Monströse Welten 1: Gras
Sie drin. Mein Mann mag warme Farben, Rot und Bernstein. Ich ziehe die kühleren vor. Blau. Pastellgrau. Meeresgrün. Ach…« Sie verstummte. »Es gibt ja gar kein Meer auf Gras, aber Sie wissen trotzdem, was ich meine.« Er nickte. »Vielleicht könnten Sie es im ortsüblichen Rahmen etwas variieren?«
»Ortsübliche Variation«, bestätigte er den Auftrag und notierte ihn mit gespitzten Lippen. »Ich werde mein Bestes tun, Madam, und möchte Ihnen zu dem Sachverstand gratulieren, uns damit zu betrauen. Wir von der Neustraße sind ein eingespieltes und kompetentes Team.« Er erwiderte ihren offenen Blick und nickte. »Ich möchte Ihnen etwas sagen, unter vier Augen. Sie und Ihre Familie kommen ab und zu über den Wald ins Territorium der Commons. Die Aristos bezeichnen es als Commoner Town, aber wir sagen Commons, was bedeutet, daß dort für jeden von uns Platz ist. Wir haben Lebensmittel, die Sie hier niemals bekommen und die wir extra für uns einfliegen lassen. Es wird verdammt einsam hier draußen, wenn man nicht zu diesen bons gehört. Vielleicht entscheiden Sie sich sogar dafür, den Winter in Commons zu verbringen, falls Sie so lange hierbleiben. Sie haben auch Tiere dabei, und für die wird in Commons besser gesorgt als hier draußen. Wir haben Winterställe für die Tiere eingerichtet. Wir haben Scheunen, die wir jeden Sommer mit Heu auffüllen, und Kuhställe bei unseren Wohnquartieren. Alle Dörfer schließen im Winter und ziehen in die Stadt. Kein Aristo wird es erfahren. Jeder, der Sie über das Telly anruft, wird nach Commons durchgestellt, und sie werden nicht wissen, daß Sie dort überwintern. Übrigens, sprechen Sie Grassan?«
»Ich dachte, auf Gras wird Terranisch oder das Händleridiom gesprochen«, erwiderte sie irritiert. »Obermun bon Haunser hat terranisch mit mir gesprochen, Fachsprache Diplomatie.«
»Oh, sie tun das schon, wenn ihnen danach ist«, sagte er mit einem schiefen Grinsen. »Sie sprechen diplo, und manche von ihnen lassen sich sogar zum Händleridiom herab, und beim nächstenmal wenden sie dir dann den Rücken zu und tun so, als ob sie nichts verstehen würden. Man erreicht mehr bei ihnen, wenn man Grassan spricht. Ich verstehe auch ein wenig; es ist ein Mischmasch aus allen Sprachen, die von den ersten Siedlern gesprochen wurden, und seitdem hat es sich verändert. Jede Familie spricht ihre eigene Variante, quasi ein Familiendialekt; es ist eine Art Spiel, wobei die Dialekte sich durch familientypische Wörter unterscheiden. Aber man erfaßt zumindest den Sinn, wenn man die Sprache beherrscht. Noch weiter kommt man aber, wenn man sie erst in dem Glauben läßt, daß man die Sprache nicht spricht und dann plötzlich loslegt. Ich könnte Ihnen einen Lehrer besorgen.«
»Tun Sie das«, sagte sie; plötzlich erschien er ihr gleichermaßen vertrauenswürdig und sympathisch. »Schicken Sie mir einen Lehrer und bewahren Sie bitte Stillschweigen über die Sache, Mr. Few.«
»Das werde ich.« Er schnaufte. »In zwei Tagen werde ich Ihnen jemanden vorbeischicken. Und nennen Sie mich Roald, wie alle Commons. Verdammte bons.« Diese Animosität wirkte eher gewohnheitsmäßig als akut, und Marjorie forschte auch nicht weiter nach; sie machte sich nur eine Notiz für Rigo, für den Fall, daß er es nicht selbst schon gehört hatte.
Außer den großzügigen Zimmern für Gäste und Personal im Haupthaus gab es auf Opal Hill auch noch drei kleinere, separate Residenzen für Angehörige der Botschaft. Rigos treue Assistentin Andrea Chapelside hatte zuerst wählen dürfen und sich das nächstgelegene Haus ausgesucht, um im Bedarfsfall schnellstmöglich erreichbar zu sein. Sie zog mit ihrer Schwester Charlotte dort ein. Vater Sandoval und sein Priesterkollege, Vater James, nahmen die größte der Außenresidenzen, weil sie dort eine Bibliothek und Schule für Stella und Tony sowie eine Kapelle für sich selbst und die Botschaft einrichten wollten. Also blieb das kleinste Haus für Eugenie Le Fevre. Im Erdgeschoß befanden sich eine Sommerküche, Wohnzimmer und Schlafzimmer und im Keller mehrere behagliche Winterräume. Von jedem Haus führte ein Tunnel zum Haupthaus, und alle hatten einen Panoramablick über die Gärten.
Nachdem Roald Few die Besprechung mit Marjorie beendet hatte, kontaktierte er alle anderen Bewohner von Opal Hill und nahm ihre Wünsche für die Einrichtung der Sommer-Schlafzimmer und Wohnzimmer entgegen. Die Frauen im mittleren Alter, die das erste Haus bewohnten,
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