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Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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hatten Bilder mit der gewünschten Ausstattung dabei, im terranischen Stil. Die Männer im größeren Haus wünschten es so schlicht wie möglich, und ein Raum sollte überhaupt nicht eingerichtet werden, bis auf ein paar Stühle mit Kniebänken und einem Altar. Der zierlich wirkende jüngere Mann hatte eine Skizze angefertigt, die der stämmige ältere Mann mit einem Kopfnicken absegnete. Beide waren religiös, erkannte Roald, obwohl sie nicht wie Geheiligte gekleidet waren. Diese beiden trugen Kutten mit lustigen schmalen Kragen. Mal was anderes.
    »Ich hoffe, das ist nicht mit allzu großem Aufwand für Sie verbunden«, sagte der ältere mit metallischer Stimme, die nur scheinbar apologetisch war.
    »Überhaupt nicht«, sagte Roald mit einem gewinnenden Lächeln, »bis auf einen Punkt: Ich wüßte gern, wie die korrekte Anrede für Sie und den anderen Herrn lautet. Ich weiß nämlich, daß Sie Männer der Kirche sind und möchte nicht ins Fettnäpfchen treten.«
    Der Zierliche nickte: »Wir sind Altkatholiken. Ich bin Vater Sandoval, und mein Kamerad ist Vater James. Die Mutter von Vater James ist die Schwester Seiner Exzellenz, Roderigo Yrarier. Üblicherweise nennt man uns Vater, wenn Sie damit einverstanden sind.« Und wenn nicht, dann ist mir das auch egal, schwang unausgesprochen mit.
    »In meinem Geschäft ist der Kunde König«, beruhigte Roald sie. »Wenn ich Sie mit ›Onkel‹ anreden sollte, wäre das auch kein Problem. Gegen die ›Tante‹ würde ich mich wohl sträuben, aber ›Onkel‹ wäre in Ordnung.«
    Das bescherte ihm ein glucksendes Lachen des jüngeren Priesters, und Roald nickte ihm beim Abschied fröhlich zu.
    Das kleinste Haus war gleichzeitig das entlegenste und das letzte auf seiner Liste. Es war hier gewesen, im leeren Sommerquartier, wo er Eugenie begegnet war. Er hatte nicht lange mit ihr Zusammensein müssen, um sie kennenzulernen. Alles, so sagte er sich, was er über sie wissen mußte.
    »Pink«, sagte sie. »Pastelliges Pink. Und warme Rose-Töne, wie in der Innenseite einer Blüte. Ich vermisse die Blumen. Vorhänge, um die Nacht auszusperren und mir den Anblick dieses gräßlichen Grases zu ersparen. Vorhänge aus dünnem Stoff, die man drapieren kann und die sich im Wind bauschen. Breite Sofas mit Kissen.« Sie gestikulierte mit den Händen und formte mit den Lippen ihre Wünsche, und er sah, was ihr vorschwebte, ein Nest aus elfenbein- und rosefarbenen Federn, duftend wie – so das Klischee – ein terranischer Morgen. Sie trug ein Seidennachthemd, dessen Schleppe sich bei jeder Bewegung bauschte, als ob sie von linden Winden umfächelt würde. Ihr hellbraunes Haar war hochgesteckt, wobei Löckchen sich über den Brauen und am Nacken kringelten. Die babyblauen Augen blickten unschuldig; sie kannte nur ihr Vergnügen und war unbelastet von jeglichen tiefschürfenden Gedankengängen.
    Roald Few seufzte stumm. Er wußte Bescheid. Diese Lady sah aus wie die kleine Porzellanpuppe, die seine Frau zu Hause auf dem Tisch stehen hatte. Arme Lady Westriding. Sie war eine sehr interessante Frau, und nun bedauerte er sie ebensosehr. Er fragte sich, was wohl schiefgelaufen war. Es gab so viele Erklärungen. Er würde Kinny, seiner Frau, alles erzählen, wie sie ausgesehen hatten, was sie gesagt hatten, und dann würde Kinny auch Bescheid wissen. Sie würde ihm die Geschichte beim Abendessen erzählen, daß dieser Roderigo und diese Lady Westriding fast das ideale Paar gewesen seien, wie füreinander bestimmt, und daß dann etwas geschehen war, und nun war diese Dame in Pink des Lords Bettgenossin, während die kühle blonde Frau ganz allein war. Obwohl er sie womöglich gar nicht allein ließ. Diese Möglichkeit bestand nämlich auch.
    »Rose und Pink«, sagte er zu Eugenie und notierte die Bestellung. »Und jede Menge weiche Kissen.«
     
    Als Roald nach Hause kam, wartete Kinny, seine Frau, schon mit dem Abendessen. Seit Marthamay Alverd Bee geheiratet hatte und an das andere Ende der Stadt gezogen war, waren Roald und Kinny sporadisch allein gewesen – das heißt, wenn keines der Kinder einen Babysitter oder nach einem Ehekrach eine Zuflucht benötigte. Ehekräche, so hatte Roald ein jedes seiner Kinder instruiert, seien so unvermeidlich wie der Winter, im Gegensatz zu diesem jedoch nicht lebensgefährlich, sofern man ein paar kleine Vorsichtsmaßnahmen traf. Zum Beispiel, sich im Bedarfsfall zu Hause ein paar Tage abzukühlen und sich aus dem Weg zu gehen. Genauso, wie auf den

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