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Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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gute Sache? Oder was?«
    »Wer bist du überhaupt?« sagte er spöttisch. »Arbeitest du vielleicht für die Doktrin? Wir wollten es eben tun; das ist alles.«
    »Habt ihr auch einmal daran gedacht, wie ich mich dabei gefühlt hätte?«
    »Die Frauen mögen es, auch wenn sie das Gegenteil behaupten. Das weiß doch jeder.«
    Sie schauderte. »Und dann hättet ihr mich umgebracht?«
    »Wenn uns danach gewesen wäre, sicher.«
    »Mögen die Frauen das auch?«
    Das brachte ihn für einen Moment aus dem Konzept; er leckte sich die Lippen.
    »Hätte es euch denn gar nichts ausgemacht, mich zu töten?«
    Long Bridge schwieg. »Später hätte es uns dann leid getan«, murmelte Steeplehands schließlich, »wenn wir wieder Lust auf dich bekommen hätten.«
    »Ich verstehe«, sagte sie. »Aber um mich als Mensch wäre es nicht schade gewesen?«
    »Weshalb denn?« fragte Long Bridge wütend. »Weshalb hätten wir die auch nur eine Träne nachweinen sollen? Wo warst du denn, als wir zwangsverpflichtet und hierher gebracht wurden? Wo warst du, als man uns von zu Hause entführt hat?«
    Erneut empfing Marjorie ein Bild der beiden Gefangenen, wie sie von einem hohen Baum gestürzt wurden. Sie strich es durch, allerdings mit weniger Elan als zuvor. »Was wollen die ganzen Füchse denn, Bruder Mainoa? Weshalb sind sie hier?«
    »Ich glaube, sie sind gespannt, was Sie nun tun werden«, erwiderte er.
    »Und was werden Sie nun tun?« fragte Vater James.
    »Ich bin mir noch unschlüssig«, sagte sie. »Ich frage mich, ob wir es uns erlauben können, Gnade walten zu lassen. Die Arbai waren auch sanftmütige Wesen, aber Sanftmut kann unter Umständen sehr gefährlich werden, wie wir am Beispiel der Arbai sehen. Sie haben dafür mit dem Leben bezahlt. Und das gleiche könnte auch uns widerfahren, denn diese beiden kommen womöglich zurück und töten uns. Die Frage ist, ob sie böse Menschen sind. Wenn ja, dann spielt es keine Rolle, wie sie dazu geworden sind. Das Böse ist unumkehrbar…«
    »Vergebung ist eine Tugend«, sagte Vater James, bis ihm bewußt wurde, daß diese Aussage weniger seiner eigenen Einstellung als vielmehr der religiösen Konditionierung entsprang.
    »Nein. So einfach ist es nun auch wieder nicht. Wenn wir die beiden laufen lassen, machen wir uns vielleicht an weiteren Morden mitschuldig, wenn auch nur indirekt.« Nachdenklich stützte sie den Kopf in die Hände. »Haben wir das Recht, eine Dummheit zu begehen, nur weil uns danach ist? Nein. Nicht auf Kosten anderer.«
    Er musterte sie interessiert. »So habe ich Sie aber noch nie reden hören, Marjorie. Vergebung ist doch ein zentraler Aspekt unseres Glaubens.«
    »Nur weil das irdische Dasein im Grunde für Sie nicht zählt, Vater. Gott sieht das aber anders.«
    »Marjorie!« rief er. »Das ist nicht wahr.«
    »Doch«, erwiderte sie in der gleichen Lautstärke. Der dumpfe Kopfschmerz hatte sich nun zu einem heftigen Pochen verstärkt. »Ich will Sie nicht persönlich angreifen, Vater; es geht mir nur um das, was ihr Priester immer predigt. Ich sage, das Leben hat doch einen Wert, und das bedeutet, daß ich ihnen nur dann vergeben kann, wenn andere, einschließlich meiner Person, dadurch nicht gefährdet werden! Ich werde den Fehler der Arbai auf keinen Fall wiederholen.«
    »Marjorie!« rief er erneut. Er hatte selbst gewisse Zweifel und Bedenken, aber ihr Ausbruch verstörte ihn zutiefst. So aggressiv hatte er sie noch nie erlebt; die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus.
    »Es tut mir leid«, wandte sie sich an die Gefangenen. »Ich befürchte, wir sind nur dann sicher vor euch, wenn die Füchse euch töten.«
    »Um Gottes willen, Lady«, rief Steeplehands voller Furcht. »Bringen Sie uns nach Commons und übergeben Sie uns der Polizei. Solange wir gefesselt sind, können wir Ihnen doch überhaupt nichts tun.«
    Sie faßte sich an den Kopf. Das war eine schlechte Idee, ohne daß sie indes wußte, weshalb. Es war sogar eine ausgesprochen schlechte Idee. Dessen war sie sich sicher. Vor ihrem geistigen Auge stand ein großes Fragezeichen.
    Vater James schüttelte besorgt den Kopf und versuchte, sie umzustimmen: »Mainoa hat sie fest verschnürt. Und wir müssen ohnehin nach Commons. Wir übergeben sie dem Sicherheitsdienst. Sie sind auch nicht schlechter als das Gesindel, das sich in der Hafengegend herumtreibt.«
    Marjorie nickte; völlig überzeugt war sie jedoch nicht. Das war überhaupt keine gute Idee. Eine Sehr Kleine Entität sollte so etwas nicht tun. Eine

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