Monströs (German Edition)
Menschen, die mit dem damaligen Strafprozess zu tun hatten«, fuhr Martin fort.
»Die damalige Anklägerin, eine Staatsanwältin namens Weyrich wurde vor etwa drei Jahren ermordet. Die Zeitungen sprachen damals von einer regelrechten Hinrichtung und brachten den Mord mit ihrer Tätigkeit als Anklägerin in Zusammenhang. Soweit ich weiß, blieb die Tat unaufgeklärt.«
Selma und Eugen Bumann registrierten, was er sagte, waren aber mit der Fülle der Informationen überfordert. Alles hing irgendwie zusammen, aber wie genau? Es gab unzählige Varianten, was hinter den heutigen Morden und den Reimen stecken könnte. Martins Gedanken wurden jäh unterbrochen, als Bumann sich abschließend zur Sache äußerte. Dessen Schlussfolgerung traf Martin wie ein Schlag in die Magengrube.
»Eddie hat ihren Namen an den Spiegel im Bad seines Zimmers geschmiert. Alle, deren Namen bisher irgendwo an der Wand standen, sind tot. An ihrer Vermutung könnte was dran sein. Wenn ich tippen sollte, dann sind sie und Eddie die beiden Letzten, die dran glauben sollten.«
»So ein Unsinn«, sagte Selma entrüstet. »Eddie steht bestimmt nicht auf der Liste. Das sollen wir wahrscheinlich nur glauben. Wer sollte ihn den umlegen? Hier ist niemand mehr außer uns.«
Bumann fasste sich an den Kopf und schnaufte.
»Das wissen wir nicht genau. Nur weil wir niemanden sonst gesehen haben, heißt das nicht, das nicht noch ein Unbekannter im Hotel ist. Von diesem Panikraum wusste ich auch nichts. Vielleicht gibt es noch einen Raum, von dem wir alle nichts wissen.«
Martin musste plötzlich an Anna denken. Konnte es sein, dass sie noch lebte und hinter all dem steckte?
»Noch etwas, sagen uns die Reime«, sagte Martin und lenkte das Gespräch damit in eine andere Richtung. Auch wenn er zugeben musste, dass an Bumanns Theorie mit dem unbekannten Dritten etwas dran sein konnte. Das Hotel war groß und verwinkelt. Jemand, der sich hier auskannte, wäre nicht so leicht zu finden. Insbesondere im Keller, wo es unzählige Räume und Nischen gab.
Selma und Bumann starrten Martin erwartungsvoll an.
»Wer immer die Reime geschrieben hat, wusste, dass Marianne Seewald und Ernst Söder hier unter falscher Identität untergetaucht waren und in Wirklichkeit unter dem Namen Schmerzdame und Dr. Tod in der kriminellen Szene bekannt waren.«
»Womit wieder Eddie Kaltenbach als Schreiber der Nachrichten in den Vordergrund rückt«, folgerte Bumann.
Martin wollte noch etwas sagen, doch es gelang ihm nicht mehr. Plötzlich wurde ihm schwindlig. Ohne Vorwarnung legte sich im nächsten Augenblick eine tiefe Beklemmung wie ein Panzer aus Eisen um seine Brust. Er bekam keine Luft mehr. Die Wände des engen Raumes kamen auf ihn zu. Der Schwindel und die Kopfschmerzen nahmen an Fahrt auf wie ein Meteorit nach Durchdringen der Erdumlaufbahn. Ein Flashback warf ihn um Jahrzehnte zurück. Er war jetzt wieder der kleine Junge, den die gegnerischen Bandenmitglieder in einem Grab im Schnee begraben hatten.
Aus der Ferne hörte er Selmas Stimme:
»Was ist denn los? Um Himmels willen, Martin, du musst atmen.«
Er versuchte, zu atmen. Doch es ging nicht. Keine Chance, der Schnee drückte auf seinen Mund. Er bekam seine linke Hand nach vorne vor seinen Mund und schaufelte eine kleine Mulde davor. Er konnte ein wenig Luft in die Lungen ziehen.
Ende. Er war zurück. Er war nicht mehr im Schnee begraben. Er war wieder in dem Raum. Er lag auf dem Boden und zitterte. Gleichzeitig rann ihm der Schweiß in die Augen. Die Wände standen noch an ihrem Platz. Er konnte noch immer kaum Luft holen. Alles um ihn herum drehte sich. Selma und Bumann knieten neben ihm. Selma strich ihm die verschwitzten Haare aus der Stirn.
»Gott sei Dank!«, sagte Selma.
Bumann seufzte erleichtert.
»Was war denn das?«
Martin war zu keiner Antwort fähig. Er rappelte sich auf, wankte zum Klo und übergab sich.
Er wusch sich die Hände und klatschte sich etwas kaltes Wasser ins Gesicht. Das half ein wenig. Als er sich umdrehte, sah er in die entsetzten Gesichter Selmas und Bumanns. Er fühlte sich elend. Sein Kopf drohte jeden Moment, zu explodieren. Er hatte keine Ahnung, wie lange er es noch in diesem winzigen Panikraum aushalten würde.
Er ging zurück zu den anderen und setzte sich wieder vor das Notebook. Er brauchte Ablenkung.
»Wollen sie uns jetzt bitte erklären, was da gerade mit ihnen los war?«, sagte Bumann.
»Schon mal was von Klaustrophobie gehört?«, antwortete Selma für
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