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Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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zwei Sektoren geteilt. Der Berg erstreckte sich als fugenlose Mauer in Ostwest-Richtung, eine glatte Wand, die sich schließlich in den Tiefen des Sumpfwaldes verlor und somit eine Barrikade zwischen den Ortsansässigen und den Durchreisenden bildete. Handwerker, Bauern, Kaufleute und ihre Familien lebten und arbeiteten nördlich der Barriere in einem Gebiet, das sie Commons nannten und welches die eigentliche Stadt darstellte. Im Gebiet südlich der Mauer, hauptsächlich hügeliges Weideland, befanden sich der Raumhafen und alle dazugehörenden Einrichtungen.
    Zu diesen Einrichtungen zählten im Osten des Hafens ein Bezirk mit Lagerhäusern, in denen die Importe und Exporte zwischengelagert wurden, Scheunen, in denen Heu für die Winterfütterung des Nutzviehs der Commons gelagert wurde, diverse größere Geschäfte und Amüsierbetriebe, die von Einheimischen geführt wurden, das Raumhafenhotel und das Krankenhaus. Diese Zone, einschließlich des Hafens selbst, wurde als Wirtschaftsdistrikt bezeichnet.
    Weiterhin gab es einen Bezirk westlich des Hafens, wo die von Bordellen gesäumte Portside Road verlief. Dort hatten die Etablissements rund um die Uhr geöffnet, und die Gäste schritten achtlos über am Boden liegende Körper hinweg. Manche lagen tot oder schwer verwundet in der wimmelnden Menge. Die verwinkelten Gebäude atmeten einen undefinierbaren Brodem aus Drogen, Schmutz und diversen biologischen Ausscheidungen. Diese verrufene Gegend war nach der Straße benannt worden, an der sie lag und hieß schlicht Portside.
    Neben dem Wirtschaftsdistrikt und Portside umfaßte das südliche Areal zirka hundert Quadratkilometer öffentliche Heuwiesen und Grasland, das im Osten, Süden und Westen von der auf einem Hochplateau gelegenen Stadt zum Sumpfwald hin abfiel.
    Das Hafengelände und Commons wurden von einem durch die Mauer getriebenen Tunnel verbunden, der Grasbergstraße. Hierbei handelte es sich um eine belebte Magistrale, die an der Ostseite des Berges verlief, vorbei an der Polizeistation und den großen, massiven Toren, mit denen gelegentlich die Straße für den Verkehr gesperrt wurde. Nicht selten geschah es, daß die Besatzungen von Frachtschiffen, die in den frühen Morgenstunden die Etablissements von Portside verließen, sich den gelungenen Spaß machten, die Normalbürger aus dem Schlaf zu reißen. Um dem vorzubeugen, wurden die Tore geschlossen. Normalerweise verlief der Verkehr auf der Grasbergstraße zwischen dem Hafen und Commons aber störungsfrei.
    Auf dem Hafen herrschte viel Betrieb, weitaus mehr, als der Bevölkerung des Planeten entsprochen hätte. Weil Gras jedoch an einer topologischen Kreuzung lag, einem zugänglichen Ort im Quasi-Raum, der mit einem Planeten im Standard-Universum identisch war, hatte der Planet eine große Bedeutung erlangt. Die Aristokraten, auf ihren Estancias isoliert und mit sich selbst beschäftigt, waren sich der vorteilhaften Position von Gras nie bewußt geworden. Mit Überraschung hätten sie zur Kenntnis genommen, daß der Reichtum von Gras nicht in den Estancias konzentriert war, sondern bei einer beträchtlichen Anzahl von Stadtbewohnern, die ihr Vermögen bei auswärtigen Banken deponiert hatten. Falls überhaupt, kamen nur wenige bons nach Commoner Town, und dann suchten sie höchstens die Handelskontore auf. Die Bewohner der Stadt, welche die Estancias besuchten, hielten sich bezüglich der wirtschaftlichen Vorgänge in der Stadt bedeckt. Wo die bons noch immer die Vorstellungen von ihrer sozialen und ökonomischen Überlegenheit kultivierten, hatten die Commons sich schon längst eine pragmatischere Betrachtungsweise zu eigen gemacht. Ohne daß die Aristokraten sich dessen in letzter Konsequenz bewußt geworden wären, hatte der Wirtschaftsdistrikt sich allmählich zu einem bedeutenden Umschlagsplatz mit einer hohen Bettenkapazität für Reisende entwickelt.
    Während sie auf das Anschlußschiff warteten, stürzten die Reisenden sich oft in das pralle Leben von Commons. Anbieter von aus Gras gewebtem Tuch, Grasbildern und kunstfertig geflochtenen bunten Graskörben in der Form von Vögeln und Fischen machten glänzende Geschäfte. Der Erwerb solcher Waren vermittelte den Reisenden die Illusion, Gras authentisch zu erleben. Die Aristokraten hatten es nämlich untersagt, die Savanne vom Flugzeug aus zu besichtigen. Einmal hatte das Hafen-Hotel Ausflüge zum Rand des Sumpfwaldes angeboten, aber nachdem ein Boot voller VIPs nicht mehr zurückgekommen war,

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