Monströs (German Edition)
das dumpf dröhnende Geräusch, das über das Treppenhaus nach oben schallte, einordnen und atmete erleichtert aus. Es war nur die Standuhr im Eingangsbereich.
Mit dem fünften und letzten Schlag der Uhr schwang er sich auf die Fensterbrüstung. Mit den Füßen fand er Halt auf der Blitzableiterhalterung unter dem Fenster. Der Wind zerrte an ihm. Die Kälte war beißend. Mit einer Hand hielt er sich an dem Draht fest, dessen Halterungen nicht dafür geschaffen waren, einen Menschen zu tragen. Er hatte das Gefühl, dass sie jeden Moment nachgeben konnten. Mit der freien Hand versuchte er, das Fenster wieder zuzuziehen. Er schaffte nur, es anzulehnen. Das musste reichen, denn länger konnte er sich in dieser Position nicht halten. Als er dann nach unten blickte, setzte für einen Moment sein Herzschlag aus. Es war vorbei. Er hatte gepokert und verloren. Alles war umsonst. Jetzt würde er sterben.
48
Als Eddie die Tür zur ersten Etage öffnete, schlug ihm sofort die Kälte entgegen. Und Musik. Verdammt, zuerst dachte er, jemand hätte sich, während er nach oben gegangen war, unten an der Rezeption an der Lautsprecheranlage zu schaffen gemacht und eine CD von Queen aufgelegt. Doch direkt über der Tür war ein Lautsprecher. Er stellte sich auf die Zehenspitzen, aber da kam kein einziger Ton heraus. Das Dröhnen der elektrischen Gitarren war also allein in seinem Kopf. Es war, als ob im Hotelflur ein Livekonzert stattfinden würde. Nur in meinem Kopf stellte er fest, kein Grund zur Beunruhigung. Wer hätte auch wissen sollen, dass dies genau die Musik war, die Raphael früher gern bei der Arbeit gehört hatte. Damals, als Raphael mit ein paar Leuten ein Nest russischer Drogendealer ausgehoben hatte, hatte er vorher diese Musik gehört, um sich einzustimmen. Raphael hatte diese Revierstreitigkeiten geliebt. Es waren richtige Einsätze gewesen, nur dass er für die Bösen arbeitete und nicht für Gesetz und Ordnung stand. Aber eigentlich war das egal, denn die Arbeit war die gleiche. Im Krieg gab es keinen Mord. Raphael wäre ein guter Soldat geworden, aber sie hatten ihn abgelehnt, als untauglich ausgemustert. Selbst die Fremdenlegion hatte ihn nicht gewollt. Das hatten sie jetzt davon. Bei der Polizei ging es Raphael ebenso. Eddies psychische Auffälligkeiten aus den Akten seiner Kindheit waren der Grund dafür. Sie hatten es nicht ausdrücklich gesagt, aber der Blick, mit dem sie ihn angesehen hatten, hatte Bände gesprochen. Sie kannten die Akte. Sie war nicht gelöscht worden. Sie existierte und sie hatten sie.
Als er das zerbrochene Turmfenster erreichte, fand er es verschlossen vor. Das war aber kein Beweis dafür, dass hier niemand hinausgeklettert war. Durch das riesige Loch in der Scheibe konnte man das Fenster bequem von außen schließen. Schließlich hatte Raphael auch durch das Loch gegriffen und das Fenster von außen geöffnet.
Zwei Meter von der zerbrochenen Scheibe entfernt, lag dieses Ding auf dem Boden, das aussah wie eine verrostete Autofelge und mit welcher Raphael die Scheibe von außen eingeworfen hatte. Er erinnerte sich ganz genau. Raphael war nach dem Erwachen aus der Bewusstlosigkeit aus dem Hotel gerannt. Die Schiebetüren hatten sich hinter ihm wieder geschlossen. Er hatte deshalb nach etwas gesucht, mit dem er die Scheibe einwerfen konnte. Der Eisenring hatte wie für ihn arrangiert unter dem Turmfenster gelegen.
Eddie drehte am Fenstergriff, öffnete es und starrte nach unten. One Vision, er hatte den Song schon Jahre nicht mehr gehört, aber jetzt war er da.
Ganz unvermittelt brach die Musik ab und er hörte nur noch den Sturmwind um seine Ohren wehen. Im selben Moment erwischte ihn die Erkenntnis wie ein Torpedo die Breitseite eines U-Bootes. Alles war anders. Es ließ ihm den Atem stocken und für eine Sekunde lang war alles ganz still. Konnte das sein? Nein, unmöglich! Dann setzten die Musik und die Geräusche des Sturms wieder ein.
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Ein Fuß stand auf einer Halterung des Blitzableiters. Der andere hing in der Luft. Mit der rechten Hand klammerte er sich um die dünne Metallstange des Blitzableiters, mit der Linken hielt er sich am Fenstersims fest, um seine Stellung, so regungslos wie möglich, zu halten. Doch genau das funktionierte nicht. Der Wind drückte ihn vom Fenster weg, als ob er ein Dieb wäre, den es galt, in die Tiefe zu stürzen, bevor er Schaden anrichten konnte. Als es tatsächlich passierte und Martins Hand vom Fenstersims glitt, dachte er,
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