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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Nun, das würde sie zum Glück nicht, denn weibliche Beauftragte gingen nicht nach Thrasis. Bei diesem Gedanken sagte er sich erneut, daß Beauftragte, die für die Arbeit nicht taugten, nutzlos waren.
    Was Danivon betraf, so galt das für die meisten weiblichen Beauftragten. In seinem Zorn wollte er das auch schon sagen.
    Doch dann, als er Nelas Tränen und Bertrans Gesichtsausdruck sah, beschloß er, vorerst gar nichts zu sagen. Ihre Gesichter erinnerten ihn daran, daß Fringe nicht die einzige war, die zum erstenmal mit der wahren Vielfalt konfrontiert wurde. Es gab noch gewisse Dinge, die ein paar von ihnen über die Vielfalt lernen mußten, ohne sich jedesmal darüber aufzuregen. Der Beruf eines Rats-Beauftragten – oder auch nur die Begleitung eines Rats-Beauftragten – brachte Dinge mit sich, die nun mal eine gewisse Gewöhnung verlangten.
     
    Die Nacht legt sich über den Fluß. Die Leute gehen zur Ruhe, alle bis auf eine Person. Jory steht an der Reling der Taube und lauscht dem Glucksen des Wassers. Die Stimme, die sich in ihrem Kopf meldet, ist ihr so vertraut wie ihre eigene, so lieb wie ein Liebhaber und so wertvoll wie ein Freund, den sie schon seit einer Ewigkeit kennt.
    ›Böses hier, Frau. Wird von Tag zu Tag schlimmer. Du spürst es auch.‹ Ein Seufzer ertönt, so stark wie eine Windbö, und Jorys Haar wird zerzaust.
    Sie spürt das Böse. Sie nickt und sagt müde: »Die Frage ist die gleiche, die ich mir schon die ganze Zeit stelle: Woher kommt es? Das Böse kommt von unkontrollierter Macht. Nur der Aufsichtsrat besitzt Macht, doch dieses Böse geht nicht von ihm aus. Wo ist dann die Macht, von der es ausgeht?«
    Ein Gefühl wie ein ratloses Achselzucken. ›Nicht von außerhalb.‹
    »Nein, nicht von außerhalb. Es ist hier, auf dem Planeten. Aber wo? Es ist überall. Es scheint keinen Brennpunkt zu geben, keinen Ursprungsort…«
    »Nicht Toleranz?«
    »Nun, das dachte ich zuerst auch, aber wo in Toleranz? Nicht Boarmus, der arme Kerl; der wurstelt sich nach besten Kräften durch. Auch nicht der Aufsichtsrat. Der macht nämlich kein Hehl aus seiner Grausamkeit und nennt das dann Diplomatie und Pragmatismus, wie Regierungen es immer schon getan haben. Aber trotzdem haben sie einen gewissen ethischen Standard, der sie von richtiger Brutalität abhält, was mich an die Demokratien meines Zeitalters erinnert. Man wollte das Gute, weißt du. Man wollte auf der richtigen Seite stehen. Man war wenigstens einmal in der Lage, die für einen kurzen Kreuzzug erforderlichen Mittel aufzubringen, doch die hehren Errungenschaften wurden alsbald in den Niederungen des politischen Tagesgeschäfts zerrieben.«
    ›Ein gutes Argument für einen aufgeklärten Absolutismus.‹
    »Soll mir recht sein, solange ich nur der Herrscher bin.« Sie lacht und sagt dann ernüchtert: »Nein, die Brutalität dieses neuen Schreckens ist grenzenlos. Wenn Machthaber in die Barbarei der Folter und willkürlicher Hinrichtungen versinken, dann sind nicht nur sie selbst, sondern ist auch die Gesellschaft, die sie ermächtigt, bis ins Mark verrottet. Das allein sagt mir schon, daß der Schrecken nicht aus Toleranz kommt, denn Toleranz setzt sich noch immer bestimmte Standards für sein Verhalten. Zumal Danivon sich nicht in der Nähe der Quelle befunden haben kann, denn ansonsten hätte er sie gerochen.«
    ›Ein merkwürdiger Typ, dieser Danivon Luze. Genauso wie diese Fringe Owldark. Da hast du dir aber komische Figuren ausgesucht!‹
    »Ich habe Danivon nicht ausgesucht. Ich hatte seine Eltern ausgesucht, und Danivon ist quasi dazwischengekommen. Fringe habe ich aber ausgesucht, und ich halte an meiner Wahl fest, alter Freund. Wenn ich sie betrachte, sehe ich mich selbst. Sicher, sie wurde anders erzogen und hat andere Verhaltensweisen. Ich wuchs mit Worten auf, und sie mit Schweigen. Ich mit einem philosophischen System und sie mit gar nichts, aber im Innern… nun.« Sie verstummt und sagt nach einer Weile: »Ich glaube, daß sie die Richtige ist. Wenn…«
    ›Darüber sprechen wir nicht.‹
    »Jedenfalls nicht laut. Aber wir müssen. Irgendwann.«
    ›Darüber sprechen wir nicht.‹
    Sie seufzt. »Danivon hat sich natürlich in sie verliebt. Sie könnte ihn haben, aber sie will nicht. Sie will sich überhaupt nicht verlieben.«
    ›So ging es dir einst auch. Eine bekannte Reaktion.‹
    »Ach, sei doch still.«
    ›Und die Zwillinge?‹
    »Auch sehr merkwürdig. Sie haben eine klare Meinung, auch wenn sie nicht sicher sind,

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