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Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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»Falls die Füchse euch tragen, möchte ich, daß ihr sie durch den Wald nach Commons bringt. Sie braucht einen Arzt, und am schnellsten geht es, wenn die Füchse sie durch den Wald tragen. Rillibee, Sie gehen mit, denn Ihnen vertraut sie anscheinend. Tony, du bereitest alles vor. Ich gehe zu Bruder Mainoa und Vater James zurück.«
    »Ich begleite Sie«, sagte Sylvan hoffnungsfroh.
    »Nein«, lehnte sie ab und sah ihm ernst in die Augen. »Ich möchte, daß Sie mit den anderen gehen, Sylvan. Wie ich Ihnen schon sagte, bin ich aus einem besonderen Grund nach Gras gekommen. Aus einem ganz besonderen Grund. Und je mehr ich herausfinde, desto dringlicher wird die Sache. Aber ich werde nur abgelenkt – von Ihnen, von Rigo, von Stella, vom Verschwinden diverser Leute und anderen Hiobsbotschaften. Sie lenken mich nur ab und gehen mir auf die Nerven.«
    »Mutter«, sagte Tony. »Du kannst doch nicht allein…«
    »Geh, Tony. Stella ist am Leben. Das freut mich, aber wir müssen auch an all die anderen denken. Die Pest geht um, und Menschen sterben daran. Die Füchse wissen etwas. Jemand muß in Erfahrung bringen, was sie wissen. Bruder Mainoa ist alt und müde, und Vater James braucht vielleicht meine Hilfe. Ich werde bleiben und versuchen, etwas herauszufinden.«
    »Wenn Stella versorgt ist, komme ich zurück«, versicherte Tony.
    »Ja. Du oder Rillibee. Und sag deinem Vater Bescheid, wenn die Gelegenheit sich ergibt.«
    Dann drehte sie sich um und streckte den Arm in Richtung der Füchse aus, wobei sie an das jenseits des Waldes gelegene Commons dachte. Sie stellte sich vor, wie Tony, Stella, Sylvan und Rillibee durch den Wald nach Commons gingen. Das Bild manifestierte sich in ihrem Bewußtsein und wurde so real, als ob sie den Vorgang tatsächlich vor Augen hätte. Plötzlich bekam sie Kopfschmerzen. Ein Schnurren drang aus dem Gras. Die Füchse näherten sich. Erneut wurden die Menschen auf die breiten Rücken gezogen, wobei Rillibee Stellas schlaffen Körper zu sich auf den Fuchs nahm. Sie wimmerte dabei wie ein verwundetes Tier.
    Eine unbestimmte Anzahl Füchse verschwand im Wald. Nun hörte auch Marjorie den Ruf und schwang sich mit gemischten Gefühlen erneut auf Seinen Rücken: Erleichterung, Kummer und Zorn verwoben sich zu einem emotionalen Chaos. Sie stellte sich vor, gestreichelt zu werden und gleichzeitig hatte sie auch das Gefühl, gestreichelt zu werden. Sie beugte sich auf dem endlosen Rücken nach vorne und weinte, während sie liebkost wurde. Nach einer Weile verwandelten die Streicheleinheiten sich jedoch in ein herzhaftes Patschen, und sie hatte das Gefühl, daß jemand ihr sagte, sie solle sich gerade hinsetzen und sich zusammennehmen. Marjorie hatte den Eindruck, daß sie ›Ja, Mutter‹, sagte.
    Gelächter. Zumindest Belustigung.
    ›Ja, Vater‹, fügte sie hinzu, was sie trotz ihrer Niedergeschlagenheit lustig fand.
    Seine Schultern bewegten sich rhythmisch. Männlich. Unbestreitbar männlich. Kraftvoll. Ein männlicher Gang. Auch die Bewegung des Kopfes. Männlich. Er zog die Krallen ein und berührte sie mit Samtpfoten. Männlich. Sie sah ein ganzes Kaleidoskop von Formen, diffus, die meisten männlich. Die Männchen waren violett, pflaumenblau, mauve und bordeauxfarben. Die Weibchen waren kleiner und pastellblau, aber auch diese sah sie nur schemenhaft. Männchen, sagte er. Ich. ›Erster‹. Männlich.
    Ja, sagte sie. Er war männlich. ›Erster‹ hatte er in Anführungszeichen gesetzt. Dann war das also nicht sein richtiger Name. Mainoa hatte ihn so getauft. Er selbst assoziierte seinen Namen mit Bewegung und Farbe – eine purpurne Wildnis, erleuchtet von scharlachroten Blitzen, die durch graublaue Wolken zuckten. Seine Identität.
    Bilder zogen vor ihrem geistigen Auge vorbei. Sie sah, wie der stämmige Mainoa in seiner grünen Kutte furchtlos inmitten der Füchse umherspazierte. Er war von einer Aura umgeben, die schwach vom dunklen Boden reflektiert wurde. Das Licht wurde schwächer. Dennoch ging er unerschrocken vor ihr her, wobei seine Füße einen Kontrapunkt zu der Bewegung unter ihr setzten.
    Mainoa, dachte sie. Ihn mag ich auch.
    Eine neue Vision. Marjorie inmitten des Fuchsrudels. Nicht sie selbst, sondern eine idealisierte Marjorie, die im kurzen Gras zusammen mit einer Gruppe Füchse tanzte, diffuse Wesen, die aber ohne jeden Zweifel existierten. Sie tanzten mit ihren Schatten, bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang, wobei die langen Schatten sich fast bis zum Horizont zu

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