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Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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auch nicht vom Hotel. Und es gehört weder mir noch Saint Teresa und auch sonst keinem von den kleinen Zuhältern bei uns, gehört sie nicht. Ich fürchte, es ist dein Problem, Jelly. Deins ganz allein.« Ducky Johns kicherte, wobei das zeltartige Plissee-Kleid in Wallung geriet und ein Beben durch den fleischigen Körper ging.
    Jellico schüttelte den Kopf. »Nein, Ducky, altes Mädchen. Ich werde ein Bild von ihr machen, und dann bringst du sie zurück. Du hast doch genug Platz in deinem Haus. Bring es in einem leerstehenden Zimmer unter und gib ihm etwas zu essen. Der Stasis-Tank ist kein Platz für es. Muß nicht eingefroren werden. Jemand muß sich um es kümmern. Ist bei dir besser aufgehoben.«
    »Dein Vertrauen ehrt mich«, erwiderte sie affektiert.
    »Oh, auf den Strich schicken wirst du sie aber nicht, Ducky. Wenn sie nicht spricht, kann sie auch keine Einverständniserklärung abgeben, und du kannst dich darauf verlassen, daß ich nach ihr sehen werde, wenn ich das nächstemal nach Portside komme und die Passierscheine kontrolliere. Vorher werde ich mich aber noch umhören. Wenn das nicht die beschissenste Sache ist…«
    Er behielt das Mädchen im Auge, während er den Scanner aktivierte, und sie erwiderte seinen Blick mit halb abgewandtem Kopf, so daß er nur ein Auge sah, ein Auge, das bar jeglicher Intelligenz war. Und doch, nachdem er den Scanner ausgeschaltet hatte und Ducky die Hand ausstreckte, ergriff das Mädchen sie, warf den Kopf zurück und schaute ihn noch einmal von der Seite an.
    Jelly schauderte. Dieser Blick kam ihm irgendwie bekannt vor. Er hatte fast so fremdartig gewirkt wie der Ort, von dem das Mädchen vermutlich stammte. Durch den Sumpf war sie nicht gekommen, soviel stand fest. Weder mit dem Flugzeug noch per Schiff. Im Hotel wohnte sie auch nicht. Und welche Möglichkeiten blieben jetzt noch?
    »Verdammt«, flüsterte Jelly und schaute zu, wie die alte Ducky das Mädchen auf den Soziussitz ihres Trikes setzte und dann in Richtung Portside verschwand. »Verdammt.«
    Am Tag nach der bon Damfels-Jagd stand Marjorie schon vor dem Morgengrauen auf. Sie hatte kaum geschlafen, und obendrein noch unruhig. Sie hatte von den Hippae geträumt, und diese Träume waren bedrohlich gewesen. Mitten in der Nacht war sie aufgestanden und durch die Winterquartiere spaziert, sie war in die Kinderzimmer gegangen und hatte den Atemzügen ihrer Sprößlinge gelauscht. Anthony hatte im Schlaf gestöhnt und gezittert, fast wie El Dia Octavo an jenem Tag gezittert hatte, als sie diese Entitäten auf dem Hügelkamm gesehen hatte. Marjorie hatte sich auf die Bettkante gesetzt und war ihm mit der Hand über Schultern und Brust gefahren; sie hatte ihn gestreichelt wie die Pferde und die Angst von ihm genommen, bis er reglos unter ihren Fingern lag. Lieber Tony, kleiner Tony, ihr geliebter Erstgeborener. Er hatte eine solche Ähnlichkeit mit ihr, daß sie selbst die subtilsten Ausprägungen seiner Mimik und Gestik erkannte. Sie wachte über ihn und wünschte sich, sie hätte ihm die bisherigen Enttäuschungen ersparen können. Es würden ohnehin noch genug auf ihn warten. Weil er ihr so ähnlich war, mußten sie einfach kommen, so wie der Tag auf die Nacht folgte.
    Im Nebenzimmer schlief Stella tief und fest; ihr Teint wirkte rosig im Dämmerlicht, und sie hatte den Mund leicht geöffnet. Mit jedem Tag wurde sie Rigo ähnlicher – sie hatte seine Leidenschaft, seinen Stolz, und eine verblüffend weibliche Version seines edlen Gesichts. Marjorie beugte sich über sie, ohne sie indes zu berühren. Wenn sie Stella berührt hätte, wäre sie aufgewacht und hätte jede Menge Fragen und Forderungen gestellt – Fragen, die Marjorie nicht beantworten konnte, Forderungen, die sie nicht erfüllen konnte. Wie Rigo, sagte Marjorie sich. Genau wie Rigo. Und wie Rigo verlangte auch Stella von der ganzen Welt Verständnis, nur daß sie alle Bemühungen, sie zu verstehen, schon im Ansatz unterlief.
    »Ich habe versucht, Rigo zu verstehen«, flüsterte Marjorie, eine alte Litanei, fast schon eine Entschuldigung, die sie immer wieder vorbrachte; auch gegenüber Vater Sandoval, bevor er das zu retten versuchte, was offensichtlich nicht mehr zu retten war, auch nicht, indem er ihr Buße auferlegte und sie ermahnte, eine gehorsame und treue Ehefrau zu sein. Schließlich hatte sie sich so bedrängt gefühlt, daß sie nicht mehr in der Lage war, um Vergebung zu bitten. Was sie Vater Sandoval gebeichtet hatte, war die Wahrheit. Als

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