Monster

wirres Gerede war. Obwohl, warum sollte er plötzlich darüber irgendwas erzählen, wo er sonst doch nie ein Wort geredet hat? Also machte ich mir Gedanken und wusste nicht, was ich tun sollte, bis ich Sie gestern gesehen habe und ich mir dachte, dass ich Sie anrufen sollte. Und jetzt erzählen Sie mir, dass tatsächlich was mit ihren Augen passiert ist.«
    Sie atmete aus und leckte sich wieder die Lippen.
    Milo sagte: »Das habe ich nicht gesagt, Ma’am. Ich habe gefragt, warum Sie sich für Dr. Argents Augen interessieren.«
    »Oh.« Sie sackte förmlich in sich zusammen und ging in die Hocke. »Okay, dann hab ich wohl unnötigerweise die Pferde scheu gemacht. Tut mir Leid, dass Sie meinetwegen Ihre Zeit verschwendet haben.« Sie wollte wieder aufstehen, doch Milo legte ihr seine massige Hand auf den Unterarm.
    »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, Miss Ott. Sie haben völlig richtig gehandelt.« Wieder wurde der Notizblock gezückt. »Wie lautet der Name des Patienten?«
    »Sie wollen dem wirklich nachgehen? Hören Sie, ich will keinen Wirbel machen -«
    »Im Augenblick kann ich mir nicht erlauben, auch nur die geringste Kleinigkeit außer Acht zu lassen«, sagte Milo.
    »Oh.« Sie pulte ein Stück Rinde von dem Baumstamm und musterte ihren Fingernagel. »Die Anstaltsleitung schätzt Publicity überhaupt nicht. Einen Orden werde ich mir hiermit jedenfalls nicht verdienen.«
    »Was ist das Problem mit Publicity?«
    »Mr. Swig hält an der These fest, wonach keine Nachrichten gute Nachrichten sind. Die Finanzierung von Starkweather ist abhängig von Politikern, und unsere Patienten genießen allgemein keine allzu großen Sympathien, folglich gilt, je weniger von uns an die Öffentlichkeit dringt, desto geringer sind die Einschnitte im Etat.« Sie schnippte ein Stückchen Rinde unter ihrem Fingernagel weg. Ihre schlanken Finger zwirbelten erneut an ihrem Pferdeschwanz herum. Sie zuckte mit den Achseln. »Na ja, jetzt, wo ich die Klappe aufgemacht habe, ist es auch egal, ich wollte eh weg von Starkweather. Ich hatte es mir sowieso anders vorgestellt.«
    »Inwiefern?«
    »Tag für Tag der gleiche Trott. Nicht die geringste Abwechslung. Im Grunde genommen bin ich nichts weiter als ein Babysitter für erwachsene Männer. Ich wollte eigentlich mehr im klinischen Bereich arbeiten, um dann noch mal ans College zu gehen und Psychologin zu werden. Ich dachte, in Starkweather könnte ich noch was lernen.«
    »Dr. Delaware ist Psychologe.«
    »Das dachte ich mir schon«, sagte sie und lächelte mich an. »Als Hatterson sagte, Sie wären ein Doktor. Sie würden ja wohl kaum mit einem Chirurgen im Schlepptau durch die Stationen laufen, oder?«
    »Dieser Patient«, sagte ich. »Gibt es einen speziellen Grund, warum er sich für Dr. Argent interessieren könnte?«
    »Eigentlich nicht. Außer, weil sie mit ihm arbeitete. Ich habe ihr dabei geholfen. Wir haben versucht, seine verbale Artikulation zu steigern, beziehungsweise ihn dazu zu bewegen, mehr auf seine Umgebung einzugehen.«
    »Verhaltensmodifikation?«, sagte ich.
    »Das war unsere Hoffnung - durch irgendein System von Belohnungen und Anerkennung. Aber so weit kam es nicht. Im Grunde genommen hat sie nur auf ihn eingeredet und versucht, ihn zu einer Reaktion zu bewegen. Sie hat mich auch angewiesen, mehr Zeit mit ihm zu verbringen, damit er aus seiner Isolation herauskommt. Ansonsten hat sich ja niemand um ihn gekümmert.«
    »Warum?«
    »Wahrscheinlich, weil niemand Lust dazu hatte. Er ist schwierig … hat ein paar Eigenheiten, die es ihm und anderen schwer machen. Er gibt seltsame Geräusche von sich, wenn er schläft, mag nicht baden oder duschen. Er isst Käfer und Fliegen, wenn er welche findet, und Müll vom Boden. Und das sind noch die harmloseren Sachen. Deswegen ist er auch alleine in einem Zimmer. Selbst in Starkweather ist er noch ein Außenseiter.«
    »Aber Ciaire dachte, dass man bei ihm etwas erreichen könnte«, sagte ich.
    »Das nehme ich an«, sagte sie. »Zu mir hat sie gesagt, er wäre eine Herausforderung, eine Aufgabe. Und er hat in der Tat auf ihre Anstrengungen reagiert - in den letzten Wochen habe ich ihn dahin gebracht, dass er zumindest manchmal aufmerksam wurde oder nickte, wenn ich ihm Fragen stellte, die er mit Ja oder Nein beantworten konnte. Allerdings keine ganzen Sätze. Nichts, was auch nur annähernd an das heranreichte, was er in dieser Nacht herausgebracht hat.«
    »>Dr. A. - Augen futsch, Kiste zu.<«
    Sie nickte. »Aber woher