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Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Sie hier? Fragras! Ich rede mit Ihnen!«
    Er ballte die Fäuste, als ob er sie schlagen wollte. Plötzlich prallten ihre Frustration und sein Zorn aufeinander. Sie straffte sich und deutete mit dem Finger auf ihn.
    »Sie«, schrie sie. »Sie unheiliges Ungeheuer!« Die Worte materialisierten fast in dem Raum.
    Schaudernd zog er sich zurück; keine andere Reaktion hätte ihn so überrascht wie ihre Attacke. Er war es nicht gewohnt, daß man sich ihm widersetzte oder Vorwürfe machte, und er war so außer sich gewesen, daß es eine Weile dauerte, bis ihm bewußt wurde, daß er sie hatte schlagen wollen.
    »Sie Kinderschänder!« schrie sie. »Sie Barbar! Wo habe ich meine Tochter wohl zum letztenmal gesehen?« Sie kam auf ihn zu und wedelte mit dem Finger wie mit einem Schwert.
    »Ich habe sie überhaupt nicht gesehen«, knurrte er. »Ich habe mich nicht um sie gekümmert.«
    »Wie kann ein Jägermeister nur seine Jagdgesellschaft vernachlässigen?« schrie sie. »Sind Sie denn ein solcher Sklave Ihrer Reittiere, daß Sie alles andere um sich herum vergessen?«
    Sein Gesicht wurde noch dunkler, die Adern am Hals schwollen an und die Augen traten schier aus den Höhlen, als er ein unartikuliertes Geheul ausstieß und wie von Sinnen auf sie zustürmte. Sylvan trat hinter sie und zog sie weg.
    »Bewegen Sie sich«, zischte er. »Sonst wird er Sie noch umbringen.«
    Er zog sie die Stufen hinunter, den Hundepfad entlang und durch das Hundetor. Dann schloß er die schwere Pforte hinter ihr. Selbst in dieser Entfernung hörten sie noch Stavengers wütendes Brüllen.
    Mit blassem Gesicht lehnte Sylvan sich gegen das Tor. »Ich wußte, daß Sie es wissen wollten. Ich habe Shevlok und die anderen gefragt. Offen gesagt, auf der Jagd sind sie nie sehr präsent, aber es geschah bei Darrenfelds Wäldchen, wo auch Dimity und Janetta verschwunden sind. Dort wurde sie zuletzt gesehen.«
    »Bringen Sie mich hin!« verlangte sie und schwang sich in den Sattel. »Sofort!«
    »Marjorie…«
    »Sofort! Sie können auf Irish Lass reiten. Sie ist kleiner als diese Monster, auf denen Sie früher geritten sind.« Als sie sah, daß er das große Pferd mit leerem Blick anstarrte, sagte sie: »Stellen Sie den linken Fuß in den Steigbügel und ziehen Sie sich hoch; sie wird nicht das Bein für Sie ausstrecken. Jetzt nehmen Sie die Zügel, so wie ich sie habe. Sie brauchen Sie nur zu halten. Das Pferd wird uns folgen. Und nun bringen Sie mich hin!«
    Er wies nach links, und sie ritten in die angegebene Richtung. Sie hatten erst ein kurzes Stück zurückgelegt, als das Tor mit einem Knall geöffnet wurde und Stavenger ihnen hinterherbrüllte. Die Reiter schauten unbeirrt geradeaus und tauchten ins hohe Gras ein, das sie seinen Blicken entzog.
    Sylvan saß reglos auf dem Pferd und tastete nur gelegentlich mit den Füßen nach den Kerben, wie er sie von den Hippae her kannte.
    »Setzen Sie sich richtig hin«, wies Marjorie ihn barsch an. »Sie hat keine Widerhaken, mit denen sie Sie aufspießen könnte. Beugen Sie sich nach vorn. Das mag sie.«
    Zögerlich, fast ängstlich folgte er ihrer Aufforderung und entspannte sich allmählich.
    »Mal was anderes, was?« meinte Bruder Mainoa. »Das ist zwar eine ungewohnte Haltung, und ich bin schon ganz wundgeritten, aber ich habe keine Angst.«
    »Nein«, sagte Sylvan abwesend. »Nein. Aber als ich auf der Jagd war, hatte ich eigentlich auch keine Angst.« Er schaute sich um, als ob er nach Landmarken suchte. »Dort.« Er wies in ihre Bewegungsrichtung, etwas zur Rechten. »Das ist der Ozeangarten. Normalerweise reiten wir an der anderen Seite entlang, aber diesen Weg können wir auch nehmen.« Er zeigte Marjorie den Weg, und sie übernahm die Führung, wobei er ihr eventuelle Richtungsänderungen zurief.
    »Worüber hat Ihr Vater sich so aufgeregt?« fragte Tony.
    »Über Ihren Vater. Als sie gestern abend von der Jagd zurückkamen, verlangte Roderigo, daß er ihn bei der Suche nach Ihrer Schwester unterstützte. Das tun wir aber nicht. Wenn jemand verschwindet, tut jeder so, als ob er es nicht gesehen hätte. Niemand sucht nach den Vermißten. Und man bittet die anderen auch nicht um Hilfe. Vater – mein Vater – hat die Beherrschung verloren. Er hat schon seit gestern schlechte Laune, und als Ihre Mutter ihm dann noch Vorhaltungen machte…« Sylvan riß die Augen auf und fuhr sich über die Kehle. »Wie soll ich…«
    »Kein Hippae zu sehen«, murmelte Bruder Mainoa. »Wir werden auch keins zu sehen

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