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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Die Bewußtlosigkeit war kein Schlaf gewesen, denn sie hatte keine Erholung gebracht. Der Tumult in Derbeck wirkte noch in ihr nach, der schreckliche Chimi-ahm, die Angst um das Mädchen, die Furcht, von Curvis – oder Danivon - verraten zu werden.
    Und bei alledem spürte sie eine solche Sehnsucht nach Danivon, daß ihr zum Weinen zumute war. Sie hatte gehört, wie er ihren Namen gerufen hatte, als sie entführt wurden. Es war die Stimme von jemandem gewesen, der sich um sie sorgte, eines Geliebten, der seinen Schmerz hinausschrie. Sie hatte Angst in dieser Stimme gehört, Angst um sie! Feuchtigkeit sammelte sich in den Augenwinkeln, Tränen, denen sie aber keinen freien Lauf ließ, während sie immer wieder die Höhle absuchte. Nichts. Kein Weg nach draußen. Kein Platz zum Verstecken. Sie saßen in der Falle.
    Als sie sich dessen sicher war, setzte sie sich auf den Boden, schlug die Beine übereinander und lehnte sich an den Vorsprung. Dann legte sie den Kopf zurück und schloß die Augen. Bisher hatten die Entführer sich noch nicht gezeigt. Es hatte keinen Sinn, wach zu bleiben oder Wache zu schieben. Zweifellos würden es oder sie erscheinen, wenn ihnen danach war. Und bis dahin würde sie ihre Kräfte schonen.
    Sie konzentrierte sich auf eine der Entspannungsübungen, die sie an der Akademie erlernt hatte. Sie verlangsamte die sich jagenden Gedanken, entspannte sich und sublimierte den Schrecken in eine Befindlichkeit, mit der sie umzugehen vermochte. Schließlich war sie für alle Eventualitäten gerüstet. Sie schlief ein.

 
11
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    Die meisten Besatzungsmitglieder und Passagiere der Taube waren unter Deck gegangen. Der Kapitän lag wach und fragte sich, ob die Gaver, die das Schiff attackiert hatten, wirklich verschwunden waren oder ob sie irgendwo auf der Lauer lagen. Cafferty, Latibor und Asner ergingen sich in fruchtlosen Spekulationen. Danivon ging fluchend auf und ab; er war nicht in der Lage, seine Gefühle vor Curvis zu verbergen, der, wenn er die Wahrheit gewußt hätte, Fringe und die Zwillinge sicher abgeschrieben hätte. Die Nacht verging quälend langsam, und noch vor Morgengrauen stand Jory mit ihrem ältesten Freund an der Reling.
    »Ich bin zu lange in Derbeck geblieben«, ertönte seine Stimme in ihrem Bewußtsein, so, wie er immer zu ihr gesprochen hatte. »Ich hätte auf dem Schiff sein sollen. Vielleicht wäre ich dann imstande gewesen, es zu verhindern…«
    Jory schüttelte den Kopf. Sie mußte nichts sagen. Er wußte, daß sie das für ausgeschlossen hielt. Vielleicht hätte niemand etwas tun können.
    »Ich habe Derbeck zu spät verlassen«, sagte sie laut. »Ich dachte nur in den üblichen Kategorien. Menschliche Perversität. Ich war der Ansicht, daß, wenn man das Problem erkannt hatte, es auch lösen könnte. Doch wir haben es hier mit etwas zu tun, das unsere Kräfte übersteigt, alter Freund. Etwas, das, wie ich glaube, gegen Vernunft immun ist.«
    »Deine Freunde flußaufwärts könnten das Problem doch lösen.«
    »Meine Freunde flußaufwärts.« Sie lachte gequält. »Jemand sagte einmal, sie seien zu gut, um für etwas gut zu sein. Jedenfalls äußerte er sich sinngemäß.«
    Schweigen. Dann: »Du hast recht. Jene flußaufwärts werden zwar voller Anteilnahme sein, aber sie werden nichts unternehmen.«
    Sie seufzte. »Ich hätte schon vor Jahren nach Toleranz gehen sollen, anstatt so verdammt… zögerlich zu sein.«
    »Du wolltest die flußaufwärts nicht brüskieren.«
    »Zum einen das, und außerdem setzte ich auf die Lawinen-Theorie: Ein paar herabfallende Steine, und -schwups – kommt es zu einem Erdrutsch, der den Aufsichtsrat veranlaßt, sich zu fragen, was er eigentlich tut!«
    »Deine Petitionen. So schön ausgedacht. So schön in die Praxis umgesetzt. Mit meiner Hilfe!«
    Sie lachte. »Ich werde deine Beschreibung von Boarmus’ Gesicht nie vergessen, als du ihn glauben machtest, er würde einen Wortschwall ausstoßen. Das war vielleicht ein Spaß. Noch dazu in meinem Alter. In meinem Alter habe ich auch Anspruch auf Spaß. Selbst Gott muß gelegentlich Spaß haben. Die Petitionen sollten Denkanstöße vermitteln und Diskussionen in Gang setzen, doch ich unterschätzte das Beharrungsvermögen im System. Ich vergaß, daß es gerade das Beharrungsvermögen ist, was eine Bürokratie ausmacht!«
    »Außer den Kommandeuren weiß niemand von den

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