Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
Vom Netzwerk:
fleischlichen Gelüsten zu befreien? Weshalb sollte man sein Keim-Plasma auf Abruf aufbewahren und die Organe in einem Tiefkühlfach lagern, wenn nicht zu dem Zweck, um sich auf intellektuelle Höhenflüge zu konzentrieren?
    Die andere Hälfte der Dinka-Population hatte verschiedene Motive: Erotik, Finanzen, Politik, Sitten und Gebräuche. Dinks, so besagte ein Aphorismus, erzeugten Dinks, so daß es immer reichlich von ihnen gab.
    Boarmus’ Vorgänger hatte ihm gesagt, die Schwierigkeit in Stadt Fünfzehn bestünde darin, daß man sich erst einmal vergewissern mußte, ob man es nun mit einem Gehirn-Dink oder einem der anderen Dinks zu tun hatte. Die Kreatur, die Boarmus’ Päckchen ablieferte, gehörte zur letzteren Kategorie; es handelte sich um einen dilettantischen Touristen-Dink, der in Blooms Spielhölle hoch verloren hatte – wobei er (oder sie) nicht imstande war, die Spielschulden zu begleichen – und es sich nun aussuchen durfte, ob er sich als Laufbursche betätigen oder in seine Einzelteile zerlegt und verkauft werden wollte. Der Dink, an den das Päckchen übergeben wurde, hieß Seppel794DZ, ein Gehirn-Dink der höchsten Rangstufe, zu dessen Wohnung/Labor/Studierzimmer Boarmus begleitet wurde, nachdem er an einem abgeschirmten Ort eingetroffen war.
    »Ich habe diese Dinge mitgebracht«, sagte Boarmus und leerte den Inhalt der Taschen auf den Tisch vor sich, wobei er es tunlichst vermied, Seppel794DZ anzuschauen. Er hatte durchaus nichts gegen Dinks. Nur ihr Anblick verursachte ihm Unbehagen.
    »Sensorische Aufzeichnungen«, sagte Seppel794DZ tonlos. »Alte Aufzeichnungen, dem Anschein nach. Woher haben Sie sie?«
    »Sie befanden sich an der Peripherie des Kerns. Nicht im Kommunikationsraum selbst, sondern in einem nahegelegenen Korridor. Sie füllen ganze Schränke. Weil es zu viele waren, habe ich nur die Aufzeichnungen mitgenommen, die von den Fraktionsvorsitzenden angelegt worden waren sowie von einer Person namens Jordel von Hamerlane. Er erscheint in den alten… nun, Berichten, würdet ihr wohl sagen.« Bezeichnete man Kinderreime etwa als ›Berichte‹? Wieso nicht. Tradition war Tradition, egal wer sie pflegte.
    »Sie haben sie nicht abgespielt?« fragte Seppel794DZ. »Sie wissen nicht, was drauf ist?«
    »Wenn ich sie abgespielt hätte, hätte das Archiv es gemerkt und somit auch das, was auch immer im Kern steckt. Es… sie sind über alle meine Schritte informiert, über jeden Atemzug!« Er schauderte und spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach.
    »Nehmen Sie Platz, Boarmus«, sagte der Dink mit der für einen Dinka-Dschinn typischen trocken-metallischen Stimme, wobei es ihm irgendwie gelang, einen freundlichen Tonfall zu generieren. »Ich habe einen Stuhl für Sie holen lassen.«
    Dinks brauchten keine Stühle. Dinks brauchten überhaupt nicht viel, sagte Boarmus sich. Außer Antworten. Dinks hatten ein Faible für Antworten.
    »Ich brauche Hilfe«, bettelte er und ließ sich auf den Stuhl sinken. Er war zwar zu klein, aber immer noch besser als gar keiner.
    Der Dink tippte auf eine seiner Boxen. Erst nach einem Moment begriff Boarmus, daß es sich bei der Geste um ein Nicken gehandelt hatte. »Wir haben wie Sie die physischen Effekte beobachtet, seit Chadra Hume in dieser Sache bei uns vorstellig geworden ist. Wir sind der Ansicht, daß der Ursprung dieser Effekte im Kern liegt. Wir postulieren verschiedene Möglichkeiten ihrer Entstehung. Die meisten von uns glauben, daß der Kern Ursprung eines Netzwerks ist, das sich über große Gebiete erstreckt. Wir haben danach gesucht. Entweder haben wir aber an den falschen Stellen gesucht, oder es ist so gut abgeschirmt, daß wir nicht in der Lage sind, es zu identifizieren.«
    »Ihr seid nicht in der Lage, es zu identifizieren?«
    »Bisher nicht. Vielleicht irren wir uns auch.«
    »Ihr postuliert also ein Netzwerk«, sagte Boarmus nachdenklich. Er versuchte, sich die Form dieses Netzwerks vorzustellen, jedoch ohne Erfolg.
    »Es müßte fast den ganzen Planeten umspannen. Es müßte aus winzigen, synchronisierten Vorrichtungen bestehen…«
    »Vorrichtungen, die Fußabdrücke im Fels hinterlassen? Vorrichtungen, die imaginäre Dinge real wirken lassen? Vorrichtungen, die Menschen verstümmeln und töten? Vorrichtungen, die alles hören und sehen…«
    Der Dink zuckte. »Ich weiß, es klingt unlogisch. Es wäre natürlich auch möglich, daß wir uns irren.«
    »Du wiederholst dich!«
    Der Dink schwieg.
    »Wenn es vom Kern ausgeht, sollten wir

Weitere Kostenlose Bücher