Monströs (German Edition)
einen Kaffee«, sagte er zur Begrüßung.
Ram hatte keine Ahnung, wer der Mann war oder warum er ihn und Paul gefunden hatte.
»Was ist mit Paul? Er schläft. Ist er in Ordnung?«, fragte Ram.
Der Mann zuckte mit den Schultern.
»Kein Ahnung. Ich bin kein Arzt. In dem Moment, als wir euch gefunden haben, hast du das Bewusstsein verloren. Der Junge hat wie wild getobt und nach seinem Vater geschrien. Ich hab ihn gehalten und irgendwann geschüttelt. Doch er hat immer stärker geschrieben. Dann, ich weiß nicht genau, wie lange es gedauert hat, ist auch er ohnmächtig geworden. Mein Sohn und ich haben euch dann auf dem Transportschlitten hier heraufgezogen. War ganz schön anstrengend.«
»Danke«, sagte Ram, weil er wusste, dass der Mann wert darauf legte, es zu hören. »Aber was ist mit der Bahn. Die hätte uns doch auch aufnehmen können?«
Der Mann schüttelte den Kopf.
»Die fährt heute mit Verspätung. Weiter oberhalb hat eine mächtige Lawine die Gleise blockiert. Es dauert noch, bis das freigeräumt ist.«
Ram griff nach einer Stuhllehne, um sich abzustützen. Er fühlte sich schwach auf den Beinen und sein Schädel tat höllisch weh.
»Ich muss aber ins Hotel rauf. Ein guter Freund von mir ist da oben. Ich glaube, er ist in ernsten Schwierigkeiten.«
Der Mann winkte mit einer Handbewegung ab.
»Sei froh, dass ihr noch am Leben seid. Um deinen Freund kümmert sich schon die Polizei.«
Ram dachte, er hätte sich verhört. Aber der Mann hatte deutlich gesprochen. Die Polizei? Wie war das möglich? Er fasste sich an den Verband um seinen Kopf, als ob er so die bohrenden Kopfschmerzen vertreiben könnte. Langsam setzte er sich an den Tisch. Der Mann registrierte es mit einem freundlichen Nicken, nahm eine Tasse von der Mitte des Tisches, schenkte ihm Kaffe aus der Thermokanne ein und schob sie zu Ram hinüber.
»Der Arbeiter, dem du das Motorrad entwendet hast, hat die Polizei informiert. Nicht, weil er dich wegen Diebstahl anzeigen wollte. Er hat dem Großvater des Jungen geglaubt, dass du den Jungen nur so schnell wie möglich zu seinem Vater bringen wolltest. Er hat aber gewusst, dass der Weg hinauf zum Hotel bei diesen Wetterbedingungen fast nicht zu schaffen war, und hatte Recht behalten. Die Polizei hat dann uns gebeten, nach euch zu suchen. Oder meinst du, wir laufen zum Spaß in aller Herrgottsfrühe bei diesem Wetter mit einem Schlitten durch den Wald?«
Ram schüttelte leicht den Kopf und starrte den Mann unverwandt an. Der Mann lachte, amüsiert über seinen eigenen Humor, kurz auf, bevor er weiter sprach.
»Weil niemand im Hotel zu erreichen war, schickt die Polizei mit dem Hubschrauber für den Lawinenräumdienst einen Mann nach oben, der nach dem Rechten sehen soll. Allerdings geht das erst, wenn sich der Wind noch ein wenig mehr beruhigt hat.«
Ram senkte den Kopf und nahm ihn in beide Hände. Niedergeschlagenheit breitete sich in ihm aus. Er hatte auf der ganzen Linie versagt. Er hatte Martin nicht helfen können, hatte dessen Sohn einem unnötigen Risiko ausgesetzt und zu allem Übel war die Polizei jetzt mit von der Partie. Und die würde ihm sicher Fragen stellen, die er nur beantworten könnte, wenn er seine eigene illegale Computerhackerei preisgab. Es sei denn, er könnte unbemerkt von hier verschwinden, bevor es so weit war.
62
Knut Winkler, so hieß der verdeckte Ermittler, der vor Martins Augen von Eddie Kaltenbach erschossen worden war. Selma war seine Frau gewesen. Martin erinnerte sich dunkel daran, dass Winkler verheiratet gewesen war und die Frau als Nebenklägerin bei dem Prozess gegen Eddie Kaltenbach aufgetreten war. Martin hatte sie damals nicht sonderlich beachtet. Er hätte nur sagen können, dass die Frau dunkle Haare gehabt hatte. Ein Gesicht sah er nicht mehr vor sich. Selma hatte blonde Haare, aber Haare ließen sich färben.
»Was ist mit den Botschaften? Die E-Mails von Anna?«, stotterte Martin.
Selma lächelte ihn dämonisch an. Sie ließ sich Zeit mit ihrer Antwort, wusste, dass sie ihn so quälen konnte.
»Ich habe dir die E-Mails unter dem Namen deiner Frau geschrieben. Alle Nachrichten, ob der Zettel in Zurbriggens Folterkammer oder der Text auf Zurbriggens Computer. Das war alles ich. Ich wollte dich ein wenig quälen mit der Vorstellung, dass Anna noch leben könnte, dass sie hinter all den Morden stecken könnte. Aber sie ist tot. Es war Anna, die du vor drei Jahren beerdigt hast.«
Martin war wiederum nicht sofort fähig, das
Weitere Kostenlose Bücher