Monströse Welten 2: Hobbs Land
er wußte auch so, was es zu bedeuten hatte. Jemand war aufgestanden, um nach ihm zu sehen.
Das Gesicht, das sich über ihn beugte, war ihm unbekannt. Es wurde von einer Aureole aus rotem Licht umgeben und hatte die unangenehme Eigenart, in Intervallen vor seinen Augen zu verschwimmen und sich wieder zu stabilisieren.
»Aufwachen, wa?« artikulierte der Mund über ihm, der eher einem klaffenden, mit Zahnreihen bewehrten Maul glich, in dem eine große Zunge herumschwabbelte. Jep schloß die Augen und öffnete sie wieder. Die Aura verschwand, das Gesicht nahm feste Konturen an, und der Mund reduzierte sich auf eine angemessene Größe; nun identifizierte er auch die Stimme. Sie gehörte keinem der Siedler von Hobbs Land. Er verstand zwar die Worte – System-Idiom –, aber die Aussprache hörte sich seltsam an. Sie war mit fließenden Lauten unterlegt, die in keinem Bezug zur Bedeutung der Wörter standen.
Das Gesicht wandte sich ab, wobei der Mund weiterplapperte. »Er kommt wieder zu sich, Preu. Ich schätze, die Dosis hat ihn doch nicht umgebracht.«
»Ich werde selbst nachsehen, Epheron.« Ein weiteres Gesicht tauchte wie ein Ballon über ihm auf; weiße Haare kräuselten sich unter einer schwarzen Kappe, und im rhythmischen Wechsel verschwamm das Gesicht vor seinen Augen und nahm feste Konturen an. Erneut schloß Jep die Augen; er wähnte sich in einem Alptraum.
»Junge«, sagte eine rauhe Stimme. »Hör mir zu. Du wirst dich leichter an die Situation gewöhnen, wenn du weißt, wo du bist und mit wem du es zu tun hast. Ich heiße Preu Flandry, und du befindest dich hier auf Voorstod.«
Nichts. Das sagte ihm rein gar nichts. »Wer ist Voorstod?« murmelte der Junge mit trockener Kehle. »Voorstod? Wer ist das?«
»Du bist in Voorstod auf dem Planeten Ahabar«, sagte Flandry ungeduldig.
»Ahabar«, murmelte der Junge. Die Bedeutung dieses Wortes war ihm geläufig. Ahabar war ein Planet. Einer der inneren Planeten des Systems. Ein großer Planet. Mit einer Monarchie als Regierungsform. Königin Sowieso. »Ich bin auf Ahabar. Königin Sowieso.«
Der Mann gab ihm einen Klaps. »Mit Königinnen haben wir hier nichts am Hut. Wir leben zwar auf demselben Planeten, aber das ist nicht Ahabar, sondern Voorstod.«
Nun war er wieder genauso schlau wie vorher. Wenn Voorstod keine Person war, was war es dann?
»Er hat noch nie von Voorstod gehört«, sagte jemand ungläubig. »Maire Girats Enkel?«
»Niemandes Enkel«, nuschelte Jep; langsam kam er wieder zu sich. »Chinas Mom ist gestorben. Ich habe keine Großmutter.«
Darauf entspann sich ein zorniges Gemurmel, das gelegentlich von einem Knurren unterlegt wurde. Sie klangen wie Hunde, die sich um einen Knochen stritten, wobei sie sich eigentlich gar nicht so sehr dafür interessierten, sondern vielmehr ihrem Instinkt folgten.
Dann trat ein schielender Mann ans Bett. »Wer ist Sam Girat?« fragte er.
»Sam Girat?« gab Jep die Frage zurück und versuchte sich etwas aufzurichten. »Er ist Topman der Siedlung Eins.«
»Er ist dein Vater«, drang da eine knurrende Stimme aus der Dunkelheit.
»Das ist nicht richtig«, sagte Jep. »Ich habe nichts mit ihm zu tun. Genausowenig, wie ich etwas mit den anderen Freunden meiner Mutter zu tun habe.« Schließlich gelang es ihm, sich mehr oder weniger aufrecht hinzusetzen, und er ließ den Blick durch den Raum schweifen. In der entgegengesetzten Wand befand sich ein Loch, in dem ein kleines Feuer brannte. Daneben war eine Tür. Der Fußboden bestand aus Holz; nur daß die Dielen nicht poliert waren, wie Jep es kannte, sondern naturbelassen und rissig. Die Decke bestand aus Brettern, die auf kuppelförmig gebogene Balken genagelt waren. Die bräunlichen Wände waren fleckig, als ob Wasser an ihnen hinabgelaufen wäre; an manchen Stellen mehr als an anderen, so daß die feuchten Oberflächen mit unregelmäßigen Mustern überzogen waren. Die gegenüberliegende Wand wurde von einem mit einem Vorhang verhängten Fenster dominiert; in der Mitte der anderen Wände waren schwere, mit Metallbändern verstärkte Holztüren, die in massiven Angeln hingen, eingelassen. Vom Bett aus sah Jep, daß die Tür zur Rechten mit großen Nägeln vernagelt war.
Zwei der drei Stühle am Feuer waren besetzt. Nun ging der Mann, der bisher am Bett gestanden hatte, zu den anderen und ließ sich wie ein nasser Sack auf den dritten Stuhl fallen. »Der Junge hat keine Großmutter! Ha!«
»Die Frage müßte eher lauten, Pye, hat die Großmutter einen
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