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Monster

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Titel: Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Fähigkeiten von Menschen unter verschiedenen Graden von Alkoholeinfluss zu messen. An Versuchsobjekten herrschte kein Mangel: Das County Hospital war das Behandlungszentrum für Alkoholkranke im Endstadium, die die Notaufnahme als ihre Privatklinik betrachteten. Die dort arbeitenden Ärzte bezeichneten sie als Ramnos - Raus Aus meiner Notaufnahme.
    Ihre Ergebnisse waren immer gleich: Alkohol verursacht Lahmarschigkeit. Statistisch untermauert, aber kaum tiefschürfend. Viele Akademiker hielten sich mit derartigen Studien über Wasser und ihre Karriere am Laufen, ohne damit großes Aufsehen zu erregen. Vielleicht war sie es ja wirklich leid, bei dem Spielchen um die Vergabe von Fördermitteln weiter mitzumachen.
    Interessant war eine Tatsache: Sie hatte immer allein publiziert - unüblich in der medizinischen Forschung, wo Professoren dazu neigten, ihre Namen auf alles zu kleistern, was ihre Schützlinge produzierten.
    Vielleicht war Myron Theobold aber mit einer gewissen Integrität ausgestattet.
    Und hatte Ciaire in Ruhe arbeiten lassen.
    Ciaire, die von Anfang an als Einzelkämpfer gearbeitet hatte.
    Ein ungenutztes Leben.
    In der letzten Zeit waren diverse Bücher auf die Bestsellerlisten gelangt, die in lauten Tönen eine »Neue Nüchternheit« priesen. Ich fragte mich, ob die damit zu Reichtum gekommenen Autoren wohl auch praktizierten, was sie predigten.
    Dieses Haus wirkte jedoch nicht nüchtern-asketisch, sondern leer, leblos und nichtig.
    Wir verließen das Büro und gingen ins Bad. Shampoo, Seife, Zahnpasta, Vitaminpillen, Binden. Schmerztabletten. Keine Antibabypillen, kein Diaphragma. Auf dem Badewannenrand keinerlei Schnickschnack, wie ihn sich allein lebende Frauen manchmal gönnen - Badeperlen, Schaumbad, Badeschwamm, alles Fehlanzeige. Auf den Kacheln waren bernsteinfarbene Streifen.
    Milo sagte: »Luminol. Keinerlei Blutspuren im Bad oder dem Abfluss. Kein Sperma auf den Handtüchern und den Bettlaken. Lediglich Schweiß, und der passt zu Claires Blutgruppe.«
    Ich überlegte, ob wohl jemals jemand außer Ciaire einen Fuß in dieses Haus gesetzt hatte, und dachte an die Arbeitsweise, die sich sich angewöhnt hatte. Fünf Jahre hatte sie mit Säufern verbracht, sechs Monate mit gefährlichen Psychotikern. Vielleicht hatte sie nach einem ganzen Tag im Strudel von Wahnvorstellungen und Hirngespinsten abends einfach das dringende Bedürfnis nach Ruhe und Stille - einer Art Zen, die sie sich selbst zurechtgelegt hatte.
    Doch das erklärte nicht das Fehlen von Briefen, Schnappschüssen von den Eltern, Onkeln oder Tanten oder Ähnlichem. Irgendetwas, das auf einen wie auch immer gearteten menschlichen Kontakt hindeutete.
    Ich hielt mir vor Augen, was Ciaire gehütet hatte: ihre Bücher und ihre Aufsätze.
    Vielleicht hatte ihr die Arbeit ja alles bedeutet, und sie war zufrieden gewesen.
    Dennoch hatte sie von heute auf morgen ihren alten Job an den Nagel gehängt, auf Fördergelder verzichtet und trockene, aber solide Wissenschaft eingetauscht gegen die Gelegenheit, psychotische Killer in der Kunst alltäglicher Verrichtungen zu unterweisen.
    Zu welchem Zweck?
    Wenn sie die Nase voll hatte von dem Veröffentlichungszwang der akademischen Zunft, hätte sie genauso gut eine Privatpraxis aufmachen können. Neuropsychologen waren bestens bezahlt und sehr gefragt - sie konnten für Gerichte und Anwälte arbeiten, Gutachten in Schadensersatzprozessen erstellen, die offiziellen Honorarsätze ignorieren und trotzdem noch fünf- bis zehnmal soviel verdienen wie in Starkweather.
    Selbst wenn Geld für sie nicht wichtig war, was war mit der Zufriedenheit im Beruf? Warum hatte sie es auf sich genommen, Tag für Tag, Schicht für Schicht in diesem elenden grauen Gebäude anzutreten? Ganz zu schweigen von der Fahrt - Tag für Tag durch diese Mondlandschaft.
    Es musste noch einen anderen Grund für diese Selbstdegradierung geben, denn etwas anderes schien es mir nicht zu sein.
    Es schien fast wie ein Akt der Selbstbestrafung. Wofür?
    Oder war sie vor etwas geflohen? Und hatte dieses Etwas sie eingeholt?

7
    Es war kurz nach zwei Uhr nachmittags, als wir aus dem Haus traten. Hinaus in die frische Luft voller Leben.
    Milo fuhr über Laurel Canyon in südliche Richtung bis zum Sunset und bog auf dem Strip nach Westen ab. Ein Unfall auf der Höhe von Holloway und die übliche Schar leichengeiler Gaffer hielt uns auf, und so war es schon kurz vor drei, als wir auf dem Weg nach Beverly Glen durch Beverly Hills fuhren. Weder

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