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Monster

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Titel: Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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von Stunden damit zugebracht, an meinem >hmm< zu arbeiten, doch dann stellte ich fest, dass ich dafür nicht geschaffen war. Meines Erachtens ist niemand dafür geschaffen, außer vielleicht Woody Allen, und der macht ja wohl auch keinen besonders glücklichen Eindruck. Jedenfalls habe ich es dann sein lassen und mit dem Schwerpunkt Biochemie an der USC promoviert. Ich bin sicher, dass dieser Wechsel unter psychodynamischen Aspekten irgendwas aussagt, aber ich verschwende lieber keine Zeit darauf herauszufinden, was es ist. Insofern fühlte ich mich Ciaire auch verbunden, sie schien mir so ähnlich - streng wissenschaftliche Vorgehensweise, orientiert an der Realität und handfesten Fakten - sie wusste, was sie wollte. Und trotzdem muss sie hier schrecklich unglücklich gewesen sein.«
    »Warum sagen Sie das?«
    »Weil sie hier weggegangen ist, um in einem solchen Laden zu arbeiten. Sind Sie schon mal da gewesen?«
    »Gestern.«
    »Wie ist es?«
    »Hochgradig durchorganisiert. Hochdosierte Medikation in allen Fällen.«
    »Schöne neue Welt«, sagte er. »Ich verstehe einfach nicht, was Ciaire daran gereizt hat.«
    »Vielleicht wollte sie unbedingt klinische Arbeit leisten.«
    »Unfug«, schnappte er. Doch sofort lächelte er entschuldigend. »Was ich sagen will, ist, dass sie, wenn sie klinisch hätte arbeiten wollen, sie das auch hätte hier tun können. Denn daran gibt es nun wirklich keinen Mangel. Nein, es muss etwas anderes gewesen sein. Irgendwas, das mir entgangen ist.«
    »Könnte ich mich mit ihren Kollegen unterhalten?«, sagte ich.
    »Aber sicher. Walter Yee kannte sie gar nicht, und Shashi Lakshman, glaube ich, auch nicht - das ist der Pharmakologe. Er hat ein eigenes Labor in einem separaten Gebäude. Aber vielleicht hatte sie mit den anderen beiden zu tun - Mary Hertzlinger und Andy Velman. Ich rufe trotzdem zuerst Shashi an.«
     
    Ein kurzer Anruf brachte die Bestätigung, dass Dr. Lakshman Ciaire nie begegnet war. Über die Treppe gelangten wir in das Labor im zweiten Stock, wo Dr. Hertzlinger und Dr. Velman an ihren Computern saßen.
    Die beiden Psychiater waren über dreißig. Sie trugen weiße Kittel. Mary Hertzlinger trug draunter ein braunes Kleid. Sie war dünn, hatte kurz geschnittenes platinblondes Haar, einen blassen Teint und fein gezeichnete, allerdings aufgesprungene Lippen. Andrew Velmans Kittel war zugeknöpft und ließ weiter nichts erkennen als einen schwarzen Hemdkragen und den strammen Knoten einer zitronengelben Krawatte. Er war klein und stämmig, hatte schwarzes, gewelltes Haar und einen goldenen Ohrstecker.
    Ich fragte sie nach Ciaire.
    Velman antwortete zuerst. Seine Stimme schien sich fast zu überschlagen. »Sie war wie eine Fremde. Ich bin jetzt seit zwei Jahren hier, und in der ganzen Zeit habe ich vielleicht zwanzig Sätze mit ihr gesprochen. Sie machte immer so einen beschäftigten Eindruck, als ob sie überhaupt keine Zeit hätte, sich näher mit einem zu befassen. Dazu kommt, dass ich in diesem Projekt mit der Durchführung der strukurierten klinischen Interviews befasst bin, während sie die neuropsychologischen Tests macht und wir deshalb nie mit dem gleichen Patienten zu tun haben.«
    »Hat sie gesagt, warum sie hier aufgehört hat und nach Starkweather gegangen ist?«
    »Nein«, sagte er. »Ich hatte davon noch nicht mal eine Ahnung, bis Mary mir davon erzählt hat.« Er schaute kurz zu Dr. Hertzlinger herüber, ebenso wie Theobold.
    Sie hielt sich mit einer Hand den Kittel zu und sagte: »Mir hat sie’s auch erst ein paar Tage bevor sie aufgehört hat erzählt.« Ihre Stimme war tief und weich. »Mein Büro lag einen Stock tiefer und war ziemlich klein. Sie hat mich gefragt, ob ich ihres möchte, daraufhin hab ich es mir angeschaut und Ja gesagt. Ich habe ihr noch geholfen, ein paar Kisten zu ihrem Wagen zu tragen. Sie sagte, ihre Förderung sei ausgelaufen, und sie hätte auch nicht versucht, sie zu erneuern. Sie hätte gerade eine Mitteilung an Dr. Theobold geschrieben.«
    Theobold sagte: »Hat Sie Ihnen gegenüber einen Grund erwähnt, Mary?«
    »Nein.«
    »In welcher Stimmung war sie, als sie es Ihnen gesagt hat«, fragte ich.
    »Ziemlich ruhig. Überhaupt nicht aufgeregt… ich würde sie ohnehin als ruhig und überlegt beschreiben. So, als hätte sie das Ganze schon eine Zeit lang geplant und ihren Frieden mit ihrer Entscheidung geschlossen.«
    »Es war einfach Zeit, mal was Neues zu machen«, sagte Velman.
    »Hatten Sie privat mit ihr zu tun?«, fragte ich

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