Entsetzen.
Peake.
Das Messer in der Hand. Wie auf Befehl. Kamera. Action. Schnitt.
Als ich in den zivilen Streifenwagen einstieg, stellten meine Gedärme wildeste Verrenkungen an. Milo ließ den Motor an, rauschte über den Parkplatz und bog links auf die Mission ein. Mit Vollgas rasten wir davon.
Orange Grove ließ durch nichts erkennen, dass hier jemals Zitrusfrüchte gediehen waren. Im Gegensatz zu dem, was der Name verhieß, handelte es sich nur um eine x-beliebige Straße in L.A. mit kleinen, unauffälligen Häusern.
Das Haus, zu dem wir wollten, lag hinter einer ungeschnittenen Ficushecke, doch die grüne Wand reichte nicht ganz bis zu der asphaltierten Auffahrt, also hatten wir einen unverstellten Blick auf die Garage. Kein Auto zu sehen. Milo fuhr knapp dreißig Meter weiter, stellte den Wagen ab, und wir gingen zu Fuß zurück. Ich wartete am Straßenrand, während er sich, die Pistole in der Hand, die Auffahrt hinaufschlich und von der Garage aus zur Rückseite des holzverkleideten Bungalows vordrang. Selbst in der Dunkelheit ließ sich erkennen, dass die Farbe an manchen Stellen schon abgeblättert war. Zwischen dem Haus und der Ficushecke lag ein etwa handtuchgroßes ausgetrocknetes Stück Rasen. Die Veranda an der Vorderseite war eingesackt.
Milo kam zurück. Die Pistole hielt er immer noch in der Hand. Er atmete schwer. »Sieht aus, als war’ niemand drin. Die Hintertür ist ein Kinderspiel. Ich gehe rein. Du bleibst hier, bis ich dir Bescheid sage.«
Es vergingen weitere fünf Minuten. Zehn. Zwölf. Ich beobachtete so lange, wie seine kleine Taschenlampe hinter den zugezogenen Jalousien auf und ab tanzte. Schließlich ging die Vordertür auf, und er winkte mich herein.
Milo hatte sich schon Gummihandschuhe übergestreift. Ich folgte ihm, und wir gingen einmal durch das ganze Haus. Er knipste das Licht an, und es wurde deutlich, wie armselig die Bude war. Fünf kleine, schäbige Zimmer einschließlich eines winzigen Badezimmers. Schmutzige gelbe Wände; die Jalousien waren aus knittrigem grauem Wachspapier und an manchen Stellen mit Klebeband geflickt.
Farblose Mietmöbel.
Jedenfalls da, wo Platz war. Ansonsten war der Bungalow voll gestellt mit ziemlich neu aussehenden Pappkartons, die meisten davon noch zugeklebt und mit Aufklebern wie ZERBRECHLICH, HIER ÖFFNEN, NICHT STÜRZEN versehen. Haufenweise Kartons mit Fernsehgeräten, Videoausrüstungen, Kameras, PCs, Cassetten, CDs, Computerdisketten, Geschirr, Besteck, kleinen Küchengeräten. Stapelweise Videocassetten und Fuji-Filme. Genug Filmmaterial, um tausend Geburtstagsfeiern festzuhalten.
In der Ecke des größeren Schlafzimmers stand eingeklemmt zwischen der Wand und einer Matratze ein Stapel mit kleineren Schachteln. Den Aufklebern zufolge Sony-Walkmen. Genau die Gleichen wie der, mit dem Heidi Peake aufgenommen hatte.
»Die Filmausrüstungen sind in der Garage«, sagte Milo. »Kamerawagen, Stative, Scheinwerfer und jede Menge Gerumpel, von dem ich keine Ahnung habe, was es ist. Fast bis unter die Decke gestapelt. Sägen hab ich nirgendwo gesehen, kann aber sein, dass sie irgendwo unter dem ganzen Zeug stecken. Da brauchen wir eine komplette Mannschaft, um alles zu sortieren.«
»Sie war seine Komplizin«, sagte ich.
Milo erwiderte nichts. Er war mittlerweile im Badezimmer. Ich hörte, wie Schubladen aufgezogen wurden, und als ich zur Tür kam, sah ich, wie er etwas aus dem Schränkchen unter dem Waschbecken herausnahm.
Ein weißer, glänzender Schuhkarton. Einige weitere von der gleichen Sorte waren neben dem Abflussrohr aufgestapelt.
Milo hob den Deckel. Reihenweise weiße Plastikfläschchen, wie Eier in Styropor verpackt. Er zog eine heraus. »Phenobarbital.«
Sämtliche Fläschchen in dem Karton trugen das
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