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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Wärterinnen und der halbherzigen Stockhiebe auf die Korbhelme drängten die Weberinnen sich an den Fenstern und lehnten sich hinaus, um besser zu sehen.
    »Das ist ein Gleiter«, sagte Haifazh. »So einen habe ich schon einmal gesehen.«
    »Was ist ein Gleiter?« fragte Bulerah. Bevor sie hierher gekommen war, hatte sie noch nie einen Gleiter, ein Schiff oder einen Fluß zu Gesicht bekommen. Von der Kemenate ihres Besitzers aus hatte sie nichts gesehen außer den Baumkronen und dem Himmel. Sie hatte nichts getan außer zu baden, zu schlafen, Geschichten zu erzählen, leise zu singen oder zu ihrem Besitzer ins Bett zu kriechen, wenn er nach ihr verlangte. Haifazhs Worte hatten sie daran erinnert, welche Schmerzen sie empfunden hatte, nachdem sie gekauft worden war. Und wo sie nun wieder beschnitten und zugenäht worden war, würde der Schmerz jeden Beischlaf begleiten. Daran hatte sie bisher gar nicht gedacht. Dieser Gedanke vertrieb ihr die Freude über den Anblick der neuen Dinge.
    Unter ihnen, am Flußufer, bemerkten die Passagiere der Taube, daß sie beobachtet wurden.
    »An allen Fenstern stehen Frauen«, sagte Cafferty. »Wenn ich sie nicht sähe, würde ich sie von hier aus riechen. Sie platzen fast vor Neugierde.«
    »Beachtet sie gar nicht«, knurrte Zasper, der in den frühen Morgenstunden die im Sternenlicht schimmernden Segel der Taube gesehen und ihre Ankunft erwartet hatte, zur Verwunderung der Wachen, die sich auch jetzt noch in sicherer Entfernung hielten und sich unterhielten. »Ihr erzählt mir, Fringe würde vermißt; habt ihr überhaupt etwas unternommen, und wenn ja, was?« Mit düsterem Blick schaute er über Jorys Schulter hinweg auf Danivon, der mit grimmigem Blick an der Reling stand.
    »Reg dich nicht auf, Zasper«, sagte Danivon mit tonloser Stimme. »Sie waren schon außer Reichweite, als wir ihr Verschwinden bemerkten. Wir haben ihr Verschwinden beobachtet; zumindest wissen wir, wo sie sich zuletzt befunden haben. Ich wollte an Land gehen und nach ihnen suchen, doch die anderen überstimmten mich. Sie sagten, daß sie vielleicht schon kilometerweit entfernt seien, wenn wir die Suche aufnahmen, und daß die Lichter uns vielleicht alle erwischen würden. Beides war plausibel. Wenn du mehr weißt als wir, dann raus mit der Sprache! Wir müssen einen Rettungsplan entwickeln!«
    Zasper schnaubte; er hatte zwar einen ganzen Fundus an Spekulationen parat, den er ihnen mitteilen wollte, doch solange sie hier am Ufer waren und vielleicht belauscht wurden, würde er gar nichts sagen. Er wollte Enarae gerade verlassen, als ein Touristen-Dink ihm einen Sendewürfel von Boarmus überbrachte. Darauf befand sich eine lange, konfuse Nachricht, die ins ebenso uneinheitliche wie bedrohliche Bild paßte, das sie sich bereits gemacht hatten. Zasper hatte den Würfel auf dem Flug nach Thrasis abgehört und versucht, sich einen Reim darauf zu machen: Laut Boarmus war Woanders von einer Entität übernommen worden, die ebenso allgegenwärtig wie allwissend war, paranoid und unberechenbar, bösartig und verschlagen. Es hatte den Anschein, daß diese Entität hauptsächlich von Geltungsdrang und Machtstreben motiviert wurde. »Es hält sich für einen Gott«, hatte Boarmus gesagt. »Vielleicht ist es sogar einer.« Ob kleiner Gott oder großer Gott, spielte keine Rolle, sagte Boarmus. Ein großer Gott würde sie sofort umbringen, und kleine Götter würden sie langsam zu Tode martern. Sie waren so oder so schon tot!
    Zasper sah Danivon an und gab ihm ein geheimes Beauftragten- Zeichen, das soviel besagte wie: ›Ich sag’s dir später.‹
    Danivon quittierte das mit einer zornigen Geste und hatte die Lippen schon zu einem ungeduldigen Knurren geschürzt, doch er beherrschte sich.
    Jory blinzelte angesichts dieser atmosphärischen Trübung und murmelte: »Wenn es sonst nichts mehr gibt…«
    »Es gibt aber noch eine ganze Menge, alte Frau«, knurrte Zasper. »Liege ich richtig, daß Sie dieselbe Jory sind, die Fringe immer verfolgt hatte, als sie noch ein Kind war?« Er interpretierte ihr Schweigen als Zustimmung und fragte in ruppigem Ton: »Was wollen Sie hier in Thrasis?«
    »Ich bin hier, weil das Schiff hier ist. Und das Schiff ist hier, weil es Fracht zu löschen hat. Ich werde gehen, wenn das Schiff abfährt.«
    »Wohin gehen Sie?«
    »Nach Hause.«
    Er zog die Augenbrauen so weit hoch, daß sie fast mit dem Haaransatz abschlossen. Dann war das also Fringes Jory. Die legendäre Jory. Er hatte das

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