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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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welche Ansicht sie gerade vertreten! Ich gestehe, daß ich sie aus selbstsüchtigen Motiven heraus mag. Wenn sie von der Erde erzählen, fühle ich mich fast wieder in meine eigene Kindheit zurückversetzt.«
    ›Wünschst du sie dir denn wieder zurück? ‹
    Sie denkt darüber nach und schaut in die Finsternis, wo der Rand des Sternenrads sich wie eine verschneite Straße durch den Himmel zieht, die zu einer anderen Welt, einer entfernten Sonne zu führen scheint. »Eigentlich nicht. Ich war eine solche Besserwisserin. So darauf versessen, Gutes zu tun und zu helfen, daß ich mir selbst kaum etwas gegönnt habe.«
    ›Und du hast dich auch nicht geändert.‹
    Sie lacht. »Stimmt wohl. Ich bin aus purem Zufall auf diese Welt gekommen und versuche nun, sie zu retten. Zu Hause habe ich einen tollen Schaukelstuhl. Ich könnte mit meiner Katze dort sitzen und die Pferde auf der Weide beobachten, anstatt zu versuchen, alle Übel zu kurieren und einen Schwanengesang zu komponieren, wie ich meine Nase in…«
    Die Stimme in ihrem Bewußtsein klingt beleidigt. ›Nicht nur deine Nase. Wir sind mehrere.‹
    »Na gut, drei. Du, ich und Asner.« Sie seufzt. »Ich bin der Hybris schuldig. Nachdem ich Panubi endlich den Frieden gebracht hatte – rein zufällig natürlich - und ihnen am Oberlauf begegnet bin, hätte ich es dabei bewenden lassen sollen. Für jeden normalen Mensch wäre eine Begegnung mit ihnen ein guter Abschluß gewesen, nicht? Obwohl sie mich dann doch überrascht haben. Sowohl angenehm als auch unangenehm. Dennoch ein schön dramatisches Ende für eine Existenz. Jeder vernünftige Autobiograph hätte an dieser Stelle Schluß gemacht. Aber nein. Ich wollte noch eine gute Tat, eine weitere Leistung auf die Habenseite setzen. Ich hatte nie geglaubt, daß es einfach werden würde. Aber daß es unmöglich wäre, hätte ich dann doch nicht angenommen.«
    ›Die Menschen sind oft unmöglich.‹
    »Wer im Glashaus sitzt…«, murmelt sie. »Dennoch glaubte ich, daß es einen Versuch wert sei, ein paar kleine Anstöße, die etwas bewirkten, ohne sie zu verärgern. Ich glaubte, wir könnten eine Diskussion anregen, Neugier wecken, etwas Widerspruch provozieren und eine kleine Rebellion anzetteln…«
    ›Predige die Freiheit!‹
    »So könnte man sagen. Wenn ich etwas Zeit gehabt hätte, wäre es vielleicht auch gelungen! Doch plötzlich ist dieses Etwas aufgetaucht. Dieses Böse. Etwas Fürchterliches wird sich ereignen. Ich spüre es!«
    ›Ja.‹
    »Wir sind beide zu alt dafür«, sagt sie traurig. »Ein Jüngerer sollte sich darum kümmern.«
    ›Asner ist jünger. Ein paar tausend Jahre.‹
    »Er war schon ein alter Mann, als wir ihn auf meinem früheren Heimatplaneten fanden, während er diese antike Statue von dir und mir betrachtete.«
    ›Du hast mit ihm geflirtet.‹
    »Papperlapapp! Ich habe ihn nur gefragt, ob er irgendeine Ähnlichkeit zwischen mir und der Statue erkannte, und er bejahte das! Du und ich, wir haben sehr schneidig und schön ausgesehen. Habe ich dir schon erzählt, daß ich einem Mann Modell stand, den ich kannte?«
    ›Ein paar hundert Mal.‹
    »Nun, wir alten Leute sind eben vergeßlich. Die Welt verändert sich so schnell, daß wir uns nur an die schönen Dinge des Lebens erinnern. Alte Ereignisse, alte Erinnerungen. Die Erinnerung verklärt das Vergangene.« Sie berührt das Medaillon, das sie um den Hals hängen hat. »Manchmal denke ich an meine Jugendzeit zurück. Auf diesem Anhänger ist die Arbeit meines Freunds dargestellt, und immer wenn ich ihn betrachte, erinnere ich mich an ihn. Ich werde ihn nie vergessen… das heißt uns.«
    ›Eitelkeit. Alles ist Eitelkeit‹, sagt er belustigt.
    »Deine Bibelzitate sind immer korrekt, alter Freund. Alles ist Eitelkeit. Wenn ich nicht mehr eitel bin, bin ich tot. Mit Eitelkeit erstehe ich jeden Tag auf. Sie gibt mir Hoffnung!«
    ›Und du glaubst, diese eine kleine Welt wäre es wert…‹
    »Du bist nicht der einzige Student der alten menschlichen Schrift. Selbst Religionen, die schon lange tot sind, verkündeten so manche Wahrheit. Denk nur an die Neunundneunzig im Tal und den Schäfer, der in der windigen Nacht auf den einsamen Hügeln das verlorene Schaf sucht…«
    Zusammen würden sie das verlorene Schaf retten: Woanders.

 
8
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    Wieder wachte Boarmus mitten in der Nacht auf. Diesmal machte er sich erst gar

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