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Monster

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Titel: Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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gedämpfte Stimmung, Apathie und Konzentrationsschwäche - werden davon gewöhnlich nicht berührt. Drogen können auch nicht wiederbringen, was ohnehin nicht vorhanden ist. Peake ist ein extremer Fall, weil es bei ihm schon von Anfang an um den Intellekt nicht allzu gut bestellt war. Seine tardiven Symptome sind außerdem besonders schwerwiegend. Obwohl er gar nicht so viel Thorazin bekommt. Dollard hat zwar erzählt, dass in Starkweather hoch dosiert wird, aber mit fünfhundert Milligramm liegt Peake noch innerhalb der empfohlenen Menge. Gut möglich, dass sie ihn deswegen nicht so hoch dosieren, weil sein Verhalten kaum zu beanstanden ist. Wenn man von Verhalten überhaupt reden kann. Psychologisch betrachtet, ist er schon weggetaucht.«
    Milo nahm die Zigarre aus dem Mund, hielt sie zwischen den Spitzen seiner Zeigefinger wie eine Brücke und stieß einen Seufzer aus. »Wenn man bei Peake das Thorazin absetzen würde, wäre er dann in der Lage zu reden?«
    »Möglich ist es. Kann aber auch sein, dass er dann völlig aus dem Leim geht oder wieder gewalttätig wird. Du darfst nicht vergessen, dass er ja auch unter Thorazin stand, als er mit Heidi geredet hat. Also ist er sehr wohl in der Lage, sich auch unter Medikamenteneinfluss sprachlich zu äußern. Nimmst du dieses Zeug von wegen >Deckel zu< immer noch ernst?«
    »Nein … vermutlich liegt’s daran, dass mir die Sache mit den Augen immer noch im Kopf rumspukt. Hey, vielleicht bin ich es ja, der die Wahnvorstellungen hat, und Peake ist in Wirklichkeit ein Prophet. Wäre doch möglich.«
    »Soweit wir wissen, hat Ciaire versucht, mit ihm über seine Tat zu sprechen und dabei irgendwelche Erinnerungen ausgelöst. >Deckel zu< kann sich auch auf seine eigene Inhaftierung beziehen. Oder irgendwas ganz anderes bedeuten. Oder überhaupt nichts.«
    »Okay, okay, das reicht mir jetzt«, sagte er und steckte seine Zigarre wieder ein. »Also werde ich mich wieder um die grundlegenden Angelegenheiten kümmern: Claires Finanzen überprüfen. Die von Stargill ebenso. Dann noch mal die Akte Richard Dada durchackern. Wäre zwar erst das hundertste Mal, aber vielleicht habe ich ja was übersehen. Und wenn’s dir terminlich passt, könntest du dich mal mit Dr. Theobold vom County unterhalten. Vielleicht hat ja wenigstens einer von uns Glück und zieht etwas an Land, das entfernte Ähnlichkeit mit Fakten hat.«
    Er grinste. »Und wenn nicht, gebe ich mich auch mit ein paar saftigen Wahnvorstellungen zufrieden.«

13
    Ich rief im Sekretariat von Dr. Theobold an und bekam einen Termin um Viertel nach zehn am nächsten Morgen. Um Viertel vor neun fuhr ich in meinem Wagen auf der Überholspur der Interstate 10 in Richtung Osten und versuchte, Ordnung in meine Gedanken zu bringen, während ich im Schneckentempo den Abgaswolken meiner Vorderleute bis zur Abzweigung nach San Bernadino folgte. Ein paar Ausfahrten weiter fuhr ich vom Highway herunter auf die Soto Street in East L.A., vorbei an der Leichenhalle des County, um schließlich in die Haupteinfahrt der dünengelben Metropolis einzubiegen, die gemeinhin als County General Hospital bezeichnet wurde.
    Angesichts der chronischen Arbeitsüberlastung und der Unterversorgung mit Mitteln ist die Existenz des County ein schieres Wunder: erstklassige medizinische Versorgung für diejenigen, die auf der untersten Sprosse der sozialen Leiter stehen, letzte Zuflucht für diejenigen, die die Hoffnung, den Mut und den Verstand verloren haben. Ich hatte einen Teil meines Klinikums hier absolviert und mehrere Seminare gehalten, doch es war mittlerweile zwei Jahre her, seit ich zum letzten Mal das Klinikgelände betreten hatte. Man kam sich vor wie in einer anderen Welt, in der sich nichts veränderte - die massiven, aber dennoch gemütlich wirkenden Gebäude, die überall verstreut herumstanden, das ständige Hin und Her von Menschen in Uniform, der hinkende Marsch der Kranken.
    Das Sekretariat von Dr. Theobold war nicht viel größer als Peakes Zelle. Die Wände waren vollgestellt mit grauen Aktenschränken aus Metall. Am Griff einer der Schubladen hing ein Garfield aus Plüsch. Der Stuhl hinter dem Schreibtisch war leer und mit einem Zettel mit der Aufschrift versehen »Bin in 15 Minuten zurück.«
    Theobold hatte wohl gehört, dass ich hereinkam, denn er steckte den Kopf durch die hintere Verbindungstür. »Dr. Delaware? Kommen Sie rein.«
    Vor ein paar Jahren war ich ihm schon einmal begegnet, und seitdem hatte er sich nicht viel

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