Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
Vom Netzwerk:
und schließlich auf einem Grashaufen gelandet«, sagte er und deutete auf die Stelle. »Als ob Sie auf eine Matratze gefallen wären. Sie hatten einen Schutzengel.«
    »Und wie kommen wir wieder hinauf?« fragte sie; ihr Vertrauen in Schutzengel war nicht besonders groß.
    Er streckte den Arm aus. Zwei Füchse standen neben dem Baum. Diffuse, schemenhafte Silhouetten; kollektive Gedankenmuster drangen in ihr Bewußtsein.
    »Haben sie uns gegen die Männer unterstützt?« fragte sie.
    Er schüttelte den Kopf. »Der eine hat ausgereicht.«
    Nachdenklich betrachtete sie die beiden. Auf einmal brach sie zusammen und murmelte: »Steine. Sterne. Sehr kleine Entitäten.«
    »Was ist denn mit Ihnen los?« fragte er.
    »Nichts«, entgegnete sie und versuchte zu lächeln. Sie ließ die jüngste Vision vor dem geistigen Auge Revue passieren. »Haben Sie schon einmal Gott gesehen, Vater?«
    Die Frage irritierte ihn. Ihre Augen waren groß und glasig. »Ich glaube, Sie haben eine Gehirnerschütterung. Vielleicht sogar eine Schädelfraktur, Marjorie…«
    »Vielleicht hatte ich auch eine religiöse Erkenntnis. So etwas soll vorkommen.«
    Darüber wollte er mit ihr nicht diskutieren, obwohl Vater Sandoval nicht so zurückhaltend gewesen wäre. Vater Sandoval war nämlich der Ansicht, daß ein Altkatholik sich im Interesse des Ausgleichs und der Mäßigung religiöser Erfahrungen enthalten sollte. Wenn ein verbindlicher Katechismus existierte, würden die Menschen durch religiöse Erfahrungen nur verwirrt. Vater James war sich da nicht so sicher. Er stützte Marjorie, während sie die paar Schritte zu den Füchsen zurücklegten. Einer von ihnen hob sie auf und beförderte sie über Äste und kaum sichtbare Ranken nach oben auf die Plattform. Sie spürte die Präsenz von vielen Füchsen, die sich als mentales Chaos in ihrem Bewußtsein manifestierte.
    »Mein Gott«, flüsterte sie. »Woher kommen sie alle?«
    »Sie waren schon immer hier«, sagte Mainoa. »Sie haben uns von den Bäumen aus beobachtet. Sie sind nur näher heran gekommen. Marjorie, sind Sie in Ordnung?«
    »Sie ist nicht in Ordnung«, sagte Vater James. »Sie hat einen seltsamen Blick und redet wirres Zeug…«
    »Es geht mir gut«, sagte sie abwesend und warf einen Blick auf die versammelte Fuchsmeute; sie wußte, daß es ein ganzes Rudel war, aber sie war nicht in der Lage, die einzelnen Füchse zu unterscheiden. »Weshalb sind wir überhaupt hier?«
    Bruder Mainoa schaute sie mit nachdenklich gerunzelter Stirn an »Sie versuchen etwas herauszufinden. Ich weiß aber nicht, was es ist.«
    Ein Fuchs blockierte die Tür. Marjorie empfing ein klares Bild zweier Menschen, die von einem hohen Baum gestürzt wurden. Sie strich das Bild durch. In der Meute hinter ihr wurden sowohl Zustimmung als auch Mißbilligung laut. Sie strich auch dieses Bild durch. Zustimmung und Mißbilligung verstärkten sich. Offensichtlich war ein Streit ausgebrochen. Die Füchse waren über das weitere Vorgehen uneins.
    Sie bekam weiche Knie und taumelte. »Ist Rillibee wieder zurück?«
    Bruder Mainoa schüttelte den Kopf. »Nein. Er ist dort verschwunden«, antwortete er und wies in die entsprechende Richtung.
    Sie näherte sich dem ›Gefängnis‹. Die beiden Kletterer, die an Händen und Füßen gefesselt waren, schauten sie grimmig an.
    »Wer hat euch den Auftrag erteilt, Bruder Mainoa zu töten?« fragte sie.
    Die beiden wechselten Blicke. Der eine schüttelte den Kopf. Der andere, Steeplehands, sagte schmollend: »Eigentlich war es Shoethais Idee. Aber der Befehl kam vom Älteren Bruder Fuasoi. Er sagte, Mainoa sei ein Verräter.«
    Sie massierte sich den schmerzenden Kopf. »Und wie kam er darauf?«
    »Shoethai sagte, Mainoa hätte ein Buch. Ein Buch aus der Stadt der Arbai.«
    »Mein Tagebuch«, sagte Bruder Mainoa. »Ich war zu leichtsinnig. Ich hatte das neue Tagebuch offen liegenlassen. Wir waren so in Eile, daß…«
    »Worüber hatten Sie denn geschrieben, Bruder?« fragte Marjorie.
    »Über die Pest und das Mysterium der Arbai.«
    »Aha«, sagte sie und wandte sich wieder an die Gefangenen. »Du… äh… Longbridge. Ihr wolltet mich vergewaltigen, du und die anderen, stimmt’s?«
    Long Bridge starrte auf seine Füße. Ein Nasenflügel bebte. »Klar, wir hätten es versucht. Warum auch nicht? Wir wollten dich ficken und mal diese… diese Möpse sehen.«
    »Glaubst du, das wäre eine…« – sie versuchte es in seinem Jargon auszudrücken – »…eine mutige Tat gewesen. Eine

Weitere Kostenlose Bücher