Monströse Welten 1: Gras
Geschäft hält mich den ganzen Tag auf Trab. Keine Zeit, mich auch noch damit zu befassen!« Erneut fuchtelte Ducky mit den Händen, faltete sie dann zu einem Klumpen und vergrub sie im Schoß. »Sag mir, daß du sie mitnimmst, Jandra. Bitte sag es. Jeder andere, würde dein Jelly sagen.«
»Ja, ich werde sie mitnehmen«, versprach Jandra. »Das heißt, ich lasse sie holen. Aber es ist wirklich sonderbar. So etwas habe ich noch nie erlebt. Woher kommt sie denn?«
»Möchten wir das nicht alle wissen, meine Liebe?«
Am Nachmittag ließ Jandra das Mädchen abholen. Die darauffolgenden Tage verbrachte sie damit, dem Mädchen abzugewöhnen, den Rock hochzuziehen und lehrte sie, mit den Fingern zu essen, anstatt das Gesicht im Essen zu vergraben, und allein auf die Toilette zu gehen, ohne Laut zu geben. Als sie schließlich hinreichend konditioniert war, kontaktierte Jandra per Telly Kinny Few und lud sie zu sich ein. Die beiden tranken Tee und knabberten Kinnys Kornküchlein, während sie zusahen, wie das Mädchen mit einem Ball spielte.
»Ich hatte angenommen, du wüßtest, wer sie ist«, sagte Jandra. »Oder wer sie war. Ich glaube nämlich nicht, daß sie sich schon immer in diesem Zustand befunden hat.«
Kinny dachte angestrengt nach. Die Art, wie das Mädchen den Kopf neigte, erinnerte sie an jemanden, aber sie wußte nicht, wer das gewesen war. Jedenfalls niemand aus Commons, das stand fest. »Sie muß mit einem Schiff gekommen sein«, sagte sie, wobei sie jedoch wußte, daß das unmöglich war. »So wird es gewesen sein.«
»Dieser Meinung bin ich auch«, pflichtete Jandra ihr bei. »Aber Jelly ist anderer Ansicht. Sie war einfach da, auf Ducky Johns’ Veranda. Als ob sie dort aus dem Ei geschlüpft wäre. Sie ist so unbedarft wie ein Küken.«
»Was wirst du denn jetzt mit ihr machen?« erkundigte Kinny sich.
Jandra zuckte die Achseln. »Mich darum kümmern, daß sie irgendwo unterkommt. Und zwar ziemlich bald. Jelly erträgt ihre Anwesenheit nämlich nicht mehr lange.«
Eigentlich bestand überhaupt nicht die Gefahr, daß Jelly die Geduld verlor. So ergeben er Jandra auch war (zumal Treue für die beiden ein Begriff war), weckte der Körper des Mädchens, lieblich und unberührt wie ein halbwildes Tier, ein quälendes Verlangen in ihm.
»Eine Woche«, hatte er zu Jandra gesagt. »Ich gebe dir eine Woche.« Er hoffte, daß er sich so lange noch beherrschen konnte.
Rigo bestand auf einem diplomatischen Empfang. Darin wurde er von Eugenie bestärkt, die der Gesellschaft auf Opal Hill überdrüssig war, jedoch nicht über den Status verfügte, der es ihr gestattet hätte, woanders hinzugehen. Sie durfte nicht einmal der Jagd beiwohnen. Nach der bon Damfels-Jagd hatten die Yrariers noch als Beobachter an drei weiteren Jagden teilgenommen; zweimal nur die Familie, einmal mit Vater Sandoval und Vater James als Gästen. Spätestens dann wußte Tony, daß eine Jagd der anderen glich. Sie hatten weitere Einladungen abgelehnt und damit die Vorurteile, welche die bons ihnen gegenüber hegten, nur noch bestätigt. Darüber konnte Rigo sich jedoch keine Gedanken machen. Roald Few hatte nämlich einen Teil der Ausstattung für die Sommerquartiere geliefert und versprochen, daß die Einrichtung binnen zwei Wochen komplett wäre.
»Vorhänge, Teppiche, Möbel, Bildprojektoren für die Wände – alles. Alles gediegen und von bester Qualität.«
»Rigo möchte einen Empfang für die bons geben«, sagte Marjorie.
»Grumpf«, schnaubte Persun Pollut.
»Nun«, sagte Roald despektierlich, »der Botschafter hat ja keine Ahnung. Während der Jagdsaison, Lady Westriding, werden bestenfalls Stellvertreter und untere Chargen kommen. Leute, die nicht reiten. Diejenigen, die reiten, würden nämlich nicht im Traum daran denken, zu kommen; verstehen Sie?«
»Es würde also Eric bon Haunser kommen, aber nicht der Obermun?«
»Das ist richtig. Und von den bon Damfels’ würde überhaupt niemand erscheinen außer Figor. Die Obermum geht nur dorthin, wohin auch der Obermun geht. Und die restliche Familie reitet geschlossen.«
Marjorie schaute ihn an und versuchte in dem offenen Gesicht zu lesen. Der Mann machte einen aufrichtigen Eindruck, und bisher hatte er sie immer fair behandelt. »Ich benötige Informationen«, sagte sie schließlich mit leiser Stimme.
Roald schlug einen vertraulichen Ton an. »Ich stehe auf Ihrer Seite, Lady Westriding.«
»Die bon Damfels’ waren in Trauer, als wir sie
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