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Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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weshalb sie hergekommen waren.
    »Wir besuchen Commons, spielen und arbeiten und veranstalten Winterfestspiele und literarische Wettbewerbe. Wir besuchen die Tiere in den Scheunen. Wir haben ein Orchester. Die Leute singen und tanzen und dressieren Tiere. Wir haben eine Winter-Universität, an der die meisten von uns Dinge lernen, sie sie nie lernen würden, gäbe es den Winter nicht. Manchmal fliegen wir für die kalte Jahreszeit auch Professoren von Semling ein. Sie werden noch merken, daß wir gebildeter sind als die bons, obwohl wir sie das natürlich nicht spüren lassen. Unter Commons befinden sich so viele Tunnels, Lagerräume und Konferenzräume, daß man es mit einem Schwamm vergleichen könnte. Wir bewegen uns dort unten, ohne auch nur einen Blick nach draußen zu werfen, wo der Wind bis auf die Knochen schneidet und der kalte Nebel alles einhüllt, auch die Eisgeister.«
    »Aber die bons bleiben auf ihren Estancias?«
    »Weil sie draußen auf den Estancias nicht über unsere Ressourcen verfügen, verbringen sie die Zeit unproduktiver. In der Stadt nutzen wir den Synergieeffekt von mehreren tausend Menschen, wobei die Zahl im Winter sich noch erhöht. Wenn der Winter naht, übersiedelt die Dorfbevölkerung nach Commons. Der Hafen ist das ganze Jahr über in Betrieb, so daß wir sogar in der kalten Jahreszeit Besucher haben. Das Hotel hat auch Winterquartiere, die über Tunnels mit dem Hafen verbunden sind. Auf einer Estancia leben vielleicht hundert Menschen, maximal hundertfünfzig. Auf den Estancias gehen die Leute sich mit der Zeit auf die Nerven.«
    Dann herrschte Schweigen, bis sie schließlich zögernd fragte: »Gibt es auch karitative Einrichtungen auf Gras?«
    »Karitativ, Gnädige Frau?«
    »Wohltätigkeit. Den Menschen helfen.« Sie zuckte die Achseln und benutzte den Ausdruck, den sie oft schon von Rigo gehört hatte. »Witwen und Waisen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nun, ich glaube schon, daß es Witwen und gelegentlich auch eine Waise gibt, aber ich verstehe nicht, weshalb sie der Wohltätigkeit bedürften. Wir Commoners sorgen für uns selbst, aber das ist keine Wohltätigkeit, sondern gesunder Menschenverstand. Haben Sie das auf Ihrem Heimatplaneten oft praktiziert?«
    Sie nickte ernüchtert. O ja, und wie sie das praktiziert hatte. Aber niemand hatte es für nötig gehalten, ihren Platz wieder auszufüllen. »Ich glaube, es wird viel Leerlauf geben«, sagte sie. »Anscheinend ist der Winter sehr lang.«
    »Und ob er lang ist. Die Aristos haben ein Sprichwort auf Grassan: Prin g’los dem aufnet haudermach. Soll heißen: ›Die Nähe des Winters wird im Frühling getrennt.‹ Sie würden es vielleicht eher so ausdrücken: ›Winter-Liaisons enden im Frühling.‹« Nachdenklich zog er die Augenbrauen hoch. »Nein, ein Terraner würde wohl eher sagen: ›Der Frühling lockert Winter-Ehen.‹«
    »Ja, wir sagen eher Ehen«, bestätigte sie trocken. »Wo haben Sie denn das Diplomaten-Idiom erlernt?«
    »Alle beherrschen es. Jeder in Commons. Auf dem Hafen ist immer viel Betrieb. Viele Starts und Landungen. Wir haben mehr Geschäftsleute in Commons, als Sie vielleicht glauben. Wir importieren Güter von anderen Planeten. Und wir exportieren auch Waren. Wir müssen kommunizieren. Deshalb sprechen wir das Diplomaten- und Händler-Idiom sowie noch ein halbes Dutzend anderer Sprachen. Grassan ist eine sehr gestelzte und unpräzise Sprache. Es ist eine Sprache, die von den Aristokraten erfunden wurde. Wie ein privater Code. Ich werde sie Ihnen beibringen, aber erwarten Sie nicht, daß Sie schlau daraus werden.«
    »Keine Sorge. Bestreiten Sie auch Ihren Lebensunterhalt als Grassan- Lehrer?«
    »Oh, bei den graziösen Körpern der Migerer, nein, Lady. Wem sollte ich es auch beibringen? Hier beherrscht jeder die Sprache, und sonst hat niemand Interesse daran. Hirne Pollut, der Schreiner, ist ein Freund des Handwerksmeisters Roald Few, und ich bin der Sohn von Pollut, dem Schreiner; er beschäftigt mich während einer lauen Saison, das ist alles.«
    Sie konnte ein Lachen nicht mehr unterdrücken. »Dann sind Sie also ein Schreiner?«
    Sein Blick wurde abwesend. »Nun, in erster Linie schon, denn bisher habe ich mein Glück noch nicht gemacht.« Er verstummte und setzte sich dann gerade hin. »Aber ich werde es machen. Es gibt viel Geld zu verdienen in den Seidenspinnereien von Semling, darauf gebe ich Ihnen mein Wort. Aber vorher säge ich noch ein paar Bretter für Ihr Arbeitszimmer, Lady; schließlich

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