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Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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verließen die Kaverne, wie sie sie betreten hatten, in Einer- und Zweierreihen, und hinterließen ein in den Boden getrampeltes Muster, das von seiner Komplexität und Detailfülle einem Teppich ähnelte. Für die, die es erschaffen hatten, besaß es durchaus eine Bedeutung; eine Bedeutung, die sonst nur durch eine lange Abfolge von Körperzuckungen und eine spezielle Blinzeltechnik zu vermitteln gewesen wäre. Die alte Hippae-Sprache aus Mimik, Zittern und fast unmerklicher Bewegung war in diesem besonderen Fall ungeeignet, doch den Hippae war noch eine weitere Sprache geläufig. Jene Sprache, die sie vor langer Zeit von einer anderen Rasse gelernt hatten, stellte ihre Schriftsprache dar – und damit hatten sie einem bestimmten, unaussprechlichen Wort Ausdruck verliehen.
     
    In den Ställen von Opal Hill waren die Pferde wach und lauschten, wie sie das schon viele Nächte, die meisten Nächte, getan hatten, seit sie nach Gras gekommen waren. Millefiori wieherte dem Hengst Don Quixote zu, der wiederum seinem Nachbarn Irish Lass, und so lief das Raunen die ganze Boxenfront hinunter und dann wieder zurück, wie ›Stille Post‹. »Hier«, schien jeder zu sagen. »Noch hier. Noch nichts.«
    Aber da war doch etwas. Etwas, dessen sie sich mittlerweile mehr als nur vage bewußt waren. Einer dieser Schatten, vor denen man scheut, eine dieser Brücken, über die man nicht geht. Ein solches Ding, von dem eine Drohung ausging, welche die Reiter normalerweise nicht begreifen. Jedenfalls die meisten. Die Frau, sie begriff. Sie begriff immer. Wenn da ein solches Ding war, bedrängte sie sie nie. Niemals. Und das lohnten sie ihr mit absolutem Vertrauen. Wenn sie mit ihnen zum hohen Zaun ritt, dem Zaun, über den man nicht sehen konnte, von dem man nicht wußte, was sich hinter ihm verbarg, wußte jeder von ihnen, daß sie sie sicher auf die andere Seite bringen würde. Sie vertrauten ihr. Sie würde sie nicht verraten, keinen von ihnen.
    Nicht daß sie in Wörtern gedacht hätten. Sie kannten keine Wörter. Vielmehr handelte es sich um ein instinktives Verstehen. Die Belohnungen, die Bedrohungen. Dieses Ding dort oben auf dem Hügel an jenem Tag. Dieses Geräusch in der Nacht, dieses Geräusch, das in ihre Ohren und Köpfe drang und alles andere verdrängte. Das waren die Bedrohungen.
    Aber da war noch etwas anderes draußen in der Nacht, und das… das war etwas, das sie weder als Bedrohung noch als Belohnung einordneten. Es kämpfte gegen den schrecklichen Lärm an; es hielt die bösen Gedanken fern. Und doch kam es nicht näher, gab ihnen kein Heu, tätschelte ihnen nicht den Hals. Es war einfach da, wie eine lebendige Wand, ein Ding, das sie nicht verstanden.
    Also ging das Wiehern erneut von links nach rechts und lief dann wieder zurück. »Hier. Noch hier. Alles gut. Noch am Leben. Nichts…«
    »Noch nichts.«
     
    Jandra Jellico machte ihre Drohung wahr und fuhr im Rollstuhl hinüber nach Portside, um Ducky Johns einen Besuch abzustatten. Sie war Ducky früher schon begegnet und hatte sie auch sympathisch gefunden, trotz des Geschäfts, das sie betrieb und das Jandra überhaupt nicht sympathisch war. Vergnügen war eben Vergnügen, war es schon seit Jahrhunderten gewesen, und die Leute fragten es nach. Manches von dem, was sie nachfragten, war in Jandras Augen jedoch weniger geschmackvoll.
    Dennoch ließ sie das nicht durchblicken, als sie in Ducky Johns’ Privatgemächern saß, Tee trank und das Mädchen betrachtete, das auf dem Teppich saß und vor sich hinsummte. Das Mädchen erhob sich ein paar Zentimeter, zog den Rock hoch und kratzte sich, wo auch immer es sie juckte. Nicht die geringsten Hemmungen, wie eine Katze, die sich dort leckte, wo es gerade nötig war.
    »Meine Güte«, sagte Jandra. »Du kannst sie nicht hierbehalten, Ducky.«
    »Wohin sollte sie denn sonst?« schmollte Ducky und beschrieb mit den winzigen Händen Kreise, um ihre Unschuld zu beteuern. »Schließlich war es Jelly, dein Jelly, der sagte, ich solle sie zu mir nehmen. Sie ist nutzlos für mich, meine Liebe. Kann sie nicht verkaufen. Wer sollte sich wohl für sie interessieren? Muß erst ausgebildet werden, bevor sie überhaupt zu etwas zu gebrauchen ist.«
    »Geht sie denn auf die Toilette?« wollte Jandra wissen.
    »Wenn sie außer Essen sonst noch etwas tut, dann das. Ja, sie geht auf die Toilette. Sie winselt wie mein kleiner Hund, wenn sie mal muß.«
    »Hast du denn nicht versucht…«
    »Habe gar nichts versucht. Keine Zeit. Das

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