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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Er beugte sich vor und leierte die Geschichte, die vor langer Zeit mit der Brannigan-Galaxität ihren Anfang genommen hatte, herunter. Unterbrochen wurde der Redefluß nur von gelegentlichen Tränen, Keuchen und hilflosen Faustschlägen auf den Tisch.
    »Also«, schloß er, »haben wir nun diese… diese… Götter, die einst Professoren in Brannigan waren und uns nun als Spielzeug betrachten. Und wir wissen nicht, was wir tun sollen…« Was noch untertrieben war. Der Aufsichtsrat beziehungsweise das, was von ihm noch übrig war, war ebenso ratlos und verängstigt wie Boarmus selbst.
    »Ist Ihnen bekannt, daß mittlerweile in einigen Provinzen die Todesrate die Geburtenrate weit übertrifft?« fragte der Meister.
    Boarmus nickte resigniert.
    »Ist Ihnen auch bekannt, daß die Provinz Morlub wahrscheinlich in wenigen Tagen entvölkert sein wird, weil die Selbstmordrate so hochgeschnellt ist?«
    Boarmus rückte wieder. »Ich werfe ab und zu einen Blick auf die Monitore«, murmelte er. »Auf die, welche noch übrig sind.« Er hatte es riskiert, das Archiv zu befragen und historische Vorbilder für die aktuellen Vorgänge gefunden, einschließlich Massenselbstmorde auf Geheiß religiöser Führer. Erstaunlicherweise gab es aber immer noch ein paar Provinzen, wo eitel Sonnenschein herrschte; fast sah es so aus, als ob die Götter beschlossen hätten, ein kontrolliertes Experiment durchzuführen. Schmerz hier. Freude dort. Sehen wir mal, was uns am meisten Spaß macht. Bisher hatten sie sich hauptsächlich am Schmerz ergötzt.
    »Besteht eine Möglichkeit, die Beauftragten zu schützen?« fragte der Meister. »Was schlagen Sie vor?«
    Boarmus leckte sich die Lippen. »Besänftigen Sie sie.«
    »Und wie, zum Teufel, sollen wir das bewerkstelligen?«
    »Ich weiß nicht. Prozessionen vielleicht? Opfer? Rituale der einen oder anderen Art.«
    »Und wie sollen wir Ruhe und Ordnung aufrechterhalten, während wir sie besänftigen?«
    Boarmus zuckte die Achseln. »In dem Maße, wie sie Ihnen das gestatten, schätze ich. Bevor Sie jemanden auf eine Mission schicken, sollten Sie vielleicht erst ermitteln, auf wessen Seite die Götter stehen.«
    Er gab sich betont zuversichtlich, wobei er dem anderen indes verschwieg, daß die Götter sich oft einen Spaß daraus machten, auf mehreren Seiten gleichzeitig zu stehen, wie er zu seinem Leidwesen festgestellt hatte.
     
    Als Nela und Bertran aus dem Erschöpfungsschlaf erwachten, saß Fringe im Lotussitz am Eingang zur größeren Kaverne und schaute hinein, als ob sie ein Rätsel lösen wollte. Als sie sah, daß sie sich bewegten, half sie ihnen, sich aufrecht hinzusetzen.
    »Ist noch etwas von dieser Nahrung übrig?« fragte Nela. »Ich fühle mich so schwach.«
    »Reichlich«, sagte Fringe, nahm eine Handvoll Flocken und teilte sie unter den Zwillingen und dem Taschenhörnchen auf, das auf Bertrans Schulter hockte. Nachdem sie gegessen hatten, schöpfte sie mit den Händen Wasser und gab ihnen zu trinken. Dann reichte sie ihnen das feuchte Taschentuch, mit dem sie sich selbst schon gewaschen hatte.
    »Wenn ich so aussehe wie du, muß ich wohl seit kurzem tot sein«, sagte Nela zu Bertran, während sie sich den Schmutz von der Wange wischte.
    »Ich befürchte, es heißt einer für alle und alle für einen«, sagte er mit einem gequälten Lächeln. Wenn er so aussah wie sie, sagte er sich, dann mußte er schon lange tot sein.
    »Hat sich irgend etwas ereignet, während wir weg waren?« fragte Nela.
    »Ich hatte noch ein Interview mit ihnen«, sagte Fringe und wies mit dem Daumen auf die Gesichter. »Was glaubt ihr, wer sie sind?«
    Sie hatte die Frage kaum gestellt, als ihr auch schon bewußt wurde, daß das unklug gewesen war; doch Bertran antwortete bereits.
    »Etwas, das einmal menschlich und lebendig war, nun aber… nicht mehr lebendig ist. Etwas, das zum Teil mechanisch und völlig verrückt ist«, sagte er.
    Fringe legte den Finger auf die Lippen und schaute kopfschüttelnd nach oben.
    Bertran seufzte. Na gut, sie wurden vielleicht belauscht, doch welchen Unterschied machte das? »Es hätte uns ruhig etwas rücksichtsvoller behandeln dürfen«, sagte er. »Es schien ihm nichts auszumachen, uns zu verletzen.«
    Fringe stimmte ihm zu. Es schien den Dingern nichts auszumachen, jemanden zu verletzen. Sie schienen es sogar zu genießen.
    »Was wollten sie diesmal?« fragte Nela.
    »Ach, das übliche«, sagte sie mit trockener Kehle. »Ein paar Drohungen. Sie wollen uns wieder verletzen,

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