Monster
kümmern. Worum geht’s?«
»Nachdem Sie und er gegangen waren, musste ich einfach noch über Ciaire nachdenken, und ich habe mich gefragt, ob ich mich vielleicht geirrt hatte. Wegen diesem Satz, den sie zum Abschied gesagt hatte - >So viele Irre, so wenig Zeit.< Sie hatten mich gefragt, ob Ciaire erregt gewesen sei, als sie das sagte, und ich meinte nein, sie hätte sogar gelächelt. Aber je länger ich darüber nachdachte, desto mehr wurde mir klar, wie wenig diese Bemerkung zu Ciaire passte. Weil sie sonst nie Witze gemacht hatte. Normalerweise versuche ich es zu vermeiden, Leute zu analysieren, wenn ich nicht im Dienst bin, aber Sie wissen ja, wie das ist. Anomalien ziehen mich einfach an.«
»Mich auch. Berufskrankheit.«
Sie lachte leise. »Bei Anomalien muss ich allerdings auch immer an Angstzustände denken.«
»Sie glauben, dass der Wechsel der Arbeitsstelle bei Ciaire Angstzustände hervorrief?«
»Es ist reine Spekulation«, sagte sie. »Aber sie hat diesen Satz heruntergerasselt, als hätte sie ihn geübt. Ihn sich tausendmal aufgesagt. Weil - sehen wir den Tatsachen doch mal ins Auge - es wirklich ein seltsamer Schritt war. Claires Job war sicher. Theobold mochte sie. Einfach alles hinschmeißen, nur um in Starkweather anzufangen? Sie hat nie mit Patienten gearbeitet, von geisteskranken Mördern ganz zu schweigen. Das Ganze passt doch nicht zusammen.«
»Vielleicht wollte sie nach all den Jahren in der Forschung den direkten Kontakt zu Menschen, denen sie helfen konnte.«
»Aber warum dann ausgerechnet Starkweather? Wem wird denn da geholfen?«
»Sie glauben also, dass ihre Entscheidung ihr Angst gemacht hat, sie aber trotzdem dabei geblieben ist?«, fragte ich.
»Ja, aber das ergibt doch auch keinen Sinn, oder? Wenn sie deswegen nervös war, warum sollte sie es dann durchziehen? Ich wette, sie hätte einfach in Dr. Theobolds Büro marschieren können und ihm erklären, sie hätte ihre Meinung geändert, und er hätte sie sofort wieder genommen, ohne Fragen zu stellen. Ich habe versucht, mich an ihr Verhalten zu erinnern, als wir diese Kartons zusammengepackt und zu ihrem Wagen getragen haben. Worüber wir geredet haben. Viel ist mir nicht mehr eingefallen, aber eines dann doch: Sie hat erwähnt, dass sie noch Unterlagen in ihrem Büro gelassen hatte und sie später am Nachmittag vorbeikommen wollte, um sie abzuholen. Aber ich war den ganzen Tag da, und sie ist nicht zurückgekommen. Sie ist nie zurückgekommen. Also habe ich nachgesehen, und da standen tatsächlich noch zwei Kartons mit ihrem Namen drauf - ganz hinten in der Ecke. Die Deckel waren zugeklappt, aber nicht zugeklebt, also habe ich eine davon aufgemacht - ich hoffe, ich habe dadurch keine Spuren verwischt, oder so was?«
»Nein«, sagte ich. »Haben Sie irgendwas Interessantes gefunden?«
»Das meiste waren Zeitschriften. Claires eigene Publikationen und diverse Artikel zu ihren Studien über Alkoholismus. Aber dann war da noch eine Plastiktüte mit Zeitungsausschnitten. Beziehungsweise Fotokopien davon. Und als ich die las, war mir klar, dass ich Detective Sturgis anrufen musste. Es ging darin um einen Massenmord, der sich vor sechzehn Jahren ereignet hat -«
»Die Ardullo-Familie«, sagte ich. »Ardis Peake.«
Schweigen. »Dann wissen Sie aiso schon Bescheid.«
»Peake sitzt in Starkweather. Er war einer von Claires Patienten.«
»O mein … Also hat Ciaire sich schon für ihn interessiert, bevor sie dort hingegangen ist - vielleicht war er einer der Gründe, warum sie den Job überhaupt erst angenommen hat. Aber wieso?«
»Gute Frage«, sagte ich. »Wo sind die Zeitungsausschnitte jetzt?«
»Ich habe sie vor mir liegen - und ich werde sonst auch nichts anrühren. An den zweiten Karton habe ich mich nicht mal rangewagt. Sie können die Kartons hier abholen lassen. Bis acht Uhr ist jemand da. Ich selbst bin erst ab sieben wieder hier.«
»Danke«, sagte ich. »Und danke für Ihren Anruf. Sobald ich Detective Sturgis erreichen kann, sage ich ihm Bescheid.«
»Dieser Peake«, sagte sie. »Ist er immer noch dort in Haft?«
»Ja.«
»Dann kann er es ja nicht gewesen sein«, sagte sie erleichtert. »Ich habe einige von den Ausschnitten gelesen. Was er getan hat… Na ja, das war’s dann.«
»Eine Frage noch«, sagte ich. »Hat Ciaire je erwähnt, dass sie fanatische Kinogängerin war?«
»Nicht dass ich wüsste. Warum?«
»Man hat uns erzählt, dass das Claires Hauptbeschäftigung in ihrer Freizeit war.«
»Das
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