Monströse Welten 2: Hobbs Land
wieder regeneriert hatte, zog er das Bett ab und hängte die Decken über die anderen Stühle, um sie in der Hitze trocknen zu lassen. Als er schließlich von einem Geräusch aufgeschreckt wurde, waberten bereits Dampfschwaden vor dem Kamin.
Die Leute, die nun das Zimmer betraten, waren von kleinem Wuchs. Der Mann ging dem Junge gerade einmal bis zur Schulter, und dabei war Jep noch lange nicht ausgewachsen; die Frau war noch kleiner und reichte ihm nur bis auf Brusthöhe. Der Mann trug einen Kochtopf, aus dem ein langstieliger Löffel herausragte; die Frau trug eine Schüssel, eine Tasse und eine Flasche, in der es beim Abstellen geheimnisvoll gluckerte. Trotz ihrer Kleinwüchsigkeit identifizierte Jep sie sofort als Erwachsene. Ihre Gesichter drückten Reife und sogar Würde aus. Leute mit solch einer dunklen Hautfarbe hatte Jep noch nie gesehen; die rötlich irisierende Haut war von einem Pelz überzogen. Der Pelz, mit dem die Köpfe bewachsen waren, hatte dieselbe Farbe wie die Haut, und auch die Augen hatten dieselbe rotbraune Färbung wie die Haut, wobei das strahlende Weiß der Zähne in auffälligem Kontrast zur übrigen Erscheinung stand. Sie trugen zerknitterte Hosen und Labberpullis aus einem groben, farblosen Stoff. Schuhe trugen sie nicht, so daß die pelzbedeckten Füße zu sehen waren.
»Etwas zu essen«, sagte die Frau und stellte die Schüssel auf den Tisch. Dann nahm sie die Tasse, füllte sie mit dem Getränk und hielt sie ihm hin. »Gut. Warm.«
»Ich bin schon halb erfroren«, entgegnete Jep. »Was seid ihr eigentlich für Leute?«
Erstaunt sahen die beiden sich an. »Wir sind Gharm«, erklärte der Mann schließlich.
»Von euch habe ich schon gehört«, sagte Jep nachdenklich. »Ihr seid der Grund für eine Kontroverse, nicht wahr? Maire Girat hat Samstag Wilm von euch erzählt. Und Samstag hat mir gesagt, daß ihr von den Leuten von Voorstod versklavt würdet. Stimmt das?«
Erneut wechselten sie Blicke und gingen auf Distanz zu ihm, als ob sie auf einmal Angst bekommen hätten.
»Ich will euch doch nichts tun«, rief Jep. »Ganz bestimmt nicht. Bleibt noch ein wenig. Sagt mir, wo ich…«
Doch nachdem sie das Essen aufs Feuer gestellt hatten, verließen sie fluchtartig den Raum.
Den Tränen nahe schaute Jep ihnen nach. Unwirsch schüttelte er den Kopf und legte die Hand auf den Kessel. Er war warm. Er stellte den Kessel auf den Tisch, füllte die Schüssel und aß. Der Geschmack kam ihm bekannt vor. Fleischig. Körnig. Was China als ›Dauereintopf‹ bezeichnet hätte.
»Unsere Vorfahren haben so etwas gegessen, nachdem sie das Feuer entdeckt hatten«, hatte sie Jep mehr als einmal erklärt, während sie alle möglichen Zutaten in einen Topf warf. »Natürlich erst, nachdem sie den Topf entdeckt hatten. Dann warfen sie zähes Fleisch, harte Körner und bittere Kräuter zusammen in einen Topf und ließen das ganze kochen, bis es genießbar war und besser als die Summe seiner Bestandteile schmeckte. Und wenn sie Glück hatten, gaben die Köche noch Zwiebeln und Salz hinzu, um das Mahl geschmacklich abzurunden.« China gab immer gute Sachen dazu. Jedenfalls fast immer. »Und wenn sie nicht soviel Glück hatten«, sagte sie manchmal, »aßen sie es trotzdem.«
Er aß es ebenfalls, wenn auch ohne großen Genuß. Aber er wußte, daß er essen mußte, um wieder zu Kräften zu kommen und sich innerlich zu wärmen. Nachdem er fertig war, setzte er sich wieder an den Kamin.
Dann hörte er schwere Schritte, zu schwer für einen Gharm. Mugal Pye war wieder da. »Kannst du schreiben?« fragte er von der Tür aus.
»Natürlich kann ich schreiben«, sagte Jep. »Ich bin doch nicht blöd.«
»Sowohl auf Papier als auch an einem Computer?«
»Ja«, erwiderte Jep.
»Dann schreibe.« Der Mann legte mehrere Blätter weichen, handgeschöpften Papiers auf den Tisch. In der Siedlung Zwei gab es eine Frau, die diese Technik der Papierherstellung beherrschte. Sie verkaufte dieses Papier an Leute, die es dann zu besonderen Anlässen benutzten. »Schreibe Maire Girat einen Brief. Sag ihr, du seist hier in Voorstod. Sag ihr, es würde dir kein Leid zugefügt, wenn sie wieder in ihre Heimat zurückkehrt.«
»Ihre Heimat ist auf Hobbs Land«, erwiderte Jep. »In der Siedlung Eins.«
»Schreibe!« befahl der Mann, wobei er zornig das Gesicht verzog. »Sie wird schon wissen, was mit Heimat gemeint ist. Sag ihr auch, wenn sie die Königin oder Authority informiert, würdest du mit Sicherheit sterben.« Er
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