Monster
Schauspieltruppe?«
»Weißt du noch, was der große Chet uns zugerufen hat?«, sagte ich. »Sowohl im Klassenzimmer als auch auf dem Hof? »Cherchez la femme.< Sucht die Frau. Vielleicht wollte er uns etwas sagen. Vielleicht sollte man manchmal doch drauf hören, was Irre zu sagen haben.«
36
Milo wollte die Leiche eingehender untersuchen und die Berichte in allen Einzelheiten durchgehen. Ich ging nach draußen, wo ich mir im Wartebereich gegenüber des Autopsieraumes eine Tasse siedend heißen Kaffee von grauenhafter Qualität aus dem Automaten zog. Auf meinen Magen hatte der Kaffee keine sonderlich versöhnende Wirkung, doch wenigstens verzog sich die Kälte, die mir in die Beine gekrochen war.
Ich saß da und dachte über Heidi nach, die auf der Interstate 5 regelrecht hingerichtet und dann verstümmelt worden war.
Alle, die mit Peake und Crimmins zu tun hatten, wurden irgendwann abgeladen wie Müll. Das Ganze stank förmlich nach einer unvorstellbaren Bösartigkeit.
Monster.
Nein, doch nicht. Sicher, Peake lief unter dieser Bezeichnung, aber trotzdem waren es Menschen. Am Ende waren es immer Menschen, die irgendwelche Gräueltaten vollbrachten.
Ich hörte rasche, energische Schritte und hob den Kopf. Ein überaus gepflegter Inder, etwa Mitte vierzig, ging wortlos an mir vorbei und betrat den Autopsieraum. Dr. Patel, so vermutete ich und suchte mir ein Münztelefon, um Robin anzurufen. Ich erreichte nur den Anrufbeantworter. Sie schlief also schon.
Gut so. Ich erzählte dem Apparat, dass ich in ein paar Stunden zu Hause sein würde und sie sich keine Sorgen machen sollte. Dann trank ich den Kaffee aus, der mittlerweile zwar nicht mehr ganz so heiß war, aber immer noch schmeckte wie geröstete Pappe in Zichoriensoße.
Heidi war also wegen Drogen auffällig geworden. Das gab dem Ganzen eine völlig neue Richtung.
Die Tür schwang auf, und Milo kam herausgestürmt, wobei er sich die Stirn wischte und mit einem Blatt herumwedelte, das voll geschrieben war in seiner gehetzten, verkrampften Handschrift. Der Kopf der Seite zeigte die Umrisszeichnung einer Leiche. Offenbar gab es sogar für Leichenbeschauer spezielles Briefpapier.
»Heidis Adresse«, sagte er. »Nichts wie hin.«
»Wo wohnt sie?«, fragte ich.
»In West Hollywood, im dreizehnhunderter Block von Orang Grove.«
»Ganz in der Nähe vom Plummer Park, wo wir uns mit ihr getroffen haben.«
»Ganz in der Nähe von meiner Wohnung.« Er hämmerte auf den Fahrstuhlknopf ein. »Komm schon, komm schon, komm schon.«
»Wer ist zuständig?«, fragte ich. »Der Sheriff oder die Highway Patrol?«
»Was den Mord angeht, die Highway Patrol«, sagte er. »Ich habe Whitworth am Tatort erreicht. Er meinte, wir sollten uns ruhig in ihrer Wohnung umsehen. Er bleibt an Ort und Stelle, um sicherzugehen, dass sie auch ja alle Spuren und Hinweise einsammeln, bevor der Verkehr dichter wird.«
»Sie haben sie tatsächlich am Straßenrand vom Freeway erschossen und so zugerichtet?«
»Auf der Ausfahrt. Die macht einen ziemlich weiten Bogen, ist nicht beleuchtet und bietet deshalb reichlich Deckung.«
»Crimmins kennt die Straße vermutlich ziemlich gut«, sagte ich. »Schließlich ist er ja in Treadway aufgewachsen. Trotzdem war es eine riskante Aktion. So unter freiem Himmel.«
»Vielleicht fängt er an, nachlässig zu werden - vielleicht die ersten Auflösungserscheinungen, von denen du gesprochen hast. Peakes Massaker war ja nicht gerade durchdacht. Er hat blutige Fußabdrücke hinterlassen. Vielleicht dreht Crimmins jetzt auch ab.«
Der Aufzug kam, und Milo stürmte hinein.
»Hatte der Leichenbeschauer irgendwelche neuen Erkenntnisse?«, sagte ich.
»Die Kugel ist noch in ihrem Kopf, und er versucht sie rauszukriegen. Soll ich dich jetzt endlich nach Hause fahren?«
»Auf keinen Fall.«
»Du siehst ziemlich fertig aus.«
»Du bist auch nicht gerade das blühende Leben.«
Als Antwort kam ein schlecht gelauntes, trockenes Lachen.
Sobald wir das Leichenschauhaus verließen, wurden wir wieder eingehüllt von der warmen, abgasgeschwängerten Luft von L.A. Krankenwagen rauschten mit Blaulicht und Sirene vom oder auf das Gelände des Country General. Von der Brücke über uns drang das an- und abschwellende Pfeifen und Zischen sich nähernder und wieder entfernender Autos. Ein paar Meilen weiter nördlich war der Highway so still und verlassen, dass man in aller Ruhe jemanden am Straßenrand umbringen konnte.
Ich stellte mir vor, wie der Wagen
Weitere Kostenlose Bücher