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Monster

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Titel: Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Schritt zu einem Wagnis wurde.
    Zwölf Schritte. Milo blieb erneut stehen. Etwas ragte hinter einem Felsen hervor. Rechteckig, breit, metallisch.
    Das Heck eines Wagens. Vom anderen Ende der Granitwand ertönte ein Knacken und Sirren. Gemurmel. Lachen.
    Wir schoben uns an die Reifen des Wagens heran. Kauerten uns hin und atmeten vorsichtig durch.
    Chrombuchstaben: Ford. Explorer. Schwarz oder dunkelblau. Die hintere Stoßstange von Sand aufgeraut. Kein Nummernschild. Ein teilweise abgerissener Aufkleber an der Stoßstange befahl: »Lass dich gelegentlich zu Akten der Nächstenliebe hinreißen.«
    Der Wagen ragte zu einem Drittel zwischen den Felsen heraus, der Rest war verdeckt. Milo richtete sich auf und spähte durch die Heckscheibe hinein. Er schüttelte den Kopf: Getönt. Er ging wieder in die Knie, packte das Gewehr mit beiden Händen und schlich sich an der Fahrerseite des Explorer entla! Er wartete. Das Gewehr auf irgendetwas vor ihm gerichtet, was immer da auch sein mochte.
    Ich folgte ihm und presste mich neben ihm mit dem Rüc an den Geländewagen.
    Von hier aus konnte man das Felsenrund wenigstens teilweise einsehen. An Licht herrschte jedenfalls kein Mangel. Ein Scheinwerfer, der auf einem Stativ montiert war, erhellte die Szenerie. Ein orangefarbenes Verlängerungskabel verband die Lampe mit einem grauen Batteriepack. Der Lichtkegel des Scheinwerfers war nach unten gerichtet und beleuchtete den Boden in einigem Abstand von den fünf Meter hohen Felswänden, die die Bühne markierten.
    Eine Bühne von zwölf Metern Breite, nahezu kreisförmig. Grauer Sandboden, eingerahmt von hoch aufragenden Felswänden.
    Ein natürliches Amphitheater. Derrick Crimmins hatte es vermutlich in seiner Jugend entdeckt, als er mit seinem Bruder durch die Gegend gefahren war, auf der Suche nach Plätzen, wo sie ungestört irgendwelche üblen Spielchen treiben konnten.
    In der guten alten Zeit, als er Bühnenbilder für seine Stiefmutter entworfen und seine Vorliebe für Inszenierungen entwickelt hatte.
    Heute Nacht hatte er sich dem Minimalismus verschrieben. Die Bühne war leer bis auf den Scheinwerfer, einen Angelkoffer und mehrere Videokassetten, die am Rande lagen, sowie drei Klappstühle aus weißem Plastik.
    Der Linke der Stühle stand etwa sieben Meter von den anderen beiden entfernt. Darauf saß ein junges braunhäutiges Mädchen mit einem Durchschnittsgesicht. Ihre Arme und Beine waren mit einem dicken Seil gefesselt. Ihr dunkles Haar war zu Rattenschwänzen zusammengebunden, und sie trug nichts weiter als einen rosafarbenen Babydoll. Ihre Wangen waren rosa gepudert wie bei einer Porzellanpuppe, auf den starren Mund war roter Lippenstift aufgetragen. Ein breiter Ledergürtel, mit dem sie auf dem Stuhl festgezurrt war, schnürte ihr die Taille ein und drückte ihren Brustkorb nach vorne. Erst auf den zweiten Blick fiel mir auf, dass es kein normaler Gürtel war, sondern ein Fixierungsgurt, wie er auch in Starkweather benutzt wurde.
    Ihr Kopf war nach rechts gekippt. Ihr Gesicht und die Brust waren übersät mit blauen Flecken. Ein Rinnsal getrockneten Blutes zog sich von der Nase bis zum Kinn. In ihrem Mund steckte ein glänzend roter Gummiball und verzerrte ihr Gesicht zu einer Ekel erregenden Karikatur eines freudig überraschten Gesichtsausdruckes. Im völligen Kontrast dazu standen ihre Augen: weit aufgerissen, starr und wahnsinnig vor Entsetzen.
    Sie blickte starr geradeaus, als wollte sie nicht mit ansehen, was zu ihrer Linken vor sich ging.
    Auf dem zweiten Stuhl war eine weitere Frau festgebunden. Sie war mittleren Alters und trug ein blassgrünes Hauskleid, das in der Mitte zerrissen war. Der Riss war noch frisch, der Stoff an den Rändern ausgefranst, darunter war weiße Unterwäsche zu sehen, schlaffe bleiche Haut und blaue Venen. Sie hatte rotbraunes Haar. Wie das dunkelhäutige Mädchen war auch sie mit blauen Flecken und Kratzern übersät. Eines ihrer Augen war purpurrot und zugeschwollen. Auch in ihrem Mund steckte ein roter Ball.
    Das andere Auge war zwar unversehrt, aber ebenfalls geschlossen.
    Die Pistole, die gegen ihre linke Schläfe gedrückt wurde, war klein, kantig und verchromt.
    Neben ihr, auf dem rechten Stuhl, saß Ardis Peake, der die Waffe in der Hand hielt. Von unserem Beobachtungspunkt aus konnten wir ihn nur zur Hälfte sehen. Seine langen weißen Finger krümmten sich um den Abzug. Er trug seine Starkweatheruniform und weiße Turnschuhe, die brandneu aussahen. Jedenfalls waren sie

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