Monströs (German Edition)
»Schließlich ist er auch nicht freiwillig in das Hotel gekommen. Wir haben ihn draußen bewusstlos gefunden und reingetragen.«
Martin nickte. Er wollte Selmas Hoffnungen nicht zerstören. Leicht hätte er ihr entgegnen können, dass es in diesem Fall keinen Sinn ergab, dass Kaltenbach Martins Namen mit Blut an den Badezimmerspiegel geschrieben hatte.
»So ein Quatsch«, sagte Bumann. »Der Kerl will ihn«, dabei zeigte Bumann mit dem Finger auf Martin. »Auch wenn ich mich frage, woher dieser Mörder seinen Namen kennt und warum er es auf ihn abgesehen hat.«
Martin sah, dass sich Denkfalten auf Selmas Stirn bildeten. Er musste etwas unternehmen. Er konnte unmöglich hier und jetzt erzählen, dass er Eddie Kaltenbach kannte und woher.
»Wir sitzen hier förmlich auf dem Präsentierteller. Ich schlage vor, wir warnen jetzt sofort die übrigen Hotelinsassen«, sagte Martin stattdessen.
Ohne darüber nachzudenken, hatte Martin das Wort Insassen gebraucht. Und genau das waren sie. Martin glaubte nicht wirklich, dass Kaltenbach, wenn er es gewesen war, der das Hotel verlassen hatte, lange draußen bleiben würde.
Hans Meier stimmte Martin sofort zu. Martin sah ihm an, dass ihm besonders unbehaglich zu Mute war. Sein Dauerlächeln war verschwunden und sein Gesicht war blass und faltig. Eugen Bumann sah das hingegen anders.
»Ich bleibe hier«, sagte er. »Wer weiß, wenn wir oben in den Gängen herumlaufen, verwechselt mich der Kerl am Ende noch mit Ihnen. Und außerdem sollten sie nicht von der Frage ablenken, die ich eben aufgeworfen habe. Woher weiß der Mann, wer Sie sind, und dass sie zurzeit in diesem Hotel sind? Er muss wegen ihnen hier sein. Ansonsten ergibt das alles keinen Sinn.«
Martin schaute Bumann eindringlich an. Er sah auch Selmas fragenden Gesichtsausdruck. Sie hatten ein Recht darauf zu erfahren, dass er vor Jahren Zeuge in einem Mordprozess gegen Kaltenbach gewesen war, und dass dieser sich noch während der Untersuchungshaft einer psychologischen Behandlung unterziehen musste. Es hieß, er leide unter einer multiplen Persönlichkeitsstörung. Auch würde er ihnen von den E-Mails erzählen müssen. Aber er wollte jetzt in dieser angespannten Situation nicht noch für zusätzliche Panik sorgen.
»Ich finde, dies ist weder der richtige Ort, noch die richtige Zeit für lange Diskussionen«, wich Martin schließlich aus.
»Was reden Sie denn da für ein Zeug? Ich will jetzt sofort wissen, was hier gespielt wird«, sagte Bumann.
»Alles, was Sie jetzt wissen sollten, ist, dass Eddie Kaltenbach mit großer Wahrscheinlichkeit nicht nur mich, sondern jeden noch verbliebenen Gast dieses Hotels, der ihm über den Weg läuft, töten wird«, zischte Martin.
Erst als er diese Worte aussprach wurde Martin die bislang verdrängte Realität bewusst. Er und alle anderen schwebten in echter Lebensgefahr. Kaltenbach war unberechenbar und niemand konnte vorhersagen, wie diese Nacht ausgehen würde. Gleichzeitig stellte er sich Bumanns unvermeidliche Fragen selbst. Warum war Kaltenbach hier heraufgekommen? Er wusste es nicht. Wenn es von Anfang an wegen ihm gewesen war, woher wusste Kaltenbach, dass Martin sich hier aufhielt? Er konnte es nur von seinem Vater wissen. Mein Gott, dachte er. Wenn Kaltenbach seinen Vater persönlich aufgesucht hatte, um an diese Information zu gelangen? Er wollte diesen Gedanken nicht zu Ende denken. Was war mit Paul? Ging es ihm gut? Mit einem Mal verspürte er, wie die Hitze sich wieder in seinem Körper ausbreitete. Sie lähmte ihn und sein Atem ging flach. Dann erinnerte er sich, dass er seinen Vater gegen neunzehn Uhr angerufen hatte. Er hatte geklungen wie immer und auch mit Paul hatte Martin kurz gesprochen. Es war alles in Ordnung. Die letzte Bahn hier herauf war ebenfalls gegen neunzehn Uhr angekommen. Also hatte Kaltenbach sich nicht an seiner Familie vergriffen. Martin fiel mit dieser Erkenntnis ein Stein vom Herzen. Dann erinnerte er sich auch wieder an die unbedeutende Aussage seines Vaters, dass am Nachmittag ein alter Freund von ihm angerufen und sich nach ihm erkundigt habe. Kaltenbach, dachte Martin. Auch wenn Martin noch immer keinen Schimmer hatte, warum Kaltenbach es nach sieben Jahren ausgerechnet auf ihn, dem er seine Freiheit zu verdanken hatte, abgesehen hatte.
»Sie wollen damit sagen, dieser Mann ist ein psychopathischer Killer?«, fragte jetzt Meier und Martin sah, dass die Angst ihn noch mehr in Beschlag nahm.
Martin nickte.
»Dem Fernsehbericht
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