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Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Erspähen eines Fuchses. »Gras stinkt!« rief sie, und das Echo rollte zurück, ing, ing, ing, ing.
    Anthony enthielt sich eines Kommentars und schaute sich nur betrübt um, wobei er dieses Gefühl jedoch mit der kühlen Gelassenheit kaschierte, die er als Sohn des Botschafters für angemessen hielt. Er hatte sich gründlich mit seiner Rolle beschäftigt und betete stündlich für die Kraft, sie auch auszufüllen. Er war nach Marjorie geraten. Er hatte ihr flachsblondes Haar und die haselnußbraunen Augen, ihren reinen, weißen Teint, ihren gertenschlanken Körper, ihr angenehmes Wesen und ausgeglichenes Temperament. Wie sie war auch er von tausend Selbstzweifeln und Schreckensvisionen befallen, die er jedoch nie nach außen dringen ließ. Wie sie galt auch er als schöner Mensch; sogar völlig Fremde waren von ihm fasziniert. Im Alter von neunzehn Jahren hatte er fast schon die Größe seines Vaters, wenn auch noch nicht ganz die Statur eines Mannes.
    Ein junger Mann, sagte sich seine Mutter bewundernd.
    Noch ein Junge, sagte sein Vater sich und wünschte, Tony wäre schon älter, damit er ihm den Grund ihres Hierseins nennen und mehr Unterstützung von ihm bekommen könnte.
    »Ein beträchtliches gesellschaftliches Problem«, sagte just in diesem Augenblick Obermun bon Haunser zu einigen Kameraden. »Das gilt auch für die Tochter, Stella. Wir werden unsere Kinder vor ihr warnen müssen«, befand er. Früher oder später würden die Yrariers von seiner Einstellung erfahren, und er fragte sich, wie er sich dann wohl rechtfertigen sollte. Ihm mißfiel die Vorstellung, sich Lady Westridings zornige Blicke zuzuziehen. Ihre Blicke konnten töten…
    Im Moment jedoch musterte Marjorie nur die Anlage der Ställe und trennte im Geiste einen Sektor ab. »Wir können diesen Bereich der Kaverne abteilen«, schlug sie vor, »und an dieser Seite ein halbes Dutzend schöner Boxen mit je einem Ausgang einrichten. Draußen könnten wir eine Koppel anlegen. Und wenn es dann Winter wird…« Bei dem Gedanken, wie streng die Winter hier waren, verstummte sie und fragte sich betrübt, was sie dann mit den Pferden machen sollten.
    »Dann werden wir doch wohl nicht mehr hier sein?« fragte Anthony mit einem Anflug von Furcht. Sofort registrierte er das und riß sich zusammen: »Wird die Mission denn so lange dauern?«
    Sein Vater schüttelte den Kopf. »Wir wissen es nicht, Tony.«
    »Welche Art von Pferden diese Hippae wohl sind?« sinnierte Marjorie, drehte sich um und schaute in die schattigen Winkel der großen, niedrigen Höhle. »Ich komme mir vor wie in einem großen Fuchsbau.«
    »Ein Fuchsbau?« mokierte ihre Tochter sich. »Mutter, ich muß mich über dich wundern.« Sie warf den Kopf zurück, wobei ihr das seidenmatte schwarze Haar wie Wasser über die Schultern floß. Die Siebzehnjährige hatte einen schlanken Körper, und die spätere, atemberaubende Schönheit war bereits zu erahnen. Nun lächelte sie zuckersüß und schaute ihre Eltern unter langen Wimpern schmollend an. »Wann warst du denn zum letztenmal in einem Fuchsbau?« fragte sie gehässig. Stella hatte nämlich nicht mit nach Gras kommen wollen. Sie hatten aber darauf bestanden, ohne ihr indessen erklären zu können, weshalb. Für Stella bedeutete diese Reise eine Mißachtung ihrer Person. Mit höchster Dramatik setzte sie den Vorgang mit einer Vergewaltigung gleich und ließ sie das auch so oft wie möglich wissen. »In einem anderen Leben?« spottete sie nun. »In einer anderen Zeit?«
    »Als ich noch ein Wechselbalg war«, erwiderte ihre Mutter bestimmt. »Vor sehr langer Zeit, als ich mir meiner Würde noch nicht bewußt war. Das wird wieder geschehen. Ich werde mir ein schönes altes Kleid anziehen und es mir gemütlich machen. Ich habe Hunger, großen Hunger, und dann lese ich ein Buch, das ich schon kenne, und dann gehe ich schlafen. Das ist mir alles zu fremdartig. Nicht einmal die Farben stimmen.«
    Sie stimmten wirklich nicht. Ihre Worte riefen es ihnen ins Bewußtsein, als sie die Höhle verließen und auf einer kuppelartigen Allee aus importierten Bäumen zur Residenz zurückgingen. Die Farben stimmten nicht. Der Himmel, der eigentlich hätte blau sein sollen, war nicht blau. Die Prärie hätte die Farbe verdorrten Grases haben müssen, aber statt dessen drängten sich ihnen ein blasses Mauve und ein noch blasseres Saphir auf, als ob die Szenerie vom Mond beschienen würde.
    »Wir sind nur nicht daran gewöhnt«, versuchte Tony sie zu trösten und

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