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Monströs (German Edition)

Monströs (German Edition)

Titel: Monströs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Karlden
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sich so gut versteckt, dass er ihn einfach nicht finden konnte. Er fluchte vor sich hin und zu allem Überfluss kam nun auch schon wieder Eddie zurück an die Oberfläche. Raphael hatte nicht die geringste Lust jetzt zu gehen. Doch schon im nächsten Augenblick war er verschwunden und Eddie hatte seinen Platz eingenommen. Langsam trottete Eddie hinunter in die Eingangshalle und setzte sich an den Tisch hinter der Rezeption. Auch nach weiteren fünf Minuten wollte Raphael nicht zurückkommen. Eddie, der Ehemann und Nachtwächter blieb. Wie er sich fühlte, war nur schwer zu beschreiben. Raphael hatte Waller gesucht, den Mann, der seine Frau ermordet hatte. Er hatte ihn nicht gefunden. Was sollte er jetzt tun? Plötzlich wusste Eddie, wie er Waller hervorlocken konnte. Es fiel ihm in dem Moment ein, als er das Ständermikrofon und die rote Taste daneben an der Theke der Rezeption sah. Zufrieden nahm er den Zettel aus der Brusttasche seines Hemdes, drückte auf die Taste und verlas den Text, der darauf stand.
     

44
     
    Das Knistern kam aus einem Lautsprecher in der linken oberen Ecke des Panikraumes. Selma, Martin und Bumann starrten wie gelähmt auf die schwarze Box. Sekunden tat sich nichts. Die lockere Körperhaltung hatte Bumann vor Schreck aufgegeben. Jetzt saß er, wie die anderen auch, angespannt wie ein Flitzebogen und lauschte in die Stille. Dann wieder das Knistern und diesmal erfolgte im direkten Anschluss eine Durchsage.
    Die Stimme sprach dunkel und langsam, fast bedächtig. Bereits das erste Wort des Textes, den sie verlas, verursachte bei Martin augenblicklich eine Gänsehaut. Seine Gedanken fuhren Karussell. Wie konnte das sein? Selma warf ihm einen fassungslosen Blick zu. Nur Bumann wusste nicht, was hier gespielt wurde. Unbarmherzig verlas Eddie Kaltenbach die Todesanzeige von Anna Waller:
     
    Auf einmal bist Du nicht mehr da,
    und keiner kann´s verstehen.
    Im Herzen bliebst Du uns ganz nah,
    bei jedem Schritt, den wir nun gehen.
    Nun Ruhe sanft und geh` in Frieden,
    denk immer dran, dass wir Dich lieben.
     
    In Liebe nehmen wir Abschied von
     
    Anna Waller
    *17.7.1975 +10.11.2007
     
    In tiefer Trauer:
     
    Martin Waller mit Paul
    Anita und Rainer Thiesen
    Monika Feist geb. Thiesen
    Karl Waller
    sowie alle Anverwandten
     
    »Du hast dich gut versteckt, Waller. Dein Sohn heißt Paul, dein Vater Karl. Wenn du die nächste Todesanzeige nicht für die beiden aufgeben willst, solltest du aus deinem Versteck gekrochen kommen. Ansonsten nehme ich die erste Bahn ins Tal, fahre zu dir nach Hause und töte den Rest deiner Familie. Paul wird als Erster dran sein und dein Vater wird zuschauen. Es wird langsam und qualvoll geschehen. Nichts wird mich davon abhalten und du wirst die Schuld daran haben.«
    Eddie machte eine kurze Pause vor seinem letzten Satz.
    »Willst du, dass deine Familie für dich dafür bezahlt, dass du meine Frau getötet hast?«
    Es knisterte noch einmal in der Lautsprecherbox, dann war es still.
    Eddies Worte waren für Martin wie ein Dolch in den Rücken. Unerwartet, schmerzvoll und mit wahrscheinlich tödlichem Ausgang. Das Verlesen der Todesanzeige sorgte dafür, dass die Schubladen mit den schmerzvollen Erinnerungen an die ersten Tage nach Annas Tod mit einem lauten Krachen wieder aufsprangen. Martin fühlte jetzt, was er vor drei Jahren gefühlt hatte. Die gleiche Angst in der Brust, die Trauer, die Niedergeschlagenheit und die Verzweiflung. Das menschliche Gehirn konnte eine Höllenmaschine sein. Was würde er dafür geben, wenn er diese bittere Erfahrung ein für alle Mal löschen könnte. Doch jeder Mensch trägt seine Last, nur das Gewicht variiert und die Kraft des Einzelnen.
    Wie durch einen Schleier nahm Martin wahr, dass Bumann von seinem Stuhl aufsprang und sich rückwärtsgehend, ohne ihn aus den Augen zu lassen, von ihm entfernte, bis er mit dem Rücken an die Wand stieß. Er hat Angst vor mir, schoss es Martin durch den Kopf.
    Dann war er wieder auf der Beerdigung. Sah, wie sie den Sarg nach unten ließen und er hatte wieder das Gefühl, er müsse hinterher springen und sich mit Anna begraben lassen. In seinen Träumen hatte er oft neben der Badewanne gestanden. Anna sah ihn mit vorwurfsvollen Augen an und schnitt sich dabei die Pulsadern auf. Er wollte sie davon abhalten, kam jedoch nicht von der Stelle.
    Wieder hörte Martin den Monolog des Bestattungsunternehmers, der ihm erklärte, was zu tun sei, und der von ihm wissen wollte, welchen Text die Todesanzeige

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