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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Vielleicht hatten wir eine Chance, Weisheit zu erlangen, doch wir haben sie vertan.«
    »Wann hat die Menschheit diese Chance vertan?«
    »In Nelas Zeit, glaube ich. Bedauernswerte Menschen, die keinen Blick für die Realität hatten und wissenschaftliche Ignoranten waren, erklärten die Vermehrung für heilig. Und während die Liberalen das Recht auf Fortpflanzung verteidigten, konservierten die Reaktionäre die Defekte in unserem Gen-Pool. Auch wenn wir degenerierten und den Rest der Schöpfung auslöschten – Hauptsache, unsere Leibesfrucht war geheiligt. Es spielte keine Rolle, daß es Milliarden von uns gab und daß unsere Weisheit, so sie denn existent war, weitaus mehr von unserer schieren Anzahl bedroht wurde als durch alle Veränderungen, die in uns stattfanden…«
    »Aber die Menschheit wurde doch gerettet, oder?«
    »Du meinst dort draußen?« Sie wies auf die fernen Sterne. »Ja, wir wurden gerettet, obwohl wir es gar nicht verdient hätten. Die Rettung geschah fast rein zufällig. Aber nicht hier. Hier tun Priester und Propheten, was Priester und Propheten immer schon getan haben: Sie verbieten ihren Leuten, ihr Leben zu ändern! Keine Einmischung. Mein Gott, was für ein Unsinn!« Sie schüttelte sich und fuhr sich über die Augen.
    »Ich weiß.« Sie spürte ein Schulterklopfen, eine Umarmung und eine tiefe, nicht-menschliche Sympathie.
    »Das ist alles so traurig«, sagte sie und gewann nach einem letzten Schluchzen die Fassung zurück. »Und wenn ich dann so dumm bin und versuche, die Welt zu verbessern, muß ich nicht nur gegen die menschliche Natur ankämpfen, sondern auch noch gegen jene flußaufwärts. Manchmal frage ich mich, weshalb du, Asner und ich uns überhaupt bei ihnen niedergelassen haben.«
    »Wir kamen hierher«, sagte er mit ruhiger und klangvoller Stimme, »weil es ein Ort war, an dem wir noch nie gewesen waren. Und nicht lange, nachdem wir hier angekommen waren, wurdest du müde.«
    Für einen Moment wurde sie von einem Gefühl der Trauer überwältigt, das der andere in ihr Bewußtsein projizierte, ein’ unsäglicher Kummer, der jedoch so schnell verging, wie er gekommen war, und der Ruhe und souveränen Gelassenheit wich, die ihr immer eine verläßliche Stütze waren.
    »Was hattest du mir damals gesagt?« fuhr die stumme, ruhige Stimme fort. »Du wolltest friedvolle Dinge tun. Bäume betrachten, wie ich mich erinnere. Und du wolltest einen englischen Garten anlegen. Du wolltest in einem Schaukelstuhl sitzen, mit Katzen spielen und die Pferde auf der Weide betrachten.«
    »Es gab keine Katzen in Panubi. Und keine Pferde.«
    »Jene flußaufwärts haben dir ein paar beschafft.«
    »Richtig. Ich erinnere mich. Doch warum gingen wir nicht, nachdem ich den Garten angelegt, die Pferde gestreichelt und für eine Weile geschaukelt hatte?«
    Er antwortete nicht. Er wußte die Antwort, doch sie kam ihm nicht über die Lippen. Am Nachthimmel über ihnen war ein leises Summen zu hören, ein gerichtetes Geräusch.
    »Gleiter«, sagte er, um sie abzulenken.
    Sie nickte. »Fliegt flußaufwärts. Jemand von Toleranz. Jemand aus dem Rat… nein, er muß von Boarmus kommen. Er ist wahrscheinlich nach Thrasis unterwegs. Wenn wir morgen früh dort anlegen, erkundigen wir uns.«
    »Und du willst die Sache in Thrasis noch immer durchziehen?«
    »Wenn du und deine Urenkel mir helfen. Allein schaffe ich es nämlich nicht.«
    »Ich bin für dich da. Immer.«
    »Dann werde ich es tun. Das will ich wenigstens noch hinbekommen. Ich möchte nicht, daß die Sache ein totaler Reinfall wird!«
    »Denen flußaufwärts wird das aber ein Dorn im Auge sein.«
    »Jene flußaufwärts werden einfach vor vollendete Tatsachen gestellt. Als sie mir erlaubten, mich bei ihnen niederzulassen, versprach ich ihnen nicht, daß ich nur das tun würde, was sie wollen. Manchmal schon. Aber nicht immer. Ihre Art kommt bei den Menschen nicht an. Sie müßten das eigentlich wissen, aber sie sind solche Dickköpfe.«
    »Wer im Glashaus sitzt…«
    »Ach, sei doch still!«
    Sie verstummten und lauschten dem Rauschen des Wassers, wobei jeder seinen Erinnerungen nachhing, die sich über galaktische Distanzen und unendliche Zeiträume erstreckten. Ganz sanft berührte er sie und schloß sie in die Arme. Für einen kurzen Moment waren sie wieder jung.
     
    Mittag in Thrasis. Im Turm der Töchter des Propheten saß die Frau Haifazh am Webstuhl im Haus der Wiedergutmachung, wie sie es jeden Tag während des letzten halben Jahres getan

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