Monströse Welten 1: Gras
derart geheimnisvoll, daß sie die Pausen kurz hielten. Plötzlich ertönte hinter ihnen ein Heulen, weit zur Rechten.
Marjorie versteifte sich. Sie hatte diesen Laut schon einmal vernommen; er verhieß Schreckliches.
»Hippae«, sagte Sylvan deprimiert. »Wissen sie, daß wir hier sind?«
»Noch nicht«, erwiderte Bruder Mainoa.
»Woher wollen Sie das denn wissen?« fragte Marjorie.
»Sie haben mich um Hilfe gebeten, Lady Westriding, und ich helfe Ihnen. Mehr kann ich Ihnen im Moment nicht sagen. Ich versichere Ihnen, die Hippae wissen noch nicht, wo wir sind. Sie werden es bald wissen, aber jetzt noch nicht. Ich würde vorschlagen, daß wir schneller reiten.«
Tony setzte sich gerade hin und spornte El Dia Octavo zu einem Trab an. Die Brüder Mainoa und Lourai hingen in den Sätteln und grunzten angestrengt. »Lassen Sie die Füße baumeln«, rief Marjorie. »Sitzen Sie aufrecht. Wie in einem Schaukelstuhl.«
Bruder Mainoa tat wie geheißen. Bald wurde der Rhythmus stetiger, und er paßte sich ihm an. Rillibee/Lourai war schneller. Er genoß die Bewegung sogar. Das Gras peitschte ihm ins Gesicht, und er grinste breit, wobei er Grannen zwischen den Zähnen hatte.
Das Geheul verstärkte sich; nun kam es sowohl von rechts als auch von links.
»Wissen Sie überhaupt, wohin wir reiten?« fragte Marjorie über die Schulter.
»Richtung Sumpfwald«, sagte Mainoa grunzend. »Immer geradeaus.«
Kaum hatte er das gesagt, brachen sie durch die letzten hohen Gräser und sahen den Wald, der sich in beträchtlicher Entfernung vor ihnen bis zum Horizont erstreckte. Die Spur, der sie bisher gefolgt waren, zog sich schnurgerade zum Wald hin, zu einem felsigen Knubbel, der sich über das Niveau der entfernten Bäume erhob. Das Gras reichte den Pferden bis knapp über den Rumpf.
»Können die Pferde noch schneller laufen?« fragte Mainoa besorgt. »Wenn ja, dann sollten wir sie antreiben.«
Im selben Augenblick trafen auch Don Quixote und El Dia Octavo diese Entscheidung – oder sie waren entsprechend instruiert worden. Ohne auf ein Signal der Reiter zu warten, galoppierten sie den Abhang hinunter, mit flatterndem Schweif und angelegten Ohren. Die Stuten jagten hinterher, wobei Irish Lass die Nachhut bildete. Mainoa erschien das ganze wie ein Alptraum. Obwohl er wußte, daß er vom Pferd fallen würde, fiel er nicht. Obwohl er wußte, daß er sich nicht im Sattel halten würde, hielt er sich doch. Das Pferd schien bestrebt, ihn im Sattel zu halten, und trotz seiner Panik spürte er das auch; von der Anhöhe, die sie gerade verlassen hatten, ertönte ein konzertiertes Geheul. Er wollte keinen Blick zurück riskieren, um zu sehen, wie nahe die Hippae schon waren.
Sylvan hingegen schon. Das Trommeln der Hufe wurde von den wilden Schreien vom Hügel übertönt. Er drehte sich auf dem breiten Rücken um und hielt sich an einem der Packstücke fest, die Irish Lass transportierte. Ein Dutzend riesiger Bestien tänzelte auf der Höhe. Ein großes Rudel Hunde sprang kläffend zwischen ihren Beinen umher. Als ob sie auf ein Signal reagiert hätten, das Sylvan nicht bemerkt hatte, nahm die wilde Jagd die Verfolgung der Pferde auf. Nicht lautlos wie bei einer Fuchsjagd, sondern mit einem schrillen Tohuwabohu.
Er drehte sich wieder um. Die anderen Pferde waren weit vor ihm. Dieses große Tier war nicht so schnell wie die anderen. »Gib dein Bestes, Mädchen. Sonst werden sie uns fressen.« Erneut schaute er sich nach den Verfolgern um. Ein großes, violett gesprenkeltes Hippae führte die Meute an, mit offenem Maul und bebenden Nüstern. Es schien ein paarmal zu stolpern. Schließlich stürzte es mit rollenden Augen. Das Gras schlug Wellen.
Die anderen blieben hinter dem gefallenen Monster stehen und tänzelten unsicher. »Lauf«, spornte Sylvan das Pferd an. »Gib alles, Mädchen.«
Irish Lass verstand. Die Entfernung zwischen ihr und den anderen Pferden hatte sich vergrößert. Sie bemühte sich, die Distanz zu verringern, aber sie nahm weiter zu.
Dann nahmen die Hippae die Verfolgung wieder auf. Neuerlich stolperte der Anführer und stürzte. Von neuem schlug das Gras Wellen.
El Dia Octavo hatte mittlerweile den Wald erreicht. Don Quixote war ihm auf den Fersen, gefolgt von Millefiori. Dann kamen Blue Star und Her Majesty. Die Reiter waren abgesessen und warteten auf Sylvan.
Ein Hund hatte sich auf gleiche Höhe mit Irish Lass gesetzt; er stob zähnefletschend durch das Gras und schnappte nach den Beinen des Pferdes. Vor
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