Monströse Welten 3: Toleranz
Armen, wobei ihr Gesicht nur einen Fingerbreit von seinem entfernt war.
»Fringe Owldark«, murmelte er. »Fringe, gräme dich nicht so. Sorge dich nicht so.« Seine Hände berührten ihre Schultern, den Nacken, den Kopf. »Zerbrich dir nicht wegen jeder Kleinigkeit den Kopf, Fringe. Du kannst nicht über jeder Entscheidung brüten. Du darfst es dir nicht so zu Herzen nehmen. Sei nicht traurig. Ich will nicht, daß du traurig bist.«
»Nicht«, glaubte sie zu sagen. »Danivon. Laß mich in Ruhe.«
»Ich lasse dich aber nicht in Ruhe«, flüsterte er und legte den Mund an ihren Hals, dicht unter dem Ohr. »Du bist zu viel allein.« Seine Zunge hinterließ feurige Punkte auf Hals und Wange. Seine Lippen berührten die ihren. »Du bist die ganze Zeit allein. Schsch«, sagte er, als sie sich ein wenig sträubte.
»Danivon, ich will das nicht!«
»Kleine Lügnerin«, wisperte er. »Wundervolle kleine Lügnerin. Owldark die Schöne. Owldark die Perverse. Owldark… die mich schaudern macht, wenn ich nur an sie denke…«
»Danivon…«
Es war niemand da. Sie waren allein auf dem Deck. Der größte Teil der Besatzung war mit den Reiher-Leuten fischen gegangen. Die anderen Reisenden waren nicht an Bord oder schliefen. Nur wenn sie laut schrie, würde man sie hören.
Sie schrie leise, und niemand hörte sie.
Wie vorgesehen traf Zasper sich mit Boarmus im Swale. Auf den ersten Blick nahm Zasper an, der Kommandeur sei krank. Eine andere Erklärung hatte er nicht für Boarmus’ trüben Blick unter schwammigen Lidern, die eingefallenen Wangen und die zitternden Hände. Zasper, der schließlich kein Rats-Beauftragter mehr war, fühlte sich nicht verpflichtet, einen Kommentar zum Gesundheitszustand des Kommandeurs abzugeben; also beschränkte er sich auf ein paar sorgfältig abgewogene, nichtssagende Floskeln und das Allzweckwort:
»Sir.«
Boarmus bedeutete ihm, zum Fluß hinunterzugehen. »Gleich legt ein Ausflugsschiff ab, Ertigon. Ich hätte Lust, mir die Selten- Inselnanzusehen.« Er sprach die Worte in einem heiseren Flüsterton, als ob er nicht wußte, ob er sie aussprechen sollte.
Das war schon komisch. »Sir?«
»Begleiten Sie mich. Ich möchte ihre Meinung hören.«
»Sir.«
Sie gingen als letzte an Bord. Boarmus glaubte nicht, daß das Schiff beobachtet wurde. Die toten Männer hatten erst kurz vor seiner Abreise erfahren, daß er hierher kommen würde. Und daß er ein Schiff nehmen würde, wußten die toten Männer nicht. Wenn sie in Panubi ihre wie auch immer gearteten Aktivitäten betrieben, konnte man sich auf einem Schiff in Enarae ungestört unterhalten. Vielleicht.
Das Schiff legte ab und bog mit langsamer Fahrt in den träge dahinfließenden Sumpffluß ein. Boarmus ging zum Bug, wo niemand sonst stand. Er zog Zasper mit sich und flüsterte ihm ins Ohr: »Wenn Sie hier in der Gegend gütige Götter kennen, die noch Mumm haben, dann rufen Sie sie an, alter Mann! Wir alle stecken bis zum Hals in Schwierigkeiten, und ich brauche jede Hilfe, die ich bekomme!«
Zasper wischte sich ostentativ Speichel von der Schläfe, wo Boarmus mit seiner feuchten Aussprache ihn getroffen hatte und schaute den Mann angewidert an. Genug der Höflichkeiten. »Was wollen Sie, Kommandeur?«
Boarmus verstärkte den Griff. »Hören Sie, Ertigon. Ich muß Ihnen etwas sagen, und beten Sie zum Himmel, daß niemand uns hört; sonst sind Sie und ich nämlich tot, und vermutlich auch Ihre Proteges, Danivon Luze und Fringe Owldark.«
Zasper schaute zuerst überrascht und dann drohend, aber er sagte nichts. Boarmus’ Augenbraue zuckte, und er wurde grau im Gesicht. Er sah aus wie ein Mann, der Todesangst hatte. Zasper wußte, daß es keinen Sinn hatte, ihn zu drängen, wenn er etwas Substantielles erfahren wollte. »Erzählen Sie«, sagte Zasper.
»Sie haben von der Brannigan- Galaxität gehört, Ertigon. Sie haben auch von Brannigans Große-Frage-Komitee gehört, dessen Mitglieder, wie Sie wissen, alle hierher nach Woanders gekommen sind.«
»Das sagte man mir.«
»Was Sie aber nicht wissen, ist, daß sie noch immer hier sind.«
»Noch immer…?« Das mutete Zasper merkwürdig an. »Sie meinen, ihre Körper sind noch immer hier?«
Boarmus ging noch dichter auf Tuchfühlung, flüsterte in Zaspers Ohr und leierte hektisch die Geschichte herunter, wobei er sich verhaspelte und der verwirrte Zuhörer die Worte erst sortieren mußte. Er redete noch für eine Weile, doch Zasper unterbrach ihn nicht, obwohl die Augen sich
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